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Werders neue Blütentherme: „Die Fehler dürfen nicht mehr passieren“

Werders Bürgermeisterin Manuela Saß über das Thermen-Fiasko, die nächsten Schritte auf der Großbaustelle und Überlegungen, ein später geplantes Wellenbad jetzt vielleicht gleich mitzubauen.

Werder hat mit der Blütentherme ein Fiasko erlitten. Die Verträge mit der Kristall Bäder AG zum Bau des Bades, das halbfertig am Zernsee steht, werden einvernehmlich aufgelöst. Warum hat die öffentlich-private Partnerschaft eine derartige Bruchlandung erlitten?

Wenn man an die Anfänge der Zusammenarbeit und die erste Bauphase denkt, muss man klar sagen, dass wir einen sehr guten Start hatten. Es gab einige Probleme mit dem Baugrund und mit der Erteilung der Baugenehmigung, aber jeder, der in Brandenburg mal gebaut hat, weiß, dass ein Bauantragsverfahren seine Tücken hat und dass solche Probleme nichts Besonderes sind. Die ersten Bauarbeiten gingen zügig voran. Was dann genau dazu geführt hat, dass das Projekt ins Stocken kam, kann ich nicht beantworten, zumal es im Vertragsverhältnis zwei Beteiligte gab.

Das Rechnungsprüfungsamt der Stadt schaut sich die Vorgänge an. Wann ist denn mit einem Ergebnis zu rechnen?

Das Rechnungsprüfungsamt wird den Auftrag, den ja noch unser Altbürgermeister Werner Große im vorigen Jahr erteilt hat, gründlich ausführen. Die wesentliche Aufgabe lautet, das Gesamtgeschehen vor allem hinsichtlich der Geldflüsse aufzuarbeiten. Das Ergebnis wird dann im Rechnungsprüfungsausschuss vorgestellt, wobei die Stadtverordneten ja in der Bad-AG intensiv an den Entscheidungsprozessen beteiligt waren. Im Endeffekt dürfen die Fehler, die gemacht wurden, in Zukunft nicht mehr passieren.

Sie müssen überlegen, wie es jetzt weitergeht. In welche Falle sollte man nicht mehr tappen?

Das Wichtigste ist, dass wir einen ordentlichen Fachberater an die Seite bekommen. Wir sind ein Rathaus, haben noch nie ein Bad gebaut und werden wohl auch kein neues mehr bauen. Aber es gibt Unternehmen und Berater, die sich in der Branche sehr gut auskennen und derer man sich bedienen kann. Da hatten wir bislang wenig Glück. Im Januar werden wir den neuen öffentlichen Bad-Ausschuss installieren und ich gehe davon aus, dass dort alle Entscheidungen, die von den Stadtverordneten zu treffen sind, gemeinsam mit Fachleuten vorbereitet werden können, ohne Fallen.

Bislang gibt es nur den Beschluss, sich von der Kristall Bäder AG zu trennen. Wann wird das vollzogen sein?

Wir sind noch dabei, das Vertragswerk zur Trennung zu erarbeiten. Die Eckdaten stehen, aber es gilt ja, gewissenhaft zu arbeiten, damit man sich nicht im Nachgang noch mal über die Auslegung des Vergleichs streiten muss. Es gibt nächste Woche Termine mit Notar und Anwalt und wir hoffen, die Trennung bis Weihnachten hinzubekommen.

Die Stadt ist bei Ausschreibungen verpflichtet, dem wirtschaftlichsten Bieter den Zuschlag zu erteilen. Besteht die Gefahr, dass in einem späteren Ausschreibungsverfahren Kristall wieder auftaucht als wirtschaftlichster Bieter?

Wenn wir öffentlich ausschreiben, kann sich jeder beteiligen. Ich schließe aber eigentlich aus, dass selbst wenn die Kristall Bäder AG sich erneut an dem Projekt beteiligen wollte, ein Zuschlag erteilt werden wird.

Es gibt den Vorwurf von Stadtverordneten, dass im Zuge der Trennung gutes Geld dem schlechten hinterhergeworfen wird. Die Stadt wird Kristall 2,5 Hektar große Flächen abkaufen. Ist der Quadratmeterpreis von 250 Euro zu hoch und ist da vielleicht eine Abfindung eingepreist?

Wir finden die Kristall Bäder AG nicht ab, das ist hier nicht das Thema. Aber uns gehört nur das Grundstück, auf dem die Therme steht und Kristall hat fast alle Grundstücke um die Therme herum von privaten Unternehmen gekauft, um sie einmal als touristische Entwicklungsflächen zu verwerten. Für uns war klar, dass eine Vertragsauflösung nur funktionieren kann, wenn wir diese wichtigen Flächen bekommen. Das ist Bestandteil des Vergleiches. Knapp 250 Euro Kaufpreis für Entwicklungsgrundstücke am Wasser – ich denke, das ist gerechtfertigt.

Ein Großteil dieser Flächen, nämlich der, auf dem mal ein Hotel und Ferienhäuser entstehen sollten, wird durch die städtische Wohnungsgesellschaft HGW erworben. Soll die HGW ins Tourismusgeschäft einsteigen?

Die HGW gehört zu 100 Prozent der Stadt Werder und wir wollen gemeinsam prüfen, wie und mit welchen Partnern das gesamte Gebiet entwickelt werden kann. Wir wollten uns da keine Möglichkeiten für die Zukunft verbauen. Dass die HGW selbst touristisch tätig wird und ein Hotel und Ferienhäuser baut und betreibt, das glaube ich eher nicht. Die HGW einzubeziehen, war eine unternehmerische Entscheidung. Der Vorteil für die Stadt ist, dass der Grunderwerb nicht in vollem Umfang im Haushalt widergespiegelt werden muss.

In den vergangenen Monaten war zu vernehmen, dass der unvollendete Thermenbau mit seinen Elementen nicht das ist, was die Stadt an sich einmal wollte. Man wollte eine Familientherme haben und es sieht offenbar eher danach aus, dass die Wellness- und Saunabereiche im Vordergrund stehen. Muss da noch mal umgeplant werden?

So einfach lässt sich das nicht beantworten. Tatsächlich war in der Kubatur etwas anderes geplant. Und was derzeit zu sehen ist, legt das Hauptaugenmerk in der Tat auf den Saunabereich. Uns war das Sportbecken wichtig. Für uns war das ein Element der Daseinsfürsorge, um Möglichkeiten für den Schwimmunterricht an Schulen und den Vereinssport zu schaffen. Natürlich wollten wir auch den Charakter eines Familienbads haben und auch wenn es noch nicht sichtbar ist, sind zumindest noch Rutschen geplant. Was wir in den letzten Bauphasen vermisst haben, waren ausreichend Dinge und Elemente wie ein Planschbecken für Kinder.

Die Bäder AG hatte in späteren Jahren einen Anbau mit Wellenbad geplant.

Genau, deshalb gibt es an der Nordseite ja die für jedermann sichtbare, offene Fassade. Wenn Experten jetzt empfehlen sollten, Elemente hinzuzufügen, um das neue Bad attraktiver zu machen und mehr Familien anzulocken, dann werden wir überlegen, den Bau des Wellenbads vorzuziehen oder den zusätzlichen Platz dieses Anbaus anders zu nutzen. Es wäre nicht vermittelbar, wenn wir das Bad sieben Jahre nach der Grundsteinlegung mit einer provisorischen Wand einweihen oder ein paar Jahre nach der Eröffnung wegen eines Anbaus vorübergehend schließen müssen.

Eine Frage, zu der es konträre Ansichten bei den Stadtverordneten gibt, ist ja, wie es genau weitergeht. Behält die Stadt das Bad oder startet man einen zweiten Anlauf für eine öffentlich-private Partnerschaft mit dem Ziel, das Bad zu verkaufen? Was denken Sie?

Das wird noch ergebnisoffen diskutiert, mein Hauptaugenmerk liegt zurzeit noch auf der Beendigung des Vertrages. Parallel sind natürlich erste Verfahren für die künftige Ausrichtung am Laufen. Wie es weitergeht, muss dann gemeinsam mit den Beratern und gegebenenfalls mit potenziellen Partnern entwickelt werden, die den Betrieb übernehmen. Ob wir die Therme selber betreiben oder uns einen Betreiber suchen, das sind offene Fragen, die durch die Stadtverordneten zu entscheiden sind. Das wird sicher noch heiße Diskussionen geben.

Es gibt drei Wege: Man sucht einen Partner, der zu Ende baut, und übernimmt dann als Stadt den Betrieb. Man baut mit einem Partner zu Ende, der dann den Betrieb übernimmt. Oder man baut mit einem Partner zu Ende, der den Betrieb übernimmt und die Therme kauft.

Es gibt noch weitere Wege und der Erwerb ist ja nicht zwingend. Wir brauchen aber auf jeden Fall Leute, die uns bei der Fertigstellung unterstützen und uns beantworten, welche Möglichkeiten es am Markt gibt, den Familienbereich zu erweitern. Sollte nicht die Stadt, sondern ein externer Dritter nach der baulichen Fertigstellung den Betrieb übernehmen, dann muss der bei diesen Überlegungen zwingend bereits mit im Boot sitzen. Zum anderen müssen wir mit den Fachleuten beraten, wie wir die umgebenden Grundstücke in eine Weiterentwicklung der Therme einbeziehen können und ob es Sinn macht, das parallel mit der Thermenbaustelle zu entwickeln.

Sie haben sich ja umfassend damit befasst: Was würden Sie denn bevorzugen, den Betrieb durch einen Externen oder durch einen Eigenbetrieb der Stadt?

Ich halte beide Wege für machbar. Manchmal sage ich morgens, das geht mit einem Eigenbetrieb und abends denke ich, lieber doch nicht. Wir haben uns mal mit der Verwaltung die Therme in Lübbenau angeschaut, die die Kommune selbst betreibt. Man muss sehen, was alles dafür erforderlich ist, welcher Apparat aufgebaut werden muss und wo man die Fachleute herbekommt für Management und Technik. Das sollte man nicht unterschätzen. Deshalb muss das Rathaus den Stadtverordneten vor einer Entscheidung Unterlagen in die Hand geben, die sie befähigen, abzuwägen, was der richtige Weg für Werder ist.

In welchen Schritten könnte es nach Trennung von der Kristall Bäder AG nach dem Jahreswechsel weitergehen?

Wir werden in der Stadtverordnetenversammlung im Januar einen neuen und öffentlich tagenden Bad-Ausschuss gründen und es wird wohl das Gremium werden, das sich in nächster Zeit am häufigsten trifft. Dann sind im ersten Quartal 2016 zwingend die Entscheidungen zu treffen, mit welchem Modell es weitergeht. Dann sind europaweite Ausschreibungen vorzubereiten und ich würde es schon gut finden, wenn die Werderaner und ihre Gäste im Sommer 2016 sehen, dass es auf der Baustelle weitergeht. Vorher ist das ausgeschlossen.

Nach dem Landgerichtstermin mit Kristall war man sich einig, dass die Bauarbeiten in zwölf Monaten beendet sein könnten. In der jüngsten Stadtverordnetenversammlung haben Sie gesagt, dass eine Eröffnung des neuen Bads frühestens 2018 machbar ist. Wenn Sie 2016 anfangen, warum sind Sie nicht 2017 fertig?

Diese zwölf Monate waren eine Zahl, wenn die Kristall Bäder AG die Therme zu Ende gebaut hätte. Wir sind jetzt in einer anderen Situation. Natürlich wäre es mein Wunsch, dass die Werderaner und ihre Gäste in der Therme schon zum 700. Stadtjubiläum 2017 baden gehen können. Aber wenn man mit einem neuen Partner mit einer Bauzeit von anderthalb bis zwei Jahren rechnet, ist das wohl realistischer.

Die Gesamtbauzeit sollte mal 19 Monate betragen.

Auch wenn das mit der Kristall Bäder AG nicht geklappt hat: Es ist eigentlich viel leichter, etwas neu aus einem Guss zu bauen als einen Bau halbfertig zu übernehmen und dann vollenden zu müssen.

Haben Sie den Eindruck, dass sich in der Branche überhaupt ernst zu nehmende Unternehmen finden, die sich für die angefangene Blütentherme interessieren?

Davon gehe ich aus. Werders Therme hat vor den Toren Berlins und Potsdam und direkt am Zernsee eine ganz außerordentliche Lage. Die Autobahnanbindung ist da, die Zuganbindung ist da und die Stadt ist attraktiv für Familien und für Tagestouristen, die abends vielleicht noch in die Therme wollen. Der Standort ist perfekt und hat Zukunft und er ist wirtschaftlich zu betreiben.

Der Name „Blütentherme“ ist ja nun befleckt. Gibt es Überlegungen, mit einem neuen Namen einen Neustart zu signalisieren?

Die Frage haben wir uns schon gestellt. Aber Werder ist die Blütenstadt. Warum soll es dann nicht auch die Blütentherme bleiben, wenn man das Thema in der Innengestaltung wieder aufnimmt. Aber wissen Sie, das ist zurzeit noch eine unserer geringsten Sorgen.

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