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Position: Die kleinen Sanssoucis wirken lächerlich

Eine Schloss-Attrappe im Schloss, das kein Schloss ist: Der Innenhof des Landtags wird durch das Kunstwerk beeinträchtigt, sagt Saskia Hüneke.

Zugabe“ heißt das Kunstwerk von Florian Dombois, das seit einigen Wochen im Innenhof des Landtagsschlosses steht. Die beiden pavillonartigen Konstruktionen erinnern an Schloss Sanssouci. Dombois Entwurf war als Sieger aus dem Wettbewerb zur künstlerischen Gestaltung des Landtags hervorgegangen.

Nach eigenen Worten wollte Florian Dombois mit seiner Mehrfachdarstellung von Sanssouci „die Debatte über das Für und Wider des Wiederaufbaus des Potsdamer Stadtschlosses provozieren“. Als ob das nötig wäre, hat sie doch über Jahre in einer breiten Öffentlichkeit stattgefunden, mit dem Ergebnis des „Für“.

Sicher, der Landtagsneubau wird auch zukünftige Generationen beschäftigen, spätestens, wenn es um seine Denkmalwürdigkeit geht – mit und ohne Dombois. Auch der Ansatz, die Wiederholung einer historischen Fassade würde sie beliebig machen und könnte dann genauso gut öfter entstehen, versagt vor der räumlichen und materiellen Präsenz der Landtagsfassaden. Der intensive, teils kontroverse Planungsprozess, die im Außen und Innen Erinnerung und Moderne verbindende Architektur von Kulka, die teils baulich-handwerkliche Herstellung und der bewusste Einsatz der Originalfragmente als Spolien sind eine großartige, gesellschaftliche Leistung unserer Zeit. Besonders in der klassischen Ruhe des Innenhofes, für den Kulka ausdrücklich auf die Wiederaufstellung von Skulpturen verzichtet, wirken die kleinen gemalten Sanssoucis nur lächerlich, gerade weil sie historisches Vokabular bemühen, aber im Kulissenhaften bleiben. Eine wirksame Infragestellung – wenn man denn so etwas unbedingt wollte – können sie nicht sein. Hier wurde die Chance vertan, mit dem vom Landtag für den Innenhof gewünschten Kunstwerk einen Kontrast in moderner Kunstsprache zu setzen und so von der Form her den Diskurs mit der Knobelsdorff-Fassade zu führen.

Fand die Entscheidung zu früh statt, sodass die eingesetzte Jury trotz aller Erfahrung die Wirkung der Landtagsfassaden vor ihrer Fertigstellung noch nicht ermessen konnte? Hat die bis heute bei manchen spürbare Verklemmtheit gegenüber dem baukulturellen Erbe hier ihren Ausdruck gefunden? Warum mag man die Leistung dieses Wiederaufbaus nicht anerkennen und dem Ergebnis seine großartige Wirkung gönnen? Und wenn der Künstler das Vorhaben kritisch sieht und damit das Fehlen moderner Formsprache beklagt, warum verzichtet er selbst dann darauf? Gut, zumindest solche Fragen hätte Dombois provoziert und eine künstlerische Aktion mag bereichernd sein. Aber eine auf Dauer angelegte Beeinträchtigung des Landtagshofes ist nicht akzeptabel. Sie muss die Forderung nach sich ziehen, hier für eine zeitliche Begrenzung zu sorgen, um den Hof in absehbarer Zeit wieder erlebbar und vollständig nutzbar zu machen.

Saskia Hüneke ist Mitglied der Grünen-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung. In der Schlösserstiftung ist sie als Kustodin zuständig für die Skulpturensammlung

Saskia Hüneke

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