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Flughafen-Desaster: Erst BER-Plan, dann Geld

Finanzminister Christian Görke will neue BER-Ausgaben nur freigeben,wenn der Flughafenchef endlich liefert. Die Grüne fordern: Mehdorn feuern!

Potsdam - Brandenburg erhöht den Druck auf Flughafenchef Hartmut Mehdorn, den überfälligen Termin- und Gesamtkosten-Fahrplan zur Fertigstellung des neuen BER-Airports in Schönefeld vorzulegen. Vorher will Finanzminister Christian Görke (Linke), der demnächst als Nachfolger von Helmuth Markov (Linke) in den Aufsichtsrat geht, Mehdorn keine weiteren Ausgaben genehmigen. „Es gibt keine Prognoseerhöhungen mehr, solange kein Gesamtinbetriebnahmekonzept vorliegt“, erklärte Görke am Donnerstag im Finanzausschuss des brandenburgischen Landtages. Mehdorn wäre gut beraten, im April etwas vorzulegen, sagte Flughafenstaatssekretär und Vize-Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider.

Aus den Reihen der Opposition gibt es sogar erstmals eine Forderung, Mehdorn zu feuern, weil der zwar ständig mit neuen Ideen für Unruhe sorge, aber den seit Sommer 2013 überfälligen Kassensturz bei den Flughafenfinanzen immer noch nicht vorlegen konnte. Mehdorn erweise sich immer mehr als „Teil des Problems“, sagte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. „Ob Offenhalten von Tegel, Probebetrieb am Nordpier und nun Weiterbetrieb von Schönefeld – kaum ein Monat vergehe ohne eine neue schlagzeilenträchtige Idee des FBB-Geschäftsführers. „Besser wäre es allerdings, der Aufsichtsrat nimmt das Heft des Handelns selbst in die Hand und stellt Herrn Mehdorn den Stuhl vor die Tür.“

Hintergrund der Ansage Görkes und der harschen Reaktion Vogels ist, dass die Flughafengesellschaft absehbar auch auf der nächsten Aufsichstratssitzung im April noch kein tragfähiges Eröffnungsszenario und damit auch keine Prognose zur Entwicklung der Gesamtkosten des neuen Flughafens vorlegen kann. Dies war bereits mehrfach verschoben worden, vom Spätsommer auf Herbst, dann auf Dezember 2013, nun auf Frühjahr 2014. „Wir brauchen aber Klarheit, welche Rücklagen wir für die Haushalte der Jahre 2015 und 2016 einplanen müssen“, hieß es.

Um aktuell weiterarbeiten zu können, hat der Flughafen genügend Geld, da auch wegen des langsamen Fortschritts von den Ende 2012 von den drei Gesellschaftern bereitgestellten 1,2 Milliarden Euro bislang erst ein Bruchteil abgeflossen ist. Insgesamt wurden mit dieser Summe damit für den Bau des neuen Flughafens – mit Darlehen, Kapitalzufuhr der Eigner und 500 Millionen Euro erwirtschafte Mittel der Firma – inzwischen 4,53 Milliarden Euro bereitgestellt, wie auch Görke bestätigte. Dem Budget von 4,53 Milliarden Euro stehen als offizielle Prognose aktuell 4,23 Miliarden Euro als BER-Ausgaben gegenüber, worin bisherige und erwartete Baukosten, ausgelöste Aufträge oder absehbare Rechnungen verbucht sind. Auch Görke nannte diese Zahl, die auch im Bericht zum Sprint-Programm Mehdorns (IV/13) für die Aufsichtsratssitzung im Dezember 2013 enthalten ist. Dort findet sich auch unter dem Stichwort „Prognose Gesamtinvest“ eine Zahl von 4,7 Milliarden Euro, die allerdings ausgewiesene 505 Millionen Euro Investitionen durch Dritte enthält, für welche nicht der Flughafen aufkommt und die mit dem Kostenthema für die öffentliche Hand nichts zu tun hat.

Diese 4,7 Milliarden Euro haben also nichts mit Mehrkosten zu tun, die auf den Flughafen zukommen, was das RBB-Fernsehen fälschlicherweise so interpretiert hat und von der Politik und einigen Medien aus Unkenntnis teilweise übernommen wurde, auch im Haushaltsausschuss war das wieder der Fall. Zu den mit 1,2 Milliarden Euro bereits bereitgestellten 4,5 Milliarden Euro kommen nach PNN-Recherchen mindestens 800 Millionen Euro hinzu, wahrscheinlich über eine Milliarde, die die öffentliche Hand aufbringen muss. Die Endsumme hängt davon ab, wann der Flughafen fertig wird.

Als Berlin, Brandenburg und der Bund die 1,2 Milliarden Euro bewilligten, waren diese noch auf eine Eröffnung des Flughafens im Oktober 2013 kalkuliert. Bei einem BER-Start im Oktober 2015, vorher gilt als völlig illusorisch, würden sich die monatlichen Stillstandskosten aufsummieren. Zwar gilt im Aufsichtsrat die von Mehdorn genannte Monatssumme von 17 Millionen Euro als überhöht.

Bei10 Millionen je Monat wären es 240 Millionen Euro. Für den Schallschutz, bislang im Etat mit 444 Millionen Euro veranschlagt, müssen 286 Millionen Euro nachkalkuliert werden – um nach jahrelangem Rechtsbruch die Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses im Schallschutzprogramm einzuhalten. Und auch die 44 Millionen Euro für die Sanierung der Nordbahn sind noch nirgends geplant. Mehdorn soll dafür laut Aufsichtsratsbeschluss vom Dezember einen Kredit aufnehmen, den der Flughafen aber nicht bekommen wird.

PERSONAL

Die von BER-Chef Hartmut Mehdorn entlassene bisherige Chefplanerin Regina Töpfer hat sich mehreren Berichten zufolge kritisch über das Bauprojekt Hauptstadtflughafen geäußert. Den von Mehdorn ins Gespräch gebrachten Eröffungstermin im Jahr 2015 bezeichnete Töpfer als „ausgesprochen kritisch“. Töpfer selbst äußerte die Vermutung, dass von ihr vorgebrachte Kritik an sicherheitsrelevanten Mängeln am BER dazu beigetragen habe, dass ihr Vertrag nicht verlängert wird. Sie habe sich

bemüht, die bestehenden bekannten

Brandschutzmängel systematisch abarbeiten zu lassen. Ein Großteil der Probleme bestehe aber fort. Ihr sei mitgeteilt worden, dass sie zwar fachlich gute Arbeit geleistet, das Projekt BER aber nicht in erforderlichem Maße nach vorn gebracht habe. Aus Töpfers Umfeld hieß es, Töpfer habe Mängel offen benannt und sei auch bei Mehdorn angeeckt. Von anderer Seite ist die Rede davon, dass Mehdorn vor der Personalie gewarnt worden sei und sich später herausgestellt habe, dass die frühere Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinatorin am BER nicht die Richtige für den Job als Chefplaner sei. (axf)

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