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Teile der Garnisonkirche gefunden: Kirchenreste im Badneubau

Bedeutende Fragmente: Bei den Arbeiten für das Bad am Brauhausberg sind 50 Steinquader der Garnisonkirche entdeckt worden. Was die Steine über die Kirche erzählen.

Potsdam - Bedeutende Fragmente der 1968 gesprengten Garnisonkirche in der Potsdamer Innenstadt sind jetzt wieder aufgetaucht. Die Stadtarchäologin Gundula Christl stellte am Dienstag die knapp 50 Einzelteile vor der Nagelkreuzkapelle am ehemaligen Standort der umstrittenen Garnisonkirche vor. Der größte der rund 50 Sandsteine ist immerhin ein Qubikmeter groß und mehr als zwei Tonnen schwer. An vielen der sogenannten Spolien sind noch die Ornamente zu sehen.

Die Steine waren im Februar und März bei den Tiefbauarbeiten in der Baustelle für das neue Bad am Brauhausberg gefunden worden. Dort entstand in den vergangenen Wochen eine tiefe Baugrube. Dabei sei sie auf die Überreste der Garnisonkirche gestoßen, sagte Christl. Bereits vor zehn Jahren kamen demnach an dieser Stelle bei einer Erkundung nach Munition aus dem Zweiten Weltkrieg Fragmente und Skulpturenschmuck ans Tageslicht, die sich eindeutig der Kirche zuordnen ließen. „Diesmal haben wir noch tiefer gegraben“, sagte die Archäologin. „Wir sind sicher, dass sie weitestgehend zur Garnisonkirche gehörden“, fügte sie hinzu. Nicht alle seien einbaufähig, könnten aber als Modell dienen.

Einige Steine zeigen Verzierungen

Christl betonte, dass zum Zeitpunkt der Kirchensprengung vom 19. bis zum 23. Juni 1968 die Nordflanke des Brauhausberges aufwendig umgestaltet wurde. Anschließend sei das Gelände neu erschlossen worden. „Dafür wurde auch der Bauschutt der abgetragenen Garnisonkirche zum Anfüllen des Geländes verwendet“, sagte Christl, die für den Bereich Untere Denkmalpflege in der Landeshauptstadt zuständig ist.

Einige der rund 50 Steine zeigen noch deutliche Verzierungen. Klar zuzuordnen ist auch ein Fragment, das früher einmal an der Balustrade des Turms angebracht war. Andere Steine waren Teile der Trophäen, die auf die Siege bei den Kriegen Preußens hingewiesen haben. „Das ist wie ein Riesen-Puzzle“, sagte eine Mitarbeiterin der Stiftung Garnisonkirche.

Braune Farbe war damals umstritten

Selbst die Farbe der Sandsteine könnte dem Wiederaufbau-Planer Thomas Bolze wichtige Informationen über das zerstörte Bauwerk enthalten. So wiesen einige davon eine deutlich bräunlichere Struktur auf als andere. Der bräunliche Farbton „stammt aus der Zeit der Instandsetzung der Kirche 1927“, sagte er. Diese sei sehr umstritten gewesen, fügte Bolze hinzu.

„Wir haben hier einen Schatz im dreifachen Sinne gefunden“, sagte der Verwaltungsvorstand der Stiftung Garnisonkirche, Peter Leinemann. Nun müsse geprüft werden, ob und wie viele Fundstücke in den geplanten Neubau eingesetzt werden könnten. Zudem könnten sie als Vorlage dienen, um die Kirche detailgetreu zu errichten. „Fotos geben nur das wieder, was man zu sehen meint“, sagte er. So könne ein Schatten auf einem Bild schnell zu einem Teil des Gebäudes werden. Die Sandsteine könnten darüber hinaus viel erzählen über die tatsächliche Beschaffenheit des Bauwerkes. „Bei aller Schweigsamkeit sprechen die Steine zu uns“, fügte er hinzu.

Grundlage für die Rekonstruktion

Die historischen Bauteile wurden am Dienstag der Stiftung Garnisonkirche übergeben und dienen nun vor allem als wichtige Vorlage für den umstrittenen Wiederaufbau und für neu zu fertigende Elemente aus Sandstein. In den kommenden Wochen werden sie vor der Nagelkreuzkapelle zu besichtigen sein. Bereits die 2005 am Brauhausberg gefundenen Stücke dienten als Vorlage. Gemeinsam mit historischen Fotos waren sie die Grundlage für die Rekonstruktion eines Teils der Balustrade im Jahre 2011.

Erst im Januar war wie berichtet ein bislang verschollenes Einzelteil der Kirche wiederaufgetaucht – eine kleine alte Glocke. Laut der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche ist darin eine russische Inschrift und die Jahreszahl 1821 eingraviert. Die Sandsteinkrone des Eingangsportals steht zudem in einem Museum in Leipzig – als Leihgabe des Potsdam Museums.

Die Garnisonkirche war am 14. April 1945 beim alliierten Bombenangriff auf Potsdam stark beschädigt worden. 1968 wurde sie komplett gesprengt. Ob die Kirche, die auch durch den „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933 und dem Handschlag zwischen Adolf Hitler und Reichspräsident Hindenburg in die Geschichte einging, tatsächlich wieder aufgebaut wird, ist unklar. Zwar hat die Wiederaufbaustiftung eine gültige Baugenehmigung – bislang liegt das Spendenaufkommen aber deutlich unter den veranschlagten 40 Millionen Euro Baukosten für den Turm. Ende April soll ein Bürgerdialog zum Projekt starten. Dies wird von der Bürgerinitiative gegen den Wiederaufbau abgelehnt. Sie fordert eine Bürgerbefragung.

Lesen Sie weiter: Die Stadtarchäologin Gundula Christl spricht über die Bedeutung der Steinquader >>

Stefan Engelbrecht

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