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Landeshauptstadt: „Je mehr ich fühle, desto besser bin ich“

Als Sportlerin stand Kathleen Friedrich viele Jahre im Fokus der Kameras. Inzwischen hat sie die Position gewechselt und drückt selbst auf den Auslöser. Dabei sucht sie immer die Schönheit der Dinge

Die wuchtigen blauen Rohrleitungen, die das Bild der Stadt stören und Baustellen markieren, werden in diesem Fall zum Bilderrahmen. Das blaue Viereck aus Rohren umrahmt den Berliner Dom und schafft eine ganz besondere Ästhetik aus alter Architektur und städtischer Baustellenkulisse. Inszeniert hat dieses Bild die Potsdamer Fotografin Kathleen Friedrich im Auftrag eines Berliner Spezialbauunternehmens.

Viele Jahre war Kathleen Friedrich als eine der besten deutschen Mittelstreckenläuferinnen selbst im Fokus der Kameras. Als sie 2006 ihre Sportkarriere beendete, ihr Studium der Europäischen Medienwissenschaften abschloss und später noch Fotografie studierte, lag für viele nahe, dass sie Sportfotografin wird. „Aber ich selbst habe das schnell ausgeschlossen", sagt sie. Vielleicht war es damals mehr ein Bauchgefühl als Überzeugung. Heute weiß die 36-Jährige, weshalb sie nach vielen Jahren Leistungssport Abstand gewinnen musste. „Ich habe als Sportlerin viel in mich reingehört und getestet, ob das Gefühl stimmt. Und manchmal zu viel“, sagt sie. Während ein Sportler verkrampft, wenn er sein Gefühl mehr testet als dass er es zulässt, kann es für einen Fotografen offenbar nicht genug an Gefühl geben. „Je mehr ich beim Fotografieren fühle, desto besser bin“, sagt Friedrich.

Gefühlsmomente hat sie genug bei ihrer Arbeit. Hochzeiten sind ihre Spezialität und „eine Herzenssache mit viel Verantwortung", wie sie sagt. Mit ihrer Kamera hat Friedrich über mehrere Jahre junge Paare begleitet und ganze Familiengeschichten in Porträtreihen dokumentiert. Für Werbe- und Imageaufnahmen hat sich die Potsdamerin bei Unternehmen inzwischen einen Namen als Fotografin gemacht, die einen besonderen Blick für die Dinge hat. „Ich bin immer auf der Suche nach Schönheit und finde sie auch überall“, sagt Friedrich. Ob alte Steine in einem Ziegeleipark, ein Baby auf einem tätowierten Männerarm oder ein mehrstündiger Ärztekongress: Beim Blick durch den Sucher ihrer Kamera flüstert ihr mitunter Aristoteles ins Ohr: „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“

Manchmal ist es schwierig zu beschreiben, was an einem Motiv schön ist, aber offenbar gelingt es Friedrich, diese Momente und Bilder einzufangen. Passanten in der Jägerstraße, wo Friedrich am Sonntag ihr neues Atelier offiziell eröffnet, bleiben immer wieder stehen, um sich die Porträts im Fenster zu betrachten. Im Potsdamer Stadtleben begegnet man ihren Arbeiten in zahlreichen Cafés, wo sie zum dekorativen Inventar gehören.

Auch wenn Kathleen Friedrich mit ihrer Kamera ständig auf der Suche ist, ist sie angekommen. Kein Geringerer als Star-Fotograf Jim Rakete war es, der ihr das klargemacht hat. Friedrich war zu einer Finissage des Porträtkünstlers eingeladen und Jim Rakete fragte sie, was sie mache. Sie sei Fotografin, habe Friedrich geantwortet, worauf Jim Rakete seine Frage präzisierte und wissen wollte, womit sie ihr Geld verdient. „Mit Fotografie“, meinte Friedrich. Jim Rakete habe sie angesehen und gemeint: „Du Glückliche!“ „Da habe ich mein Glück begriffen“, sagt Friedrich.

Ein Rakete-Porträtband steht auch in Friedrichs Bücherregal – neben zahlreichen anderen Büchern über Fotografie und Film. In einem Abteil des Regals stehen Laufbücher. „Running free“ von 800-Meter-Olympiasieger Sebastian Coe. Und gleich daneben der Ratgeber: „Spitze sein, wenn’s drauf ankommt!“ Vielleicht steht die Lektüre neben ihren Sportbüchern, weil es den Untertitel „Trainingsbuch“ hat. Aber das Motto hat die Potsdamerin längst in ihre Arbeitswelt übertragen. „Der Antrieb, die Energie und der Wille, sich zu verbessern - all das hatte ich beim Sport und finde ich jetzt in der Fotografie“, sagt Friedrich.

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