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Ehemalige Matrosenstation am Jungfernsee Potsdam: Kongsnæs soll im Spätsommer fertig sein

Nach jahrelanger Verzögerung ist nun das Richtfest für die rekonstruierte Ventehalle der ehemaligen kaiserlichen Matrosenstation Kongsnæs am Jungfernsee gefeiert worden. In diesem Jahr soll die fertiggestellt werden.

Berliner Vorstadt - Wer einen Eindruck davon bekommen will, wie sich Michael Linckersdorff an diesem Tag fühlt, der muss auf das Dach der halbfertigen Ventehalle schauen: Dort, am äußersten Giebel, reckt ein hölzerner Drache stolz seinen Kopf in den strahlend blauen Himmel. „Ich zähle mich heute zu den glücklichsten Menschen“, sagte der Berliner Investor und Bauherr in seiner langen Dankesrede. „Holm Hansen Munthe, der ursprüngliche Architekt aus Norwegen, wäre sicher beeindruckt von dem Ergebnis, das hier entstanden ist.“

Rund 150 Gäste waren an dem sonnigen Frühlingstag zum Richtfest für die Ventehalle an der Schwanenallee gekommen. Viele Hände hatte Linckersdorff zu schütteln, viele Schulterklopfer und anerkennende Worte zu empfangen, unter anderem von Hans-Jürgen Scharfenberg, dem Chef der Linke-Fraktion in Potsdams Stadtverordnetenversammlung, und Matthias Finken, seinem CDU-Kollegen. Auch der ehemalige Baubeigeordnete Matthias Klipp (Grüne) zählte zu den Gästen. Auch ein Vertreter der norwegischen Botschaft aus Berlin hatte nur Lob für den Bauherren und die polnische Baufirma AWK Design GmbH übrig: „Das ist wirklich ein kleines Stück Norwegen“, sagte Asbjørn Brandsrud.

„Der deutsche Kaiser Wilhelm Zwo liebte Schiffe und Wikinger ebenso“

So war der Wiederaufbau der 1945 im Zweiten Weltkrieg zerstörten Ventehalle auch geplant: Ende des 19. Jahrhunderts hatte der Skandinavien-Fan Wilhelm II. das hölzerne Gebäude zusammen mit drei bis heute erhaltenen Holzhäusern errichten lassen. Die Kongsnæs – des Königs Landzunge – benannte Matrosenstation im norwegischem Stil diente dem Kaiser und seiner Familie für Ausflüge auf dem Wasser. „Der deutsche Kaiser Wilhelm Zwo liebte Schiffe und Wikinger ebenso“, drückte es der polnische Bauleiter in seinem Richtspruch aus, zu dem er bis oben auf den Dachfirst geklettert war.

Die Sperrholzwände sowie die blaue Plastikplane, die als Ersatz für Dachschindeln dient, erinnern daran, dass dies noch eine Baustelle ist. Doch die geschnitzten Holzsäulen und das Vordach lassen erahnen, dass hier bald eine sehr genaue Kopie der Ventehalle stehen wird. Entstanden sind die einzelnen Bauteile an verschiedenen Standorten in Polen, in den letzten Wochen wurden sie in Potsdam montiert. Im Spätsommer soll die Matrosenstation endgültig fertig und betriebsbereit sein, so Linckersdorff. Ein Pächter sei auch bereits gefunden. Geplant ist die Einrichtung einer gehobenen Gastronomie mit Plätzen für insgesamt 122 Gäste, 92 im Inneren, 30 auf der Terrasse. Dafür reicht die Ventehalle allerdings nicht aus: Für die Küche sowie Personalräume und sanitäre Anlagen wurde direkt nebenan ein rechteckiger Funktionsbau errichtet. Im Gegensatz zu dem historischen Umfeld nimmt sich das Gebäude recht modern aus, ist aber ebenfalls holzverkleidet und soll künftig durch „gärtnerische Maßnahmen“ mit der Umgebung verschmelzen, kündigte Linckersdorff an. In der Ventehalle selbst fehlen noch Verglasung, Heizung und Klimaanlage.

Ein Seitenhieb auf die prominenten Anwohner der ehemaligen Matrosenstation

Linckersdorff war die Erleichterung über die baldige Fertigstellung seines Herzensprojektes anzusehen: 2009 hatte er die Matrosenstation für rund eine Million Euro von der Stadt Potsdam erworben, die Grundsteinlegung erfolgte 2010. Zwei weitere Millionen investierte er laut eigener Aussage für die Errichtung der Ventehalle sowie für den Hafen plus Steg und die dazugehörigen Befestigungen auf dem Wassergrundstück. Dem gingen umfangreiche Recherchen in historischen Plänen und Dokumenten des Architekten Munthe voraus. „Eine Seite lang war der Vertrag, der damals für den Bau geschlossen wurde“, sagt Linckersdorff und hält eine Kopie des handschriftlichen Dokumentes hoch. „Heute habe ich in meinem Büro fünf Meter Akten zu diesem Bauprojekt zu stehen.“

Ein kleiner Seitenhieb auf die langwierigen Auseinandersetzungen, die es in den vergangenen Jahren um Linckersdorffs Pläne an der Schwanenallee gab: Anwohner der ehemaligen Matrosenstation in der Berliner Vorstadt – darunter auch Ex-„Bild“-Herausgeber Kai Diekmann und TV-Moderator Johannes B. Kerner – hatten mehrfach unter anderem gegen das Vorhaben geklagt, in der Ventehalle ein Restaurant zu betreiben. Sie befürchteten eine Groß-Gastronomie im Welterbe. Zuletzt hatte Linckersdorff jedoch alle juristischen Hürden nehmen können. „Ich habe Herrn Diekmann und die anderen Kläger auch persönlich zum Richtfest eingeladen“, so Linckersdorff. Erschienen waren sie am Freitag aber nicht.

Ventehalle soll 2017 eröffnet werden

Immerhin hätten die vielen Verzögerungen ein Gutes gehabt: Mit der Fertigstellung im Jahr 2017 kann Linckersdorff ein historisches Jubiläum feiern, denn der Übergabetermin der ursprünglichen Ventehalle war das Jahr 1892 – es liegt genau 125 Jahre zurück. „Ventehalle heißt schließlich auf Deutsch Wartehalle“, scherzte denn auch Volker Schneeweiß, Vorsitzender des Fördervereins Kongsnæs, der sich seit 1996 für die Wiedererrichtung des Matrosenhauses einsetzte.

Auch der Rest von Kongsnæs soll nun bald fertig sein: Nach der Ventehalle will sich Linckersdorff um die bestehenden Bauten Kapitänshaus, Matrosenkaserne und Bootshaus auf der anderen Seite der Schwanenallee kümmern: „Damit werden wir in einem Jahr fertig sein“, kündigte er an. Die leerstehenden Häuser sollen nach der Sanierung als Wohnungen vermietet werden.

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