zum Hauptinhalt

Letzte Grundstücke am Jungfernsee: Klassizismus als Vorgabe

Die letzten Baugrundstücke am Jungfernsee gehen weg wie warme Semmeln. Die Bauherren müssen allerdings Hasso Plattners Gestaltungsrichtlinien beachten.

Von Peer Straube

Potsdam - Die Aussicht auf eine Aussicht zum Wasser ist offenbar verlockend – die Grundstücke in Potsdams letzter unbebauter Seelage am Jungfernsee sind heiß begehrt. Wenige Monate nach Vermarktungsbeginn seien zwei Drittel der Parzellen bereits verkauft oder reserviert, sagte Klaas Vollbrecht, Vorstand der Asenticon AG, am Montag bei einem Rundgang auf dem Gelände. Das Unternehmen entwickelt das 15 Hektar große Areal im Auftrag von Hasso Plattner, dem es gehört und nach dem es auch benannt ist.

Auf insgesamt 150 Baugrundstücken – die Größe variiert zwischen 600 und 2000 Quadratmetern – sollen in den kommenden Jahren zwischen Jungfernsee und Nedlitzer Straße Einfamilienhäuser, Doppelhaushälften und Mehrfamilienhäuser entstehen. Eines der Grundstücke hat sich wie berichtet Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) gesichert, der sich dort seinen Altersruhesitz errichten will. Zwischen 300 und 650 Euro pro Quadratmeter – je nach Lage – kosten die Flächen. Angesichts des großen Interesses rechnet Vollbrecht damit, dass die Grundstücke spätestens in drei Jahren alle verkauft sind. „Wir waren selber überrascht“, bekannte Vollbrecht. Neben dem Druck auf dem Potsdamer Wohnungsmarkt macht der Projektentwickler vor allem die niedrigen Zinsen und die zum 1. Juli geplante Anhebung der Grunderwerbssteuer für den Run auf die Flächen verantwortlich.

IT-Branchenmitarbeiter sollen dort leben

Wohnen sollen dort einmal hauptsächlich Menschen, die womöglich auch gleich nebenan arbeiten – der nördliche Teil des Plattner-Campus wird wie berichtet zum Gewerbegebiet mit Spezialisierung für die IT-Branche entwickelt. Bereits in Betrieb ist dort das Innovations-Center des Softwareriesen SAP, den Plattner mitgegründet hat. Ein Erweiterungsbau ist bereits in Planung, Anfang kommenden Jahres soll er eröffnet werden. Insgesamt sieben Hektar Fläche stehen für Unternehmensansiedlungen zur Verfügung. Eine Reservierung gebe es bereits, sagte Friedrich Meinikat von der Campus am Jungfernseee GmbH & Co. KG, die das Gewerbegebiet entwickelt. Eine Firma, die sich auf die Beratung von Existenzgründern in der IT-Branche spezialisiert hat, wolle dort ihren Unternehmenssitz bauen.

Mit seinen zahlreichen Wissenschaftseinrichtungen, dem Hasso-Plattner-Institut am Griebnitzsee und der Universität habe Potsdam einen großen Standortvorteil, sagte Vollbrecht. Für viele IT-Unternehmen sei entscheidend, wie gut sie sich vor Ort vernetzen könnten. Um dem Ansiedlungsinteresse auch kleinerer Unternehmen Rechnung zu tragen, will Plattner binnen der nächsten zwei bis zweieinhalb Jahre noch eine Art Gründerzentrum auf dem Gelände bauen. Geplant ein Bau mit bis zu 2500 Quadratmetern Nutzfläche, der Platz für etwa sechs bis acht Firmen bietet, sagte Meinikat. Investiert würden rund sechs Millionen Euro, vermietet werde zu „marktüblichen Konditionen“ – zwischen acht und zwölf Euro pro Quadratmeter netto kalt. Bis zur Fertigstellung des Gewerbeteils werden nach Ansicht von Vollbrecht noch zehn Jahre ins Land gehen. Flächen dieser Größenordnung könnten nicht über Nacht vermarktet werden.

Plattner will einheitlichen Standard

Wesentlich schneller dürfte es beim Wohnquartier gehen. Das Gros der bereits vermarkteten Grundstücke sei an Bauträger gegangen, erklärte Vollbrecht. Derzeit verhandle man konkret mit einem weiteren Bauträger, der womöglich gleich 34 Parzellen entwickelt und weiterverkauft.

Damit auf dem Gelände kein architektonischer Wildwuchs entsteht, wird ein Rahmen vorgegeben – auf Wunsch von Plattner. „Er will eine gewisse Qualität gesichert sehen“, sagte Vollbrecht. Daher haben die Projektentwickler drei Architekturbüros – darunter den Potsdamer Architekten und Fachhochschulprofessor Ludger Brands – damit beauftragt, Gestaltungsvorschläge zu erarbeiten, an denen sich die künftigen Bauherren orientieren sollen. Die Beispielentwürfe lehnen sich an den Klassizismus und die italienische Villenarchitektur an, die für Potsdam typisch ist. Die Vorstellungen mancher Interessenten habe man daher ablehnen müssen, so Vollbrecht. So habe es etwa Kaufwillige gegeben, die sich ein Schwarzwald- oder ein Haus im friesischen Stil hatten bauen wollen.

Der Uferweg bleibt öffentlich

Den ungetrübten Blick auf den Jungfernsee können allerdings nur die wenigsten Bewohner des neuen Quartiers genießen: Nur 15 Grundstücke in direkter Seelage gibt es, sie alle haben bereits einen Käufer gefunden. Einen direkten Seezugang haben aber auch diese Grundstücke nicht – der Uferweg bleibt öffentlich. Die Stadt hat das 1,5 Kilometer lange Teilstück zwischen Bertinistraße und der Brücke des Friedens in Neu Fahrland fast fertig – inklusive Aussichtsplattform. Letztere soll perspektivisch noch um einen Anlegesteg für Wassertaxis und mehrere Bootsliegeplätze für die Anrainer ergänzt werden, der entsprechende Bebauungsplan ist in Arbeit.

Erschlossen ist das Gelände bereits, nur die Straßenbahnanbindung fehlt noch. Für den Bau der neuen Trasse, die als Verlängerung von der Viereckremise im Bornstedter Feld entlang der Nedlitzer Straße bis zum Jungfernsee führen wird, läuft derzeit die Ausführungsplanung. Zum Fahrplanwechsel Ende 2017 soll die Strecke in Betrieb gehen.

Sie wollen mehr darüber lesen, was Potsdam bewegt? Hier geht es zum E-Paper >>

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false