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Landeshauptstadt: Ein Haus mit Vergangenheit

„Schülerpflicht und Bürgerglanz“: Ute Meesmann und Tobias Büloff veröffentlichen Buch über die Dortuschule

Das historische Flair dieser Schule habe es ihr angetan, bekennt Ute Meesmann. Die Bildungsstätte habe seit ihrer Gründung als höhere Töchterschule im Jahre 1860 auf Potsdam und darüber hinaus eine große Ausstrahlung ausgeübt. In ihr wurde Stadtgeschichte geschrieben. Heute ist hier die Grundschule „Max Dortu“ zu Hause. Sie wurde und wird auch von Ute Meesmanns Kindern besucht. Somit war ihr Interesse geweckt, mehr über das Gebäude und seine Historie in der Dortustraße 28/29 zu erfahren. „Manchmal, so hatte ich den Eindruck, habe ich die Lehrer mit meinen Fragen zur Geschichte des Hauses genervt“, bekennt die Kunsthistorikerin, die seit 1997 in Potsdam lebt und im Potsdam Museum als Mitarbeiterin für Dokumentation und Koordination tätig ist. Dort konnte Ute Meesmann schließlich selbst in die facettenreiche Vergangenheit der Dortuschule eintauchen. „Gemeinsam mit meinem Kollegen, dem Historiker Tobias Büloff, erkundeten wir eine Unmenge Quellenmaterial. Nicht nur das Potsdam Museum ist eine Fundgrube, sondern auch das Stadtarchiv oder das Brandenburgische Landeshauptarchiv. Kirchenbücher sowie Unterlagen, in die uns Familien von einstigen Schülerinnen Einblick gewährten, geben eine große Menge von Informationen preis. Das war eine spannende Zeit. Wir entschlossen uns, ein Buch über die Geschichte des Ortes zu schreiben, über seine Menschen, die dort wohnten, lehrten und lernten“, erzählt Ute Meesmann.

Nun ist ein Buch entstanden, das dieser Tage unter dem Titel „Bürgerglanz und Schülerpflicht“ im renommierten Berliner Nicolai Verlag (24,95 Euro) erscheint. Nicht nur dass die Autoren Texte von großer Aussagekraft schrieben, die die Vergangenheit der Dortu-Grundschule beleuchten, sie machten auch vielfältiges Bildmaterial ausfindig, das das Buch wunderbar belebt. Ute Meesmanns und Tobias Büloffs „Geschichtsbuch“ ist nicht nur lehrreich, sondern auch unterhaltsam zu lesen.

Natürlich spielt der Namensgeber der Schule, Maximilian Dortu, eine Rolle. Der aktive Teilnehmer der Revolution von 1848/49, die die Errichtung einer Republik mit bewaffneten Mitteln erreichen wollte, war auch in seinem Nachleben eine umstrittene Persönlichkeit. Er wurde als Terrorist bezeichnet, dann wieder als Freiheitskämpfer. Aktiv nahm er an der Badischen Revolution teil, die ganz Baden in die Hände der Aufständischen brachte. Nach der Auflösung der Revolutionsarmee 1849 wurde Dortu gefangen genommen an und im Alter von nur 23 Jahren bei Freiburg standrechtlich erschossen. Die DDR benutzte ihn für ihre ideologischen Zwecke. Pathetische Feierstunden an der 1948 von dem Potsdamer Künstler Walter Bullert gestalteten Gedenktafel am Geburtshaus Dortus waren zu überstehen, ein Roman von Franz Fabian sowie ein Fernsehspiel Erich Schlossareks, der Lehrer an der Dortu-Schule war, hatten propagandistisches Potenzial. Und heutzutage ist er hin und wieder für Parteiengezänk nicht zu schade. Mancherlei Vereinnahmungen lassen sich nicht von der Hand weisen.

Maximilian Dortu wurde 1826 im Hause Nr. 28 in der damaligen Waisenstraße (heute Dortustraße) als Sohn des wohlhabenden Juristen Ludwig Wilhelm Dortu, der französische Vorfahren hatte, geboren. Er wird den wunderbaren, vor einigen Jahren restaurierten Rokokosaal im Haus seiner Eltern noch kennengelernt haben. Dieser einst als Gartensaal konzipierte Raum, dessen ornamentreiche Stuckaturen beeindrucken, stammt aus der Erbauungszeit des Gebäudes, das 1771 nach Plänen des Architekten Georg Christian Unger errichtet wurde. Oftmals wird er als auch „Klein-Sanssouci“ bezeichnet. Er kündet vom Aufstieg der wohlhabenden bürgerlichen Familie des Tuchlieferanten Johann Nicolaus Freytag. Die Autoren erzählen nicht nur über die wechselvolle Familiengeschichte der Freytags, sondern auch über das Tuchmacherhandwerk, das in Potsdam im 18. Jahrhundert mit seinen vielen Soldaten eine große Blüte erreichte.

Im Jahre 1825 boten die Freytags das Haus Ludwig Wilhelm Dortu zum Kauf an. Dessen Witwe hat es 1860 an die Stadt Potsdam verkauft. In ihm zog im selben Jahr die Höhere Töchterschule (Lyzeum) ein, die erste städtische Bildungseinrichtung für Mädchen aus dem gehobenen Bürgertum. Solche Schulen gab es in Preußen seit 1812. Die Schülerinnen betraten keine „Insel der Seligen“, sondern sie erlebten eine Schule mit all ihren Anforderungen, Erfolgen und Enttäuschungen im Wechsel der Zeiten. Um 1900 zählte das Lyzeum rund 600 Mädchen. „Ende der fünfziger Jahre wurde es eine Einheitsschule mit gemischten Klassen für Jungen und Mädchen in der Klassenstufe 1 bis 8 und mit reinen Mädchenklassen in der Oberschule der Klassenstufe 9 bis 12“, kann man im Buch lesen.

„Geschichte lässt sich am besten an Menschen festmachen. Und so haben wir einige in den Fokus genommen“, sagt Ute Meesmann. Ehemalige Schülerinnen wie Bettina Hürlimann, geborene Kiepenheuer, die verlegerisch und schriftstellerisch tätig war, die Bäckersfrau Käthe Gniosdorz, geborene Braune, oder die Ärztin Annemarie Walther, geborene Bassenge, werden kundig und liebevoll porträtiert. Auch die Kunstlehrerin Gertrud Jakstein oder die Musiklehrerin Anne Andres fanden in diesem Buch der Schul- und Stadtgeschichte ebenfalls ihren Platz.

Buchpräsentation am 29. Oktober, 18 Uhr, im Potsdam Museum.

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