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Filmstudio Babelsberg: Der Tonmeister von Babelsberg

Ulrich Illing war viele Jahre lang der Tontechnikchef bei den Filmstudios Babelsberg. Jetzt betreibt er auf dem Studiogelände ein kleines Tonfilmmuseum. Und feiert sein 45-jähriges Dienstjubiläum.

Von Katharina Wiechers

Potsdam - Wenn Ulrich Illing seinen Gästen den fast 100 Jahre alten Filmprojektor vorführt, macht er eine richtige Show daraus. In dem kleinen Raum auf dem Gelände von Studio Babelsberg dreht er den Gashahn für das Licht auf, schaltet das Grammophon mit der Schallplatte an und dreht zu guter Letzt auch Strom und elektrisches Licht ab – für die Kinoatmosphäre und zum Beweis, dass der Projektor wie vor 100 Jahren ohne Strom funktioniert. Dann steht Ulrich Illing da und kurbelt, während gegenüber alte Schwarz-Weiß-Aufnahmen von Potsdam über die Wand flimmern. „Endlich kann ich nur noch das machen, was mir richtig Spaß macht“, sagt er. Und man sieht, dass er es ernst meint.

Seit 1970 bei Studio Babelsberg

Am 1. Oktober 1970 hat Illing als Ingenieur bei den Studios angefangen, bis vor zehn Jahren war er so ziemlich in jeder leitenden Funktion beschäftigt, die mit dem Thema Tontechnik zu tun hat. Aktiv in die Geschäfte eingebunden ist er nicht mehr, aber er ist immer noch vor Ort. Am heutigen Donnerstag feiert Illing im kleinen Kreis sein 45-jähriges Dienstjubiläum. Ganz nebenbei ist er auch 70 geworden in diesem Jahr. Und sein kleines Museum feiert fünfjähriges Bestehen. Aber der Reihe nach.

Aufgewachsen ist Illing in der Brandenburgischen Provinz, in der Nähe von Doberlug-Kirchhain. Schon als Kind fing er an, sich für den Film zu begeistern, wartete sehnsüchtig auf den wöchentlichen Besuch des „Kinofritzen“, erinnert er sich. Dieser hatte ein Landfilmvorführgerät dabei und zeigte ab 15 Uhr in der örtlichen Gastwirtschaft Kinderfilme. Für 25 Pfennig gab es den „Kleinen Muck“, Illing war begeistert. So begeistert, dass er sich nach der Schule bei der Filmhochschule in Potsdam bewarb, jedoch ohne Erfolg. „Ich hatte keine Beziehungen. Ich war nur ein ganz normaler Mensch.“ Also studierte er Informationstechnik im thüringischen Ilmenau und bewarb sich anschließend bei den Defa-Filmstudios als Techniker. Das funktionierte.

Harte Zeiten nach der Wende

Er begann als Wartungsingenieur in der Abteilung Tontechnik, dann arbeitete er im Bereich „Neue Technik“ – war also in der Forschung tätig. Dort fühlte sich der passionierte Bastler wohl, doch die Studios wollten ihn zum Abteilungsleiter Tontechnik befördern. „Eigentlich wollte ich nicht, aber die haben mich so lange bekloppt, bis ich ja gesagt hab“, erinnert sich Illing. Ein ziemlicher Schritt, mit nur 35 Jahren wurde er Chef von rund 70 Mann. Doch Illing behauptete sich und blieb – sogar bis nach der Wende. Harte Zeiten seien das gewesen, sagt er heute. Der sozialistische Großbetrieb musste in eine westliche GmbH verwandelt werden. Klar, die neuen Welten, die sich einem erschlossen, das war toll. Aber er musste Mitarbeiter entlassen, viele altgediente Kollegen. „Das hat wehgetan.“

Auch Illings Abteilung wurde 1993 wegrationalisiert und er zum Technischen Leiter der Tonabteilung ernannt, bis 2005 auch dort Schluss war. Aber Illing blieb. Sein immenses Wissen über die Vergangenheit der Studios und die Geschichte der Tontechnik war es den Studios wert, ihm einen Beratervertrag zu geben – den er bis heute hat. „Die leisten sich mich“, sagt Illing und grinst.

Was eine Filmvorführung brandgefährlich macht

Und er leistet sich ein einzigartiges Archiv mit historischen Ton- und Filmgeräten, größtenteils aus eigener Tasche finanziert. Die wichtigsten Stücke hat er zusammengetragen für sein kleines Tonfilmmuseum – ein etwa 40 Quadratmeter großer Raum in Haus 4 auf dem Studiogelände. Dort steht zum Beispiel der alte Filmprojektor oder ein noch älterer Phonograph von Edison. Illing legt eine Walze ein und kurbelt, dann scheppert Enrico Caruso aus dem blechernen Trichter. Illing hat den Anspruch, dass all seine Geräte funktionieren, was sie in den seltensten Fällen tun, wenn er sie zum Beispiel bei Ebay ersteigert. Die Reparaturen erledigt er in seiner Werkstatt im selben Haus – fast jeden Tag ist er dort. „Meine Frau hätte glaube ich lieber, dass ich stattdessen mehr im Haushalt mache“, sagt er.

Schließlich arbeitet sie auch noch – in der Videothek der Filmhochschule. Aber Illing hängt eben an seiner Sammlung und dem kleinen Museum. Geöffnet wird dieses übrigens nur auf Anfrage, wenn eine Gruppe das Museum gerne sehen möchte, sollte sie sich unter der Telefonnummer 0331/72 121 32 melden. Erfahren können die Besucher dann nicht nur, wie Edisons Phonograph funktioniert und was eine Filmvorführung so brandgefährlich machte. Auch wie der Ton ins Kino kam und was diese Revolution damals für die Branche bedeutete, kann Illing wunderbar plastisch erzählen. Und zu jeder Anekdote hat er ein passendes Gerät zu Hand. Und es funktioniert.

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