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Filmwirtschaft Potsdam: Ein Dankeschön aus Hollywood

Am heutigen Freitag feiert Steven Spielbergs Thriller „Bridge of Spies“ Europapremiere. Es ist das erste Mal, dass Hollywood in Babelsberg eine Potsdam-Geschichte inszeniert hat.

Es ist ein Gänsehautmoment für den Potsdamer Zuschauer – und die Szene, auf die der ganze Film hinausläuft: Die Kamera schwenkt über die Glienicker Brücke, hell erleuchtet am frostkalten Wintermorgen. Es bietet sich ein Bild, wie es für Jahrzehnte Realität war, heute aber doppelt frösteln lässt: Uniformierte Männer, Zäune, Sperren, das DDR-Emblem, Wachtürme und Scharfschützen, auf beiden Seiten.

Die Brücke soll gleich zum Ort eines Agentenaustausches werden, zur Agentenbrücke, der „Bridge of Spies“, wie sie im englischen Sprachraum später getauft wurde und wie auch Steven Spielbergs Film heißt. An der Grenze zwischen Potsdam und West-Berlin nähern sich die Vertreter der im Kalten Krieg liegenden Mächte USA und Sowjetunion an einem Februarmorgen 1962 bis auf wenige Schritte, unter Hochspannung, gezeichnet von Misstrauen und Paranoia. Bis zum letzten Moment wird gepokert.

Der geglückte Agentenausaustausch ist bei Spielberg kein Happy End

Als der sowjetische Spion Rudolf Abel und der US-Spion Gary Powers schließlich die Seiten wechseln, inszeniert Spielberg das nicht als Happy End. Stattdessen bleiben Fragen. Welches Schicksal erwartet Abel eigentlich in seiner Heimat? Was droht Powers, der entgegen der Weisung seiner Vorgesetzten nicht zu der in einer Dollar-Münze versteckten Giftnadel griff, als er in Gefangenschaft geriet? Menschenleben zählen im Kalten Krieg wenig, auf beiden Seiten. Bei Spielberg ist es der von Tom Hanks verkörperte scheinbar unbedarfte Versicherungsjurist James Donovan, der als Abels Pflichtverteidiger und später Verhandlungsführer zwischen die Fronten gerät, aber unbeirrt an einem Ideal festhält: „Jeder Mensch zählt.“

Dass die Geschichte erst jetzt, mehr als 50 Jahre später, von Hollywood für die Kinoleinwände entdeckt wird, ist vielleicht das größte Wunder. Es ist wie so oft eine Idee, die so naheliegend und einleuchtend erscheint, nachdem sie ein kluger Kopf erst einmal gehabt hat. Die Story um den in mehrjährigen Verhandlungen eingefädelten Agentenaustausch vereint alles, was man für einen packenden Politthriller braucht – noch dazu vor dem Hintergrund des Berliner Mauerbaus und mit spektakulärem Showdown, der schon damals weltweit Schlagzeilen gemacht hat und den Mythos der Glienicker Brücke begründete.

Der Dreh am Originalschauplatz war ein Hauptargument für Spielberg

Dass Spielberg in Potsdam am Originalschauplatz drehen konnte, sei für den mehrfachen Oscar-Preisträger ein Hauptargument für die Zusammenarbeit mit Studio Babelsberg gewesen, sagt Klaus große Darrelmann, der seit fast 15 Jahren für Babelsberg-Produktionen als Location Manager Drehmotive findet und organisiert. Mehrere Monate hat allein die Vorbereitung des Drehs auf der Brücke gedauert. Das Bauwerk war im Spätherbst 2014 gut vier Tage lang voll gesperrt, nur Rettungswagen und Polizei durften passieren. Dreimal hat Spielberg den Dreh unterbrechen müssen, berichtet Darrelmann: „Die sind dann mit Blaulicht mitten durch den Drehort gefahren, die Fahrer haben große Augen gemacht“, erinnert er sich und lacht. Für die Genehmigung mussten 23 Behörden in Potsdam und Berlin ihre Zustimmung geben. Eine Herausforderung auch für Darrelmann und seine Mitarbeiter.

Aber es handele sich um ein einzigartiges Projekt, auch für Potsdam, betont der Location Manager, der die Diskussion um die Sperrung in der Stadt verfolgt hat: „Das ist DER Film über die Brücke, einen anderen Film wird es so nicht mehr geben.“ Das Spielberg-Team bedankt sich für die Geduld der Potsdamer auch im Abspann des Films, der in den USA schon als Oscar-Kandidat gehandelt wird: „Special thanks“, besonderer Dank, geht dort unter anderem an Ines Gündel von der Potsdamer Verkehrsbehörde, aber auch an „the city and people of Potsdam“ – Potsdam und seine Einwohner.

Ein Dank an die Potsdamer Bürger im Abspann

Die Zusammenarbeit mit Spielberg beeindruckte Darrelmann, der schon mit Quentin Tarantino, für die „Tribute von Panem“-Trilogie oder mit Wes Anderson („The Grand Budapest Hotel“) gearbeitet hat und der erst im Frühjahr von seinen Hollywood-Kollegen im US-Berufsverband der Location Manager ausgezeichnet wurde. „Spielberg ist sehr freundlich, sehr entspannt – ein Profi durch und durch“, sagt Darrelmann: „Der Mann weiß genau, was er will.“

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Weitere Motive fand Darrelmann unter anderem im Schloss Marquardt, das im Film als Sitz des schillernden DDR-Verhandlungsführers Vogel figuriert. Stolz ist er auch auf die Ausnahmegenehmigung für Aufnahmen in der Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen – dort hatte seinerzeit der US-Student eingesessen, der auch gegen Abel getauscht wurde. Den düsteren Grenzübergang Friedrichstraße baute das rund 250 Mitarbeiter zählende Babelsberger Team am Gleisdreieck in Berlin nach. Für passende Straßenzüge für die Mauerbau-Szenen musste man dagegen ins polnische Wroclaw/Breslau ausweichen. „Hier in Deutschland haben wir nichts gefunden, was dem nahe kam“, sagt Darrelmann.

Am heutigen Freitag feiert „Bridge of Spies – der Unterhändler“ im Berliner Zoo-Palast Europapremiere. In den deutschen Kinos startet er am 26. November.

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