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Landeshauptstadt: Feuchte Wände, giftige Balken

Eindringendes Wasser, Schimmel und Holzschutzmittel setzen dem Neuen Palais zu. Ab heute beginnt eine umfassende Sanierung

Am Museumstag am gestrigen Sonntag hatte der Grottensaal im Neuen Palais zum letzten Mal für lange Zeit geöffnet – dort wird die Decke restauriert. Auch der darüber liegende Marmorsaal wird bis 2015 nicht für Besucher zugänglich sein. Der Rest des Schlosses bleibt aber offen. Das Neue Palais ist neben Schloss Babelsberg sowie Schloss Charlottenburg Teil des 155 Millionen starken Sanierungspakets, dem so genannten Masterplan, der noch eine Laufzeit bis 2017 hat. Die Arbeiten beginnen am heutigen Montag.

Was wird im Neuen Palais bis 2017 saniert?

Drei große Teilbereiche will die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) im Neuen Palais, ihrem größten Schloss, jetzt angehen: den Marmorsaal und die Decke des darunter liegenden Grottensaals, das Sockelgeschoss sowie das Dach. In allen drei bereiten vor allem nachträglich eingefügte Elemente Probleme. Ausbesserungen an den Fenstern waren ein vierter Posten auf der Liste, die aber sind mittlerweile nahezu abgeschlossen.

Notwendige Arbeiten im Grottensaal

In dem nahezu komplett mit Muscheln und Mineralien ausgekleideten Saal soll im Rahmen des Masterplans die Decke restauriert werden. Das wird aber erst möglich, wenn die Arbeiten an der darunter liegenden, freitragenden Holzkonstruktion abgeschlossen sind. Während die Muscheln vor allem gereinigt werden, muss auf anderen Applikationen der sogenannte Sprühglanz erneuert werden. Mit diesem Pulver aus feinsten Glassplittern, das auf eine Harzschicht aufgebracht wurde, sorgten die Bauherren für zusätzlichen Schimmer. Der aber hat sich im Laufe der Jahre fast vollständig verflüchtigt. Das zentrale Deckengemälde weist deutliche Flecken auf, die beseitigt werden müssen. Was aussieht wie Wasserflecken, stammt von Granatensplittern: Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs feuerte ein Panzer in den Saal.

Was ist im Marmorsaal zu tun?

Statt eines Gewölbes besteht der Boden über dem Grottensaal aus einer reinen Holzkonstruktion – eine statische Besonderheit. Insgesamt 70 jeweils 18 Meter lange Balken spannen sich über die volle Breite des Saals. 31 von ihnen sind so marode, dass zumindest die Balkenköpfe bearbeitet werden müssen. Sie bekommen sogenannte Prothesen, das heißt, sie werden abgesägt und mithilfe von Stahlankern anschließend neue Holzköpfe aufgesetzt. Das Problem: Der Boden kann nicht komplett geöffnet werden, nur über einen rund 30 Zentimeter breiten Streifen an den Stirnseiten des Saals können die Architekten auf die Balken zugreifen. Auch der Marmorboden selbst mit einem Gewicht von 90 Tonnen wird anschließend herausgenommen, komplett restauriert und neu verfugt. Am dem heutigen Montag beginnen dort die Arbeiten.

Welche Mängel gibt es im Sockel?

Das Sockelgeschoss sollte ursprünglich die Räume im Erdgeschoss vor Nässe schützen und das gesamte Gebäude über zahlreiche Gänge durchlüften. Als mit Beginn der Kaiserzeit immer mehr Haustechnik eingebaut wurde, verschwand der Lüftungseffekt und über die vorstehenden Treppen dringt seitdem Feuchtigkeit ein. Jetzt müssen alle Sandsteinplatten abgenommen und das Mauerwerk darunter abgedichtet werden. Heizung, Brandmelde- und Alarmanlagen sollen herausgenommen, durch moderne, platzsparende Technik ersetzt und teilweise außerhalb des Gebäudes installiert werden. Zunächst aber müssen die 172 Skulpturen demontiert werden, sie werden generalüberholt.

Die wichtigsten Arbeiten auf dem Dach?

Schon jetzt ist klar: Die Arbeiten am Dach werden den Kostenrahmen sprengen. Ein großer Teil der Maßnahmen soll auf die Zeit nach 2017 verschoben werden – dann werden noch einmal acht Millionen Euro nötig. Überall dringt Wasser ein, das Gefälle ist zu gering und muss deshalb leicht verändert werden. Auch einige statische Mängel müssen korrigiert werden. Eine echte Gefahrenquelle sind zudem die Blitzableiter: Sie führen in Fallrohren quasi in das Gebäude hinein. Ab Juni werden die drei Grazien von der Kuppel heruntergeholt und instand gesetzt: sie drohen abzustürzen.

Was tun mit dem Gift im Holz?

Fast alle verbauten Holzbalken sind mit giftigen Chemikalien durchtränkt: DDT und PCP etwa sind inzwischen verboten, wurden zu DDR-Zeiten aber quasi flächendeckend als Holzschutzmittel verwendet. Sobald etwa die Decke zwischen Marmor- und Grottensaal geöffnet wird, beginnen die Substanzen auszudünsten. An der Tragekonstruktion der Decke dürfen die Handwerker deshalb nur in voller Schutzmontur arbeiten. „Das ist extrem unangenehm, länger als vier Stunden kann man das niemandem zumuten, sagt Christina Petersen, deren Architekturbüro die Maßnahmen am Neuen Palais betreut. Um kontaminierten Staub abzusaugen, werden Kammern mit künstlich erzeugtem Unterdruck geschaffen.

Das Dach über dem Schlosstheater

Unklar ist noch, wie mit dem ebenfalls kontaminierten Dachstuhl über dem Schlosstheater umzugehen ist. Der Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen schlägt vor, einen Teil des Dachstuhls abzureißen und zu ersetzen, dagegen sträubt sich die Denkmalpflege. Die SPSG will das Holz stattdessen mit einer speziellen Beschichtung versiegeln. Die aber müsste regelmäßig kostspielig erneuert werden. Alternativ könnte der kontaminierte Teil durch eine Zwischenwand abgetrennt werden, dann aber könnte das Theater wohl nicht mehr bespielt werden.

Was kosten die einzelnen Bauabschnitte?

Insgesamt sind für das Neue Palais 26 Millionen Euro eingeplant. Auch nach 2017 werden die Arbeiten nicht abgeschlossen sein, die SPSG setzt deshalb auf einen zweiten Masterplan, der noch einmal rund 155 Millionen Euro umfassen soll. Im Neuen Palais sind aktuell für das Sockelgeschoss knapp 7 Millionen Euro eingeplant, allein 3,1 Millionen werden dabei für die Sanierung der Natursteinplatten benötigt. Rund 4,2 Millionen Euro werden die Arbeiten am Marmorsaal kosten, für das Dach rechnen die Planer mit insgesamt 12,5 Millionen Euro.

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