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Reformationsjubiläum in Jüterbog: Rathauschef fühlt sich „beschallt vom Flüchtlingsthema“

Jüterbogs Bürgermeister fiel häufiger mit Verbalausfällen auf. Nun steht das Reformationsjahr an, auch in seiner Stadt. Aber Arne Raue hat es nicht so mit Christenglaube und Nächstenliebe, wenn es um Flüchtlinge geht.

Potsdam - Jüterbog ist zwar einer der zentralen Orte Brandenburgs im Reformationsjahr. Doch nicht wenige in der Landespolitik befürchten Negativschlagzeilen – wegen des von „sogenannten unbegleiteten minderjährigen Neuankömmlingen“.

Es war nicht der erste Ausfall: Im November 2015, wenige Wochen vor dem Anschlag auf einen Kirchentreff für Flüchtlinge, hatte Raue auf der Internetseite der Stadt die Bürger Die PNN hatten den Fall publik gemacht. Das Gesundheitsministerium hatte Raues Warnung zurückgewiesen. Dann kam heraus: Der Rathauschef hatte seine Bürger faktisch getäuscht. Seine offizielle Warnung war erfunden. Den PNN hatte Raue damals gesagt: „Ich kann inzwischen gut damit leben, als Rassist beschimpft zu werden, da bin ich stressfrei.“ Nur weil er nicht „ausschließlich eine Willkommensmelodie anstoße“, werde er „schon in die rechte Ecke“ gestellt. Wegen all dieser Vorfälle hatte jedenfalls SPD-Generalsekretärin Klara Geywitz gewarnt, der Bürgermeister könne „zu einer bundesweiten Peinlichkeit für Brandenburg werden“.

Kulturministerin Münch findet Raues Äußerung unangemessen

Bei der Vorstellung des landesweiten Programms zum Reformationsjubiläum am gestrigen Freitag mit Kulturministerin Martina Münch (SPD) in der Staatskanzlei wollten die PNN auch von dem Verantwortlichen der Stadt Jüterbog wissen, wie es um drohende Peinlichkeiten durch den Bürgermeister steht. In einem Jahr, das Brandenburg Touristen aus aller Welt beschert. Doch Jens Katterwe, Sachgebietsleiter für Kultur im Rathaus, wollte sich dazu und zur Rolle seines Chefs nicht äußern. Münch sagte nur, Flüchtlinge seien ein Dauerthema, im Land setze man sich mit jeder Art von Rassismus auseinander. Und über Raue meinte sie: „Für einen Bürgermeister ist es nicht angemessen, sich Rassist nennen zu lassen.“

Auch der ZDF-Länderspiegel interessierte sich dafür, welche Bedeutung das Reformationsjahr in Jüterbog hat und ob und wenn ja, welche Rolle der christliche Glaube heute noch spielt – und was Bürgermeister Raue zu alldem sagt. Zu der Sendung am Samstag (29.10.16 / 17.05 Uhr) wird das komplette Interview mit dem umstrittenen Bürgermeister auch im Internet nachzuschauen sein.

Als es um Flüchtlinge gng brach er das Interview ab

Bemerkenswert daran ist vor allem, was Raue nicht und an einer Stelle doch noch sagt. Durch das Reformationsjubiläum hofft er auf Touristen. Mit dem Glauben aber hat er es nicht so, wie er dem ZDF sagte: „Ich bin Atheist, nicht ganz so tief in dem Thema drin.“ Raue wurde auch gefragt, welche Rolle die Kirche und der christliche Glaube seiner Ansicht nach spielen bei der Gemeinschaftsaufgabe, Flüchtlinge aufzunehmen und zu integrieren. Genau an dieser Stelle aber wollte Raue nicht weiterreden und sagte: „Vielleicht haben wir mal die Chance, wenn wir den ganzen Tag davon beschallt werden, auch mal vom Thema Flüchtlinge kurz wegzukommen und uns auf das zu konzentrieren, worüber wir gerade gesprochen haben.“

Zwar erklärte Raue zudem: „Fragen der Menschlichkeit und Nächstenliebe spielen in meinem Leben eine Rolle. Jeden Tag und jede Stunde“. Doch wie sich das konkret bei Flüchtlingen äußert, auch dazu wollte sich der Bürgermeister nicht äußern. Auf weitere Nachfragen zur Zusammenarbeit mit den Kirchen in Sachen Flüchtlingen, auch wegen des Anschlags auf den kirchlichen Flüchtlingstreff Ende November 2015 und der Kritik an Raues Ausfällen gegen Flüchtlinge, wollte Raue nicht antworten. Auch nicht darauf, dass es doch im Reformationsjahr genau darum geht, nämlich um den christlichen Glauben heute, welche Rolle er spielt in Jüterbog, wie es um Nächstenliebe und Hilfe für Schwächere steht. Nach mehrfachen Nachfragen brach Raue das Interview mit dem ZDF ab. 

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