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Wohnungsbau in Potsdam: Mini-Richtfest für umstrittenes Wohnkarree an der Alten Fahrt

An der Alten Fahrt entstehen neue Wohnungen. 2019 soll das Karree, in das auch Geschäfte einziehen sollen, fertig sein. Doch noch gibt es Streit.

Von Peer Straube

Potsdam -  Man kann es sich schon vorstellen: Vom gemütlichen Designersofa aus fällt der Blick durch die Panoramafenster auf die trägen Wasser der Alten Fahrt und die üppig grünende Freundschaftsinsel. Da schmeckt der abendliche Prosecco gleich noch ein wenig besser. Solcher Ausblick hat natürlich seinen Preis. Um die 6000 Euro pro Quadratmeter werden für eine Wohnung fällig. „Wir bauen hier sehr aufwendig“, sagte Abris Lelbach am Dienstag den PNN. „Da bewegen sich die Preise auch entsprechend am oberen Rand.“

Gestern hat der Berliner Unternehmer für sein wegen der Dimensionen umstrittenes Wohn- und Geschäftskarree zwischen der Brauerstraße und dem Uferweg an der Alten Fahrt Richtfest gefeiert. Im kleinen Kreis, ganz ohne offizielles Brimborium, nur Nachbarin Ortrud Westheider, die Direktorin des Museums Barberini, schaute auf einen Sprung vorbei. Seit Anfang 2017 wurde dort, in der Brauerstraße 4-7, ein vier-bis fünfgeschossiger Gebäuderiegel in L-Form hochgezogen, der von der Brauerstraße zur Havel hin rechtwinklig abknickt. Darin entstehen 40 Wohnungen, mehrere Gewerbeeinheiten und eine Tiefgarage mit 45 Plätzen. Trotz sichtbaren Baufortschritts war vom Bauherrn seit fast zwei Jahren kein Wort verlautet. Jetzt aber, wo es auf die Zielgerade geht, verteidigt er sein Projekt erneut. „Die Proportionen stimmen“, erklärte er, „und zum Ufer hin entsteht eine klare städtebauliche Kante“.

Was bekommt die Stadt für den Wertzuwachs des Grundstückes?

Wie berichtet hatte vor allem die Stadtpolitik große Bauchschmerzen mit dem Komplex, weil dessen Dimensionen über die Vorgaben des Bebauungsplans hinausgingen. So wurde das markante Eckgebäude mit einem Vollgeschoss errichtet, statt des im B-Plan geforderten Staffelgeschosses, das hinter der Fassade zurückweicht. Zudem wurde der zur Havel weisende Gebäudeteil von drei auf vier Geschosse aufgestockt. Durch die geplanten Änderungen gewann Lelbach nach aktuellstem Bekunden „knapp 400 Quadratmeter“ an Fläche hinzu. Damit verbunden ist ein deutlicher Wertzuwachs für das Grundstück. Die Stadtverordneten hatten zwar per Beschluss versucht, Lelbach zum Abspecken zu zwingen – allerdings erfolglos, denn das Baugesetzbuch erlaubt in bestimmten Fällen Abweichungen vom B-Plan, wenn sie städtebaulich vertretbar sind.

Nach wie vor ungeklärt ist, ob und wie viel Lelbach für den Wertzuwachs nachzahlen muss. Die Stadt hatte die Summe mit rund 87 700 Euro beziffert. Der Unternehmer selbst spricht von einer „freiwilligen Zahlung“: Weil der Zuwachs an Bauvolumen Ergebnis eines städtebaulichen Wettbewerbs gewesen und von allen Beteiligten, auch der Stadt, gebilligt worden sei, könne er juristisch nicht zu einer Nachzahlung verpflichtet werden.

Wohnungen zwischen 60 und 180 Quadratmetern

Dennoch ist die Summe bis heute nicht aufs Konto der Stadt geflossen. Grund ist ein neuer Zwist mit der Stadt über die Frage, wer nachträglich beauftragte archäologische Grabungen bezahlt. Weil man wegen des schwierigen Baugrunds tiefer habe gründen müssen, habe die Stadt zusätzliche Grabungen gefordert, so Lelbach. Davon sei aber vorher nie die Rede gewesen. „Das hat uns mehrere hunderttausend Euro gekostet.“ So lange keine Einigkeit erzielt werde, behalte er auch die 87 700 Euro ein. Vom Rathaus war zu dem Sachverhalt gestern keine Stellungnahme zu bekommen.

Ungeachtet aller Querelen geht das Projekt seiner Vollendung entgegen. Im April 2019 wolle man fertig sein, sagte Lelbach. Im Herbst beginne man mit der Vermarktung der Wohnungen, deren Größen zwischen knapp 60 und 180 Quadratmetern variieren. Ziel sei es, möglichst viele Selbstnutzer zu finden und nicht nur an Kapitalanleger zu verkaufen, so Lelbach. „Ich will ein lebendiges Quartier.“ Schließlich sei die unmittelbare Nachbarschaft des Museums Barberini die erste Adresse der Stadt.

Erdgeschosszone ist für Gewerbetreibende reserviert

Nicht alle Wohnungen werden verkauft. 24 sollen vermietet werden, sagte Bauherrenvertreter Holger Scheler den PNN. Billig wird auch das nicht. 13 bis 15 Euro pro Quadratmeter netto kalt werde man angesichts des teuren Bauens wohl aufrufen müssen, meinte Lelbach. Insgesamt investiere er um die 30 Millionen Euro in das Projekt.

Die Erdgeschosszone ist für Gewerbetreibende reserviert. Möglicherweise ziehe eine Physiotherapiepraxis ein, auch Einzelhandel sei denkbar, sagte Lelbach. Im Eckhaus sollen Büroräume untergebracht werden. Ins Erdgeschoss in der Brauerstraße 2 könnte ein kleines italienisches Café einziehen. Den Zuschlag für dieses Grundstück hatte Lelbach wie berichtet bereits im Bieterverfahren für die Bebauung der Alten Fahrt bekommen, während die Brauerstraße 4-7 ohne Ausschreibung an ihn verkauft wurde. Der Grund: Damals war Lelbach noch Eigentümer des Barberini, in dem Hasso Plattner sein Museum einrichten wollte. Auf den Grundstücken in der Brauerstraße sollte unter anderem eine Tiefgarage für die Museumsbesucher entstehen. Bekanntlich kam es dazu nicht: Lelbach schied aus dem Museumsprojekt aus.

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