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Rechtsextreme Anschlagsserie in Nauen: Rechte Stadtguerilla

Die Potsdamer Staatsanwaltschaft, Polizei und Politik informierten am Freitagmittag über den derzeitigen Ermittlungsstand über die Neonazi-Zelle in Nauen. Hier gibt es die Pressekonferenz zum Nachschauen.

Potsdam/Nauen - In einer gemeinsamen Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft Potsdam und der Polizeidirektion West haben die Ermittler am Freitagmittag über die bisherigen Erkenntnisse zu der Serie von Straftaten in Nauen informiert. Wie die PNN bereits am Freitagmorgen berichteten, ist den Ermittlern ein Schlag gegen eine Neonazi-Zelle in Nauen gelungen. Eine Gruppe um den NPD-Politiker Maik Schneider (29) soll für mehrere Übergriffe in Nauen in den vergangenen Monaten verantwortlich sein: Eine geplante Asylunterkunft wurde angezündet, es gab immer wieder Übergriffe auf Linke-Politiker, außerdem wurden Flugblätter verteilt, die zum Bombenbau gegen Flüchtlinge aufriefen und es wurden Autos angezündet.

Brandenburgs Justizminister Helmuth Markov (Die Linke) betonte, dass sich die Ermittler sicher sind, dass die Straftaten-Serie in Nauen rechtsextremistisch motiviert sei. "Wir werden sie kriegen, wir werden es ihnen nachweisen, wir werden sie verurteilen", so Markov. Es sei nicht einfach, diese Anschläge aufzuklären, da diese in der Dunkelheit und oftmals ohne Zeugen stattfanden. Aber Markov verspricht, dass die Fälle aufgeklärt werden. Der Justizminister zeigte sich dankbar gegenüber der Polizei und Staatsanwaltschaft. Generell lobten sich die Ermittler für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit in den vergangenen Monaten.

Die rechtsextremen Aktivitäten in Nauen - eine Chronik der Schande >>

In den vergangenen Wochen untersuchten die Ermittler Wohnungen in Nauen und Potsdam, nach und nach habe sich dann ein Puzzle zusammengesetzt. Außerdem gab es zahlreiche Hinweise aus der Bevölkerung.

"Im Oktober, November, ist uns ein dicker Fisch ins Netz gegangen", sagte Polizeipräsident Hans-Jürgen Mörke. Und da sei noch mehr im Netz. "Das ist noch längst nicht alles", so Mörke weiter. "Wir werden weiter intensiv ermitteln." Die Ermittler wissen allerdings noch nicht zu 100 Prozent, wie viele Mitglieder die Neonazi-Zelle hat. Es könnten fünf Personen sein - oder mehr oder weniger. Die Ermittler werden das zukünftig weiter prüfen. Allerdings gestalteten sich die Ermittlugen auch schwierig, sagte Mörke: „Die haben sich Alibis verschafft. Am Anfang sah das fast wasserdicht aus. Sie haben konspirativ gearbeitet.“ Mörke sprach von einer "rechten Zelle". Einen Vergleich mit der Neonazi-Zelle NSU wolle er "zum jetzigen Zeitpunkt" noch nicht ziehen. "Aber wir werden schauen, was die Ermittlungen bringen."

Dennis W. wurde inzwischen festgenommen

In dieser Woche wurde NPD-Politiker Maik Schneider (29) festgenommen, er sitzt seit Dienstag in Untersuchungshaft. Schneider steht im dringenden Tatverdacht, im Mai letzten Jahres den Pkw eines polnischen Staatsbürgers aus fremdenfeindlichen Motiven angezündet zu haben.

Bei der 22-jährigen Frauke K. wurde der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt. Sie war zwar bei dem fremdenfeindlichen Anschlag auf das Auto eines Polen im Mai 2015 am Tatort, eine Mitgliedschaft in der Vereinigung könne ihr aktuell jedoch nicht nachgewiesen werden, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Heinrich Junker. Das dritte mutmaßliche Mitglied, Dennis W., war in den vergangenen Tagen noch auf der Flucht. Wie die Ermittler auf der Pressekonferenz mitteilten, wurde der 28-Jährige am Freitagmorgen um 10.35 Uhr in einer Nauener Wohnung ergriffen.

Die Ermittler sind sich sicher, dass Maik Schneider der Kopf oder einer der Köpfe der Zelle sei. Die Gruppe kommunizierte mit dem Kurznachrichtendienst Whatsapp, die Verdächtigen sollen sich zu Gewalttaten verabredet haben. Laut Polizeipräsident Mörke gab es nun Hinweise darauf, dass die Gruppe auch einen Anschlag auf die neue Asylunterkunft, die in Nauen entstehen soll, geplant habe. 

Die Ermittlungen werden weitergeführt. Auch steht weiterhin die Frage im Raum, ob die Zelle als terroristisch eingestuft werden kann. Darüber wird die Bundesanwaltschaft entscheiden. Barndenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) sagte: "Es besteht der Eindruck, dass in Nauen seit dem letzten Jahr eine Art ‚rechte Stadtguerilla‘ unterwegs gewesen ist. Ihr hoffen wir nun eine Vielzahl von Straftaten nachweisen zu können." 

Die Rolle der NPD bei den Taten sei "eindeutig belegbar, dadurch dass Aktivisten der NPD zu den Beschuldigten gehören", sagte Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD). Schneider sei eine "stadt- und kreisbekannte Person" der NPD. "Eines ist dieser Gruppe gelungen: Sie hat in Nauen ein Klima der Angst geschaffen. Und das hat Menschen davon abgehalten zu helfen, obwohl sie es wollten. Und es hat sie auch davon abgehalten - zumindest in Teilen -, Flagge zu zeigen. Ich gehe davon aus, dass der Spuk beendet ist", sagte Schröter. (mit dpa)

Hier gibt es die Pressekonferenz zum Nachschauen:

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