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Aktionstag in Potsdam: Gemeinsam schwimmen für Nichtschwimmer

Hierzulande können sich viele Menschen nicht sicher im Wasser fortbewegen. Mit der Kampagne „Deutschland schwimmt“ wird versucht, gegen diesen Missstand anzukämpfen. Beim großen Aktionstag am kommenden Sonnabend beteiligt sich auch der Potsdamer SV.

Von Tobias Gutsche

Dorie ist ein Star. Das Paletten-Doktorfisch-Weibchen ist durch den Disney-Animationsfilm „Findet Nemo“ weltberühmt geworden und bekommt nun seinen ganz eigenen Kinostreifen mit dem Titel „Findet Dorie“ gewidmet. Der wohl bekannteste und von vielen Kindern gerne nachgeplapperte Spruch der kleinen, blau-gelben Fischdame lautet: „Einfach schwimmen, schwimmen, schwimmen.“

Doch so einfach, wie gesagt, ist es nicht. In Deutschland gibt es mittlerweile einen massiven Missstand hinsichtlich des Schwimmenlernens, weshalb Disney und der Deutsche Schwimm-Verband (DSV) in diesem Jahr eine umfangreiche Kampagne – Dorie ist dabei die Frontfrau – gestartet haben: „Deutschland schwimmt“. Deren Höhepunkt steigt am kommenden Sonnabend mit einem bundesweiten Aktionstag, an dem sich auch der Potsdamer SV im OSC beteiligt.

Es werden Bahnen für einen guten Zweck gezogen

Das Brauhausberg-Bad gehört zu den mehr als 230 Veranstaltungsorten, an denen zwischen 10 und 16 Uhr für einen guten Zweck Bahnen gezogen, diese gezählt und am Ende zur Auswertung an den DSV übermittelt werden. „Gemeinsam schwimmen für Nichtschwimmer“ heißt das Motto. Denn: Gelingt es allen Teilnehmern in der Republik, zusammengerechnet einmal quer durch Deutschland – das sind 876 Kilometer – zu schwimmen, spenden Disney sowie die Partner Rewe und Allianz 50.000 Euro an die Kinderhilfsorganisationen „Die Arche“ und „für Kinder e.V.“, um mit dem Geld gemeinnützige Schwimmlerninitiativen zu unterstützen. Das ganz große Ziel ist es allerdings, eine Strecke von 3621 Kilometern zurückzulegen, was einmal rund um Deutschland entspricht – dafür ist eine Spende in Höhe von 200.000 Euro ausgelobt. „Das ist eine tolle Aktion, bei der wir gerne mitmachen und unseren Anteil für ein gutes Ergebnis beisteuern möchten“, sagt Jörg Hoffmann, Cheftrainer des Potsdamer SV. Er betont: „Es ist so wichtig, dass man schwimmen kann. Jeder Mensch sollte das unbedingt bereits in jungen Jahren beherrschen.“

Davon ist man hierzulande aber weit entfernt. Laut einer aktuellen forsa-Studie können nur 57 Prozent der fünf- bis zehnjährigen Kinder sicher oder sehr sicher schwimmen. Deutschland, warnt daher die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), droht ein „Land der Nichtschwimmer“ zu werden. Die Folgen sind bereits spürbar: Ein deutlicher Anstieg der Ertrinkungsfälle ist zu verzeichnen. In den ersten acht Monaten des Jahres 2016 sind in deutschen Gewässern mindestens 425 Menschen ertrunken – Höchststand der vergangenen acht Jahre. Zu den Opfern gehörten 15 Kinder aus dem Altersbereich null bis fünf, zwölf Grundschüler und 14 Jugendliche zwischen elf und 14 Jahren – ebenso deutlich erhöhte Werte. „Diese Zahlen sind das Ergebnis der Bäderschließungen und der damit verbundenen Ausfälle von Schwimmunterricht an den Schulen“, erklärt DLRG- Präsident Hans-Hubert Hatje.

Ministerium sieht keine Defizite in Brandenburg

Im Land Brandenburg, das von Januar bis August 26 Ertrinkungsfälle – davon zwei Personen unter 20 Jahren – zu beklagen hatte, liegen gemäß Einschätzung des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport (MBJS) keine derartigen Defizite vor. Mit den 58 Frei- und 47 Hallenbädern sei eine flächendeckende Ausstattung gegeben, antwortete das MBJS vergangenes Jahr auf eine von der Fraktion „Die Linke“ gestellte Kleine Anfrage und zog zudem ein positives Fazit bezüglich des Schwimmunterrichts. Der sei fest im Rahmenlehrplan verankert und werde auch im hohen Umfang durchgeführt. Im Schuljahr 2015/16 wurde an 97,45 Prozent der brandenburgischen Grundschulen bis zum Beginn der fünften Klassenstufe der geforderte Schwimmunterricht absolviert, teilte das Ministerium den PNN mit. Der Anteil der Nichtschwimmer unter den Schülern lag demnach bei 7,51 Prozent – und fällt somit deutlich geringer aus als die oft für Gesamtdeutschland erhobenen rund 50 Prozent.

Nur allein auf die Übungsstunden in der Penne sollte aber nicht gebaut werden, geben Experten zu bedenken und fordern von Eltern, ihren Kindern auch anderweitig das sichere Fortbewegen im Wasser zu lehren. In Potsdam bieten sich dafür vielfältige Möglichkeiten. Zum Beispiel gibt es Angebote von privaten Schwimmschulen sowie der Potsdamer Bäderlandschaft. Und ein weiterer ganz wichtiger Anlaufpunkt für Schwimmkurs-Interessierte ist natürlich der hiesige Potsdamer SV im OSC, der mit fast 1000 Mitgliedern der größte seiner Art in der Mark Brandenburg ist.

Sechs Bahnen schwimmen - und der Eintritt ist frei

Beim Aktionstag von „Deutschland schwimmt“ am Sonnabend werden viele der PSV-Athleten – darunter auch der Olympia-Siebte und Vize-Europameister Christian Diener sowie Staffel-Europameister Yannick Lebherz – mit dabei sein. „Aber das ist keine exklusive Vereinsangelegenheit, sondern alle sind herzlich eingeladen. Wir wollen gerne auch die Freizeitschwimmer und Badegäste integrieren“, sagt Coach und Mitorganisator Jörg Hoffmann. Ein netter Anreiz ist auch geboten: In Abstimmung mit den Stadtwerken wurde vereinbart, dass jeder, der mindestens sechs Bahnen – also 300 Meter – zum karitativen Wohle meistert, für zwei Stunden kostenlosen Eintritt erhält.

„Wir“, erzählt Hoffmann, „würden uns über große Resonanz freuen.“ Schließlich solle das Event ein Fest des Potsdamer Schwimmsports werden – und zugleich auch auf gewisse Weise ein großer Abschied von der Halle am Brauhausberg. Ende des Jahres soll der Neubau am Fuße des Berges das altehrwürdige, 1971 eröffnete Bad ersetzen. Jenes Bad, in dem so vielen Potsdamern das Schwimmen beigebracht worden ist.

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