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Neue Mitte in Potsdam: Kopie der Kopie

Am Alten Markt sind die ersten der sieben geplanten Leitfassaden nach historischem Vorbild fertig. Wie es in Potsdams Mitte weitergeht.

Potsdam - Die beiden herrschaftlichen Palazzi waren schon vor 240 Jahren Kopien: Preußenkönig Friedrich II. griff für die Nachbarbauten für das barocke Potsdamer Stadtschloss auf italienische Renaissance-Architektur zurück. Der König habe der zeitgenössischen Architektur nicht getraut, wollte die Bedeutung des Platzes mit dem Rückgriff auf Vergangenes vergrößern, sagt Roland Zurkuhlen, Bauhistoriker bei der Unteren Denkmalschutzbehörde der Stadt Potsdam.

Nach dem Vorbild des Palazzo Pompei in Verona und des Palazzo Chiericati in Vicenza – beide aus der Mitte des 16. Jahrhunderts – entstanden am Alten Markt in Potsdam die beiden gleichnamigen Kopien. Jetzt ist gewissermaßen der Nachbau vom Nachbau fertiggestellt: Am Donnerstag besichtigte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) auf Einladung der Bauherren von Kondor Wessels und der Prinz von Preußen Grundbesitz AG die nach historischem Vorbild rekonstruierten Fassaden der beiden Palazzi in der Humboldtstraße 3 und 4.

Zwei Palazzi im Stil der italienischen Renaissance

Es handelt sich um die ersten beiden von insgesamt sieben Fassaden nach historischem Vorbild, die rund um den Alten Markt einst wieder zu sehen sein sollen – der Wiederaufbau dieser sogenannten Leitfassaden war 2010 im vom Stadtparlament verabschiedeten Leitbautenkonzept beschlossen worden. Als einziger kompletter „Leitbau“, also innen und außen nach historischem Vorbild, entsteht zudem der Palast Barberini – bekanntlich als Kunstmuseum, gestiftet von Mäzen und Software-Milliardär Hasso Plattner.

Während beim Kunstmuseum Barberini noch hinter Gerüsten gearbeitet wird, sind diese bei den Nachbargebäuden nun gefallen. Sandsteinfassaden in grau – beim Palazzo Chiericati – oder sandgelb – beim Palazzo Pompei – mit Vasen-, Putten- und Figurenschmuck präsentieren sich dort bereits dem Spaziergänger. Für die Wiedergewinnung arbeiteten der Potsdamer Architekt Bernd Redlich und seine Mitarbeiter eng mit der Denkmalschutzbehörde zusammen. Für die Rekonstruktion wurden unter anderem alte Stadtansichten ausgewertet.

Die 23 Wohnungen sind verkauft - zu Quadratmeterpreisen von durchschnittlich 5000 Euro

Vom Ergebnis zeigte sich Oberbürgermeister Jakobs beeindruckt und dankte den Bauherren: „Wir sind stolz auf Sie.“ Auch Denkmalschützer Zurkuhlen lobte die Kompromissbereitschaft und Geduld der Bauherren bei der Arbeit. Sächsischer Sandstein kam zum Einsatz, der Potsdamer Bildhauer Rudolf Böhm zeichnet für die Bildhauerarbeiten verantwortlich. Beim Palazzo Pompei konnten auch Originale eingebaut werden: Denn drei der sieben Masken an der Fassade hatten seit dem Abriss des im Krieg beschädigten Palazzo auf dem Gelände der Schlösserstiftung überlebt – „mit dem Gesicht im Sand, mit Brombeeren überwuchert“, wie Zurkuhlen berichtete. Dadurch seien sie vor der Witterung geschützt gewesen und vergleichsweise gut erhalten.

Während es an den Fassaden historisch hergeht, sieht es dahinter modern aus: In den Innenhöfen, wo derzeit Spielplätze entstehen, lässt nichts auf die historische Fassade auf der anderen Seite schließen, die Gebäude wirken modern und sachlich. Büro- und Geschäftsräume sowie 23 Wohnungen mit Flächen von 50 bis 180 Quadratmetern sind in den beiden Palazzi untergebracht. Die Wohnungen seien bereits alle verkauft, hieß es – mit Quadratmeterpreisen von durchschnittlich 5000 Euro selbst für Potsdamer Verhältnisse teuer. Für die Gewerberäume würden noch Nutzer gesucht. Bereits nahezu komplett vermietet ist dagegen das Humboldtquartier, das Eckgebäude zur Langen Brücke. Dort eröffnete vor wenigen Tagen eine Filiale der italienische Restaurantkette L’Osteria, eine Burger-Kneipe „Hans im Glück“ und eine Geschäft der Bäckerei Steinecke sollen noch folgen.

Auch eine Tourismus-Information soll in die Humboldtstraße

Anfang 2016 soll in dem Gebäude auch eine Tourismus-Information eröffnen, wie Entwicklungsträger-Chef Bert Nicke sagte. Der Alte Markt werde sich zum zweiten touristischen Brennpunkt der Stadt entwickeln. Auch die Promenade an der Havel soll im kommenden Frühjahr eröffnet werden – trotz Barberini-Baustelle, sagte Nicke. Der Weg soll bis dahin mit dem sogenannten Bernburger Pflaster gepflastert werden.

Die nächste wiedergewonnene Leitfassade könnte die des ehemaligen Gasthauses Einsiedler auf dem Grundstück Friedrich-Ebert-/ Ecke Schlossstraße werden. Für das Areal wolle man Anfang Oktober bei der Immobilienmesse Expo Real in München werben, sagte Nicke. Für das Haus sieht das Leitbautenkonzept die Wiedererrichtung seines früheren Dreiecksgiebels mit Schmuckrelief vor.

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