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Potsdam-Mittelmark: Kaiser Wilhelm in der „Muckerstube“

Beim Museumstag des Landkreises wurden in Werder alte Apfelsorten bestimmt, auch anderswo war der Tag ein Erfolg

Werder (Havel) - Der Pomologe Fritz Brudel sitzt bedächtig am Tisch in der "Muckerstube" in Werder, er schaut auf die von Christine Müller mitgebrachten Äpfel. "Es könnte die Biesterfelder Renette sein", so seine erste Vermutung. Christine Müller hat die Äpfel bei ihrem Vater in Plau am See aufgelesen. "Wir wollten schon immer wissen, was das für eine Sorte ist", so die Werderanerin. Immerhin steht der Baum seit gut 40 Jahren im Garten.

Der Fachmann wälzt in seinen Nachschlagewerken, denn mit der ersten Idee ist er nicht ganz zufrieden. Eine Reisetasche voll mit Bestimmungsbüchern hat er neben dem Tisch abgestellt, in dem einen sind die Fotos deutlicher, in dem anderen die Beschreibung genauer. Immerhin 50 Bestimmungsmerkmale gibt es. Der Blütenkelch, die Form, die Zeichnung der Schale, die Farbtöne, die Kerne und das Kerngehäuse - dies sind nur einige davon. Dann der Volltreffer. "Es ist der Prinz-Albrecht-Apfel, in der DDR nur Albrechtsapfel genannt", erklärt Brudel.

Reinhold Tomisch ist mit seiner Frau gekommen. "Die 50 Bäume in unserem Glindower Garten sind gut 80 Jahre alt, wenn ein Baum abstirbt, pflanzen wir sofort nach", erzählt Tomisch. Er und seine Frau wohnen dort seit 20 Jahren. Jetzt nutzten sie die Gelegenheit zur Sortenbestimmung. Als eine von 62 Stationen hatte auch das „Heimatmuseum Café Muckerstube“ von Heidemarie Grabe beim Aktionstag „Feuer und Flamme für unsere Museen“ am vergangenen Samstag länger als sonst geöffnet.

Daneben beteiligten sich in Werder etwa auch das Zweirad- und Technikmuseum, die Märkische Ziegelei in Glindow oder Lilienthal-Museum in Derwitz an der Veranstaltung. In der Region Teltow boten das Heimat- und das Industriemuseum, der Grenzkontrollpunkt Dreilinden und der Stahnsdorfer Südwestkirchhof Programm für Besucher.

Der Landkreis Potsdam-Mittelmark veranstaltet den Aktionstag bereits seit vielen Jahren, seit 2010 sind auch Havelland und die Stadt Brandenburg dabei. In diesem Jahr sind außerdem vier Museen aus Teltow-Fläming hinzugekommen. Überall konnten die Ausstellungen am Samstag kostenlos besucht werden. "Es gab überall einen regen Besuch", berichtet die verantwortliche Kulturamtsleiterin Doris Patzer. Allein bei der offiziellen Eröffnung im Schloss Reckahn wurden 100 Gäste begrüßt. Die mitgebrachten Exemplare von Familie Tomisch stellen sich nach längerer Suche als Rote Sternette und ein Kalvillapfel heraus.

Inzwischen erklärten Joachim Lindicke und Jürgen Deutscher, beide Obstbauern seit Generationen, den zahlreichen Besuchern die von ihnen mitgebrachten historischen Obstsorten. Gala und Pinova schmecken mehlig und süß, der Pilot, säuerlich und fruchtig, ist zudem fest im Fleisch. Topaz, Falstaff oder der besonders vitaminreiche Roter von Berlepsch zeichnen sich durch nur leichte Säure und festes Fruchtfleisch aus, während die aus dem 16. Jahrhundert stammende Goldparmäne leicht mehlig und süßlich schmeckt.

Eine ganze Reihe dieser wohlklingenden Apfelsorten werden verkostet. "Man merkt, das Interesse nimmt zu", freut sich der Vorsitzende des "Werderaner Obst- und Gartenbauvereins", Walter Kassin. Er und seine Mitstreiter versuchen, das Wissen um die alten Obstsorten einer breiteren Öffentlichkeit zu vermitteln.So hoffen sie, die alten Sorten jenseits des Einheitsbreis der Supermärkte zu erhalten. "Bei den in der Kaufhalle erhältlichen Äpfeln ist der Unterschied kaum merkbar", so seine Feststellung.

Horst Haseloff war Gastwirt im "Deutschen Haus" in Glindow. "Wir haben unsere Räume 1948 für die Lagerung von Obstgehölzen zur Verfügung gestellt", erinnert sich der ältere Herr. Als Pacht bekam er fünf Apfelbäumchen zugeteilt. Am Samstag wollte er endlich wissen, was da in seinem Garten wächst. "Der Rheinische Bohnapfel und der Kaiser-Wilhelm", da ist sich Fritz Brudel sicher. Man merkt dem Obstberater die Freude an der Arbeit an. "Die alten Obstsorten sind inzwischen stark nachgefragt", so der Wissenschaftler. Kaum gesagt wendet er sich dem nächsten Fall zu. Derweil bereitet "Die Muckersche", wie Heidemarie Grabe genannt wird, die nächsten Kostehappen für die Zuhörer zu. "Mit dem Aktionstag wollen wir unsere Kulturstätten vorstellen und Besucher anlocken, ich glaube, dass es uns in diesem Jahr wieder gelungen ist", zieht Doris Patzer eine positive Bilanz.

Andreas Koska

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