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Brandenburg: Mit Tempo 225 über die Freiheit

Flugzeuge starten in Tempelhof schon lange nicht mehr – dafür kommen 2015 die Elektro-Rennwagen. Die Veranstalter rechnen mit bis zu 30 000 Zuschauern, die gratis zugucken können. Abgase gibt’s nicht, laut wird’s trotzdem

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Berlin - Nach 17 Jahren startet voraussichtlich 2015 wieder ein offizielles Autorennen in Berlin. Die neue Formel E wird in der Stadt nicht nur Station machen. Hier soll nach Informationen dieser Zeitung sogar das Finale der Rennserie mit Elektroautos stattfinden – auf dem Tempelhofer Feld. „Berlin hat sich den Höhepunkt gesichert“, hieß es am Montag aus Senatskreisen. Am Donnerstag soll das Ereignis offiziell vorgestellt werden. Die Premierensaison der Formel-E-Meisterschaft wird in zehn Städten ausgetragen, neben Berlin in London, Rom, Los Angeles, Miami, Buenos Aires, Rio de Janeiro, Peking, Putrajaya (Malaysia) und Bangkok. Die Saison soll im September 2014 starten und im Juni 2015 zu Ende gehen. Die konkreten Renntermine werden am 23. September präsentiert.

Austragungsort des elektrischen Rennens ist nicht die Avus – seit 1998 als Rennstrecke stillgelegt–, sondern das Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof. „In Tempelhof müssen wir keine Straßen sperren oder den Verkehr unterbrechen“, sagte Formel-E-Geschäftsführer Alejandro Agag. Nicht auf den Landebahnen, sondern nur auf dem 23 Hektar großen, 1,2 Kilometer langen Vorfeld rollen die Rennwagen. Mit Leitplanken soll dort ein maximal drei Kilometer langer Kurs aufgebaut werden, der dann ziemlich verwinkelt ausfallen dürfte. „Wir fassen nichts an, wir verändern nichts, es ist ja alles denkmalgeschützt“, versprach der Spanier Agag. Eine vollständige Sperrung des Parks sei nicht nötig.

Das Tempelhofer Feld ist ein Standort, den der Senat als Entwicklungsgebiet der Elektromobilität besonders vorantreibt. Keine Chance hatte demnach die ebenfalls diskutierte Austragung des Rennens im Berliner Stadtgebiet. In anderen Städten findet der Lauf auf regulären Straßen statt; Berlin hatte dieses Ansinnen aus Sicherheitsgründen abgelehnt. Stattdessen dürfen die bis zu 272 PS starken und bis zu 225 km/h schnellen Wagen auf dem alten Flugfeld an den Start gehen. Training, Qualifikation und Rennen sollen dabei am selben Tag stattfinden. Die Autos sollen mit etwa 80 Dezibel nur wenig lauter als ein Pkw (70 dB) sein.

Mitfinanziert wird die neue Rennserie vom Automobil-Weltverband Fia, unter dessen Dach auch die Formel 1 fährt. Schon länger versucht die Fia mit ihrer „Go Green“-Kampagne Umwelt und Automobil öffentlichkeitswirksam zusammenzuführen. Da die Formel 1 in dieser Hinsicht verstärkt unter Druck gerät, unterstützte Fia-Präsident Jean Todt früh die Pläne einer Formel-Rennserie mit Elektroautos, die er als „visionäre Meisterschaft“ bezeichnet. Die Technik für die Serie kommt größtenteils aus der Formel 1 von Rennställen wie Williams und McLaren. Auch als Fahrer sind bislang vornehmlich frühere Formel-1-Piloten wie Jaime Alguersuari oder Vitantonio Liuzzi verpflichtet worden. Insgesamt 20 Fahrer sollen in zehn Teams an den Start gehen.

Kosten für Berlin fallen wohl nicht an. „Die potenten Sponsoren bringen im Gegenteil Geld in die Stadt mit“, hieß es. Außerdem werde das Rennen ein Publikumsmagnet mit Multiplikatorwirkungen für die Hotel- und Gaststättenbranche sowie den Einzelhandel. Der Formel-E-Geschäftsführer Agag verspricht „ein großes Spektakel“, das „den Tourismus weiter ankurbelt“. Der Eintritt zum Formel-E-Lauf soll frei sein. 25 000 bis 30 000 Menschen finden auf auf wiederabbaubaren Tribünen Platz, im Flughafengebäude ist ein Vip-Bereich geplant. Agag rechnet mit bis zu zehn Tagen Auf- und Abbauzeit.

Die Stadt dürfte großtes Interesse an der weltweit übertragenen Veranstaltung haben, weil Berlin als internationales Schaufenster der Elektromobiliät Profil gewinnen muss. Das vom Bund, dem Land und der Industrie geförderte Schaufenster soll ein „Praxislabor“ für die neue Antriebstechnologie sein und im Alltag demonstrieren, wie Elektrofahrzeuge funktionieren. So erklärt sich, warum die Verbrennungsmotoren des Deutsche Tourenwagen-Masters (DTM) nicht in Tempelhof fahren durften. „Der Schlüssel für die Entscheidung waren sicher die Emissionslosigkeit und der geringe Geräuschpegel“, sagte Agag. „Außerdem setzt Berlin auf Elektromobilität. Es ist eine der modernsten Städte der Welt. Die Verantwortlichen waren sehr positiv.“

In Koalitionskreisen wird das Rennen entsprechend begrüßt. „Warum nicht auf dem Tempelhofer Feld, da die Avus nicht mehr zur Verfügung steht?“, fragt CDU-Verkehrspolitiker Oliver Friderici. Mit Elektrofahrzeugen könne man in Belin auch eine neue Technologie präsentieren.

SPD-Verkehrspolitiker Ole Kreins hat auch nichts gegen das Formel-E-Rennen, „wenn es der Akzeptanz der Elektrofahrzeuge dient“. Die Lautstärke von 80 Dezibel sei jedoch grenzwertig. Auch die Initiative „100 Prozent Tempelhofer Feld“ hat gegen ein Rennen auf dem Vorfeld nichts einzuwenden, „solange es keine großen Lärmemissionen gibt“, wie Vorstandsmitglied Felix Herzog sagte. Und Oliver Höfinghoff, der Fraktionschef der Piraten im Abgeordentenhaus, macht ein E-Rennen von „Rahmenbedingungen“ wie Umbauten abhängig. „Die Bürger müssen das Tempelhofer Feld noch nutzen können“, sagte er. Die Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop fordert eine solide Planung für das Gelände statt „jede Woche eine neue Idee zu präsentieren“. Ein Elektromotorsport-Event würde zudem viel besser nach Tegel passen, wo auf dem Flughafengelände doch ab 2015 ein Technologiepark errichtet werden solle. Die Sache hat nur einen Haken: Solange der BER nicht in Betrieb ist, kann in Tegel nichts gebaut werden.

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