zum Hauptinhalt

Schatzsuche in Brandenburg: Der Nazi-Schatz vom Stolpsee

Einem Gerücht zufolge hat Hermann Göring in den letzten Kriegstagen bei Himmelpfort Kisten voller Gold versenkt. Engländer wollen sie nun bergen

Von Matthias Matern

Fürstenberg/Havel - Der Stolpsee ist ein beschaulicher kleiner See zwischen Fürstenberg/Havel und Himmelpfort. Eingebettet in einen dichten Schilfgürtel zieht das Idyll an der Grenze zwischen dem Landkreis Oberhavel und der Uckermark im Sommer zahlreiche Touristen an. Auf Luftmatratzen oder in Kanus lassen sie sich genüsslich über das Wasser treiben, Freizeitkapitäne ziehen in ihren Charterbooten ahnungslos ihre Kreise. Fast in Vergessenheit geraten war die sagenhafte Geschichte, die sich um das märkische Kleinod rankt. Nun hat die Legende neue Nahrung erhalten. Medienberichten zufolge will eine Gruppe englischer Geschäftsleute das Geheimnis des Stolpsees endlich lüften. Auf dem Grund des nur 13 Meter tiefen Gewässers sollen rund 18 Kisten, vollgepackt mit Goldbarren und Platin, im Schlamm verborgen liegen. SS-Schergen sollen sie dort in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges im Auftrag von Reichsmarschall Hermann Göring versenkt haben.

Bei dem Gold soll es sich um einen Teil der Reichtümer handeln, die der als skrupelloser Kunst- und Kriegsbeutesammler bekannte Oberbefehlshaber der Luftwaffe in seinem rund 40 Kilometer entfernten Jagdsitz Carinhall gehortet hatte. Belastbare Beweise dafür, dass Göring sein Gold tatsächlich im Stolpsee versenken ließ, um es so vor der näher rückenden Roten Armee zu verstecken, sind bislang aber Fehlanzeige. Englischen Zeitungen zufolge wollen die noch „unbekannten“ Geschäftsleute nun aber in ehemaligen SS-Akten und Vernehmungsprotokollen der Alliierten aus dem Bundesarchiv in Koblenz fündig geworden sein. Zitiert wird etwa ein angeblicher Augenzeuge Eckard Litz. Im März 1945 soll er beobachtet haben, wie eine SS-Einheit mit Lkw an das Ufer des Stolpsees gefahren sei, eine Gruppe von 20 bis 30 abgemagerten Männern in KZ-Kleidung schwere Kisten auf Schlauchboote verladen hätten. Sechsmal seien die Boote bis auf die Mitte des Sees hinausgefahren, wo die Kisten versenkt worden sein sollen, habe Litz zu Protokoll gegeben. Nach ihrer Rückkehr ans Ufer seien die Häftlinge erschossen worden.

Sollten die Geschäftsleute von der Insel ihre Ankündigung wahr machen, können sich Anwohner und verbliebene Feriengäste rund um den Stolpsee auf ein Spektakel gefasst machen. Angeblich wollen die Schatzjäger mit einem U-Boot auf Suche gehen. Beim zuständigen Wasser- und Schifffahrtsamt des Bundes in Eberswalde (Barnim) weiß man von der geplanten Aktion bislang jedoch nur aus den Medien. Dabei handelt sich bei dem Stolpsee um eine Bundeswasserstraße, einen U-Booteinsatz müssten sich die Engländer dort aber zuerst genehmigen lassen. „Bei uns wurde noch nichts beantragt“, berichtet Amtsvorstand Hans-Jürgen Heymann. Der Oktober-Termin sei nach seiner Meinung wohl kaum zu halten. „Das wird eng. Kann ja sein, dass das in England anders läuft, aber bei der deutschen Bürokratie dauert das schon etwas, bis so eine Genehmigung erteilt wird“, meint Heymann.

Ohnehin ist die Aussicht auf Erfolg wohl eher gering. Auch andere haben bereits vergeblich im Schlamm gestochert. Schließlich hält sich das Gerücht vom Nazi-Goldschatz im Stolpsee fast so hartnäckig wie die Legende vom verschollenen Bernsteinzimmer. Selbst Stasi-Chef Erich Mielke ließ sich einst vom Goldfieber anstecken und ordnete eine groß angelegte Suche an. Im August 1981 hatte der Stern-Journalist Gerd Heidemann, der wenige Jahre später durch die peinliche Veröffentlichung der gefälschten Hitler-Tagebücher zweifelhafte Bekanntheit erlangte, Mielke mit einer angeblichen Schatzkarte vom Stolpsee den Mund wässrig gemacht. Laut Heidemann sollte die Karte von einem ehemaligen SS-Offizier aus Südamerika stammen. Kurzerhand ließ Mielke den See absperren und gründlich durchsuchen. Die Schatzkarte erwies sich dabei jedoch als wenig hilfreich. Angebliche Hinweise wie rostige Nägel in Baumstümpfen und andere Zeichen, die laut Karte den Weg zum Gold weisen sollten, waren aber nicht zu finden. Die Aktion wurde nach tagelangen Tauchgängen abgebrochen und die Karte angeblich ins Aktenarchiv der Stasi verbannt.

Vor rund vier Jahren tauchte die Zeichnung in Karlsruhe wieder auf. Erich Köhler aus Bredereiche südlich des Stolpsees hat sogar eine Kopie. Der ehemalige Pfarrer und Heimatforscher beschäftigt sich seit Jahren mit der Legende des Nazi-Golds. An Mielkes Suchaktion kann er sich noch gut erinnern. „Von einen Tag auf den anderen war ein Teil des Sees einfach abgesperrt. Wer sich dem See nähern wollte, Angler etwa, wurde von bewaffneten Posten wieder weggeschickt“, erzählt der mittlerweile 77-Jährige. Dass im See tatsächlich der Göring -Schatz verborgen liege, sei zumindest nicht auszuschließen, glaubt Köhler. „Zumindest zweimal war Göring selbst am Stolpsee, kannte dort außerdem einen Jagdpächter“, sagt der Hobbyhistoriker. „Die Beweislage aber ist schon sehr dünn.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false