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ViP wendet Unkrautvernichter in Potsdam an: Glyphosat im Gleisbett

Die Grünen fordern ein Verbot für den Unkrautvernichter in Potsdam. Das gibt es auch. Allerdings nicht für alle.

Potsdam - Der Vorstoß wirkte wie eine ökobeseelte Lachnummer: Jüngst stellten die Potsdamer Grünen ihren Antrag vor, den umstrittenen Unkrautvernichter Glyphosat in Potsdam zu verbieten. Doch gleich danach erklärte eine Rathaussprecherin, nach schon zwei Stadtverordnetenbeschlüssen von 1991 und 2003 zum Verbot von Pestiziden auf öffentlichen Grünflächen nutze die Stadtverwaltung schon längst keine solchen Mittel mehr. Die Grünen standen da, als forderten sie etwas, das längst schon Praxis ist.

Doch anderswo in Potsdam wird Glyphosat in begrenztem Maße benutzt, selbst von städtischen Unternehmen, wie der kommunale Verkehrsbetrieb (ViP) jetzt auf PNN-Anfrage einräumte. Zur Unkrautbekämpfung würden zweimal im Jahr die Schotter-Gleisbetten der Tramschienen von einer beauftragten Fremdfirma mit Glyphosat behandelt – eine Sondergenehmigung dafür sei vorhanden, betonte Sprecher Stefan Klotz. Jedoch prüfe man den Einsatz von Alternativen wegen der aktuellen Diskussion um den Unkrautvernichter (siehe unten).

In einigen Bereichen verwenden die Stadtwerke bereits eine Alternative zum Unkrautvernichter Glyphosat

In anderen Bereichen verwendeten die Stadtwerke, zu denen der ViP gehört, bereits Alternativen zu dem Herbizid, führte Klotz aus und nannte etwa das Abflammen, also das Verbrennen der Gräser. Die Stadtentsorgung nutze wiederum seit zwei Jahren ein Heißwasser-Schaumverfahren zur Unkrautbekämpfung. Dabei fließe fast siedendes Wasser auf die Pflanzen, auf denen sich zugleich ein ökologisch abbaubarer Schaumteppich bilde. „Damit kann die Hitze länger wirken“, sagte Klotz. Auch Unkrautsamen würden so erfasst. Beim ViP könne das Verfahren nicht so einfach angewendet werden – durch siedendes Wasser in Gleisbetten könnten Risiken für den Tramverkehr entstehen, fürchtet man im Unternehmen. Eine Alternative könnte allerdings die Umgestaltung der Schotter- in Rasengleisbetten sein, wie es ab Mitte des Jahres an der neuen Jungfernseetrasse geplant sei, so Sprecher Klotz. Auch für die Heinrich-Mann-Allee sei ein solches Rasengleis geplant.

Gegen das Glyphosatsprühen machen nun die Grünen mobil. Im besagten Antrag, der am Mittwoch im Stadtparlament behandelt wird, fordern sie ein weitreichendes Glyphosat-Verbot für Grün-, Sport- und Verkehrsflächen in der Stadt. Dazu sollen auch Privatunternehmen im Auftrag der Stadt verpflichtet werden. Bei landwirtschaftlichen Flächen, die die Stadt verpachtet, soll eine Glyphosat-Verbotsklausel in die Verträge eingebaut werden. Dabei orientieren sich die Grünen an Kommunen wie der Stadt Rostock, wo bereits seit Anfang des Jahres ein Glyphosat-Verbot gilt. Denn zwar setze das Grünflächenamt der Stadt nach den Beschlüssen von 1991 und 2003 keine Pflanzenschutzmittel mehr ein, teilte eine Stadtsprecherin mit. Allerdings seien diese Beschlüsse 2007 aufgeweicht worden – damals hatten die Stadtverordneten den Einsatz von Unkrautbekämpfungmitteln mit Glyphosat zumindest wieder auf Gehwegen in den nördlichen Ortsteilen erlaubt, gegen die Stimmen der Linken, der Grünen und der Fraktion Die Andere.

21 Genehmigungen für den Einsatz von Unkrautvernichtern in Potsdam erteilt 

Die neu gegründeten Grüne Jugend (GJ) Potsdam machte auf die Forderung am Sonntag mit einer Protestaktion am Hauptbahnhof aufmerksam – mit Schutzanzügen und kostümierten „sterbenden Bienen“. „Wir wollen nicht, dass Landwirte in zehn Jahren ihre Obstbäume mit dem Pinsel bestäuben müssen“, sagte GJ-Sprecherin Lieselotte Naundorf unter Verweis auf Glyphosat, das sie für das Insektensterben verantwortlich macht. Weiterer Protest sei am Mittwoch ab14.30 Uhr am Stadtparlament geplant.

Nicht erfasst von einem Verbot würden die Flächen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG), die das Potsdamer Welterbe verantwortet und in den vergangenen Jahren Glyphosat auf den Gehwegen verwendet hat. Das sei nötig, um die Wege zu erhalten, Unkrautwurzeln könnten sie beschädigen, machte SPSG-Sprecher Frank Kallensee deutlich. Gleichwohl suche man seit 2011 nach einer praktikablen Ersatz-Methode. Unter anderem seien diverse Maschinen auf Versuchsflächen in den Parks und Gärten getestet worden. Leider sei aber der finanzielle und personelle Aufwand zu hoch, sagte Kallensee. Immerhin: Im vergangenen Jahr habe man vorliegende Genehmigungen für den Einsatz von Glyphosat in Sanssouci und im Neuen Garten nicht genutzt: „Unsere Gärtner verzichteten, trotz hoher personeller Belastung, auf den Einsatz.“ Ob das Mittel in diesem Jahr verwendet werde, ließ Kallensee offen.

Die Genehmigung für den Einsatz von Glyphosat wird jeweils vom Landesamt für Ländliche Entwicklung erteilt. Der dort zuständige Referatsleiter Jens Zimmer teilte auf Anfrage mit, seit 2015 seien 21 Genehmigungen für den Einsatz von Unkrautvernichtern in Potsdam erteilt worden. Sofern dies für öffentliche Wege und Plätze erfolge, müssten diese nach der Maßnahme 48 Stunden gesperrt sein. Dagegen kann Glyphosat auf landwirtschaftlichen Flächen ohne Genehmigung verwendet werden. PNN-Anfragen an Potsdamer Bauern, wie oft dies erfolgt, blieben bislang unbeantwortet.

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