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Walter Bullert im Potsdam Museum: Der Mann der vielen Striche

Kunst, die man braucht und gebraucht: Eine neue Ausstellung im Potsdam Museum zeigt erstmals unbekannte Seiten des Potsdamer Künstlers Walter Bullert.

Von Sarah Kugler

Potsdam - Es ist eine kleine Sensation, die dort an der Wand hängt. Ein bisher unbekanntes Detail einer Potsdamer Künstlerbiographie, die alte Fragen klärt und gleichzeitig neue aufwirft. Dabei sieht er so schlicht aus, dieser einfache Schriftzug auf bereits leicht angegilbtem Papier, dieses Plakat mit den blassen Buchstaben. Und doch verbirgt sich dahinter die Idee einer Gedenktafel für Paul von Hindenburg inklusive eines Verweises auf den Tag von Potsdam 1933 in der Garnisonkirche – allerdings mit verdrehten Tatsachen. Denn auf der Tafel ist der Wortlaut „Reichspräsident v. Hindenburg wurde auf diesem Platz vom Führer und Reichskanzler Adolf Hitler am 21. März 1933 begrüßt“ zu lesen. In Wahrheit war es natürlich genau umgedreht, der 1939 entstandende Entwurf fällt jedoch schon mitten in die Propagandakampagne des Dritten Reiches.

Werke von Walter Bullert im Potsdam Museum, aber nicht nur

Der Plakatentwurf ist eines der Ausstellungsstücke, die das Potsdam Museum in Kooperation mit dem Förderverein des Potsdam-Museums e. V. in der ab diesem Sonntag geöffneten Ausstellung über Walter Bullert zeigt. Unter dem Titel „,Kunst, die man braucht und gebraucht.’ Walter Bullert (1895-1986) und sein Werk in den Umbrüchen des 20. Jahrhunderts“ werden dabei nicht nur Werke aus der gesamten Schaffenszeit des Potsdamer Künstlers gezeigt, sondern auch seine Biographie an Hand von vielen Archivalien veranschaulicht. Bei der Recherche kamen bisher unbekannte Werke wie der besagte Entwurf oder auch ein touristisches Werbeplakat von 1935 zutage. Auf letzterem ist die Garnisonkirche zu sehen und ein Schriftzug mit den Worten „Potsdam. Die Stadt Friedrichs des Großen. Die Geburtstätte des Dritten Reiches“. Beide Arbeiten verdeutlichen, dass Bullert während und um die Zeit des Zweiten Weltkriegs herum Auftragsarbeiten angenommen hat, etwas, das man vorher über den Künstler nicht wusste, wie Historikerin Doris Obschernitzki sagt. „Es war immer relativ unklar, ob Bullert im Dritten Reich überhaupt arbeiten konnte, deswegen sind das natürlich Sensationsfunde“, sagt Obschernitzki. Allerdings sei Bullert nie in die NSDAP eingetreten und habe die Aufträge wahrscheinlich nur aus finanziellen Gründen angenommen. Belegen lässt sich das jedoch nicht, denn fast alle Briefe des Malers aus dieser Zeit sind vernichtet worden.

"Ein zentraler Potsdamer Künstler"

Trotz ihrer Brisanz bilden solche Werke aber nur einen Teil der sehr vielfältigen Ausstellung, die dem 120. Geburtstag des Künstlers gewidmet ist. Schließlich war Bullert in vielen Techniken zu Hause, schuf Aquarelle, Zeichnungen, Graphiken und sogar Büsten. „Bullert ist ein wichtiger zentraler Potsdamer Künstler“, sagt Jutta Götzmann, Direktorin des Potsdam Museums. Zudem sei er ein Zeuge der Zeitgeschichte, der immerhin in vier politischen Systemen gelebt habe.

Geboren 1895 in Potsdam, nahm Bullert schon früh Zeichenunterricht, studierte später Malerei in Berlin und war seit 1921 als freischaffender Maler und Grafiker tätig. Er schuf unter anderem die Gedenktafel für Max Dortu von 1948, über die im Potsdam Museum nun ein Medientisch informiert, dessen leicht zu bedienendes Menü einen schönen Überblick über das Werk des Künstlers gibt.

Plakate und Aquarelle

Nach 1945 engagierte sich Bullert in Kommissionen und Gremien für den Wiederaufbau sowie die Neugestaltung der Stadt. Er erhielt von der Stadt viele architekturbezogene Aufträge und wandte sich verstärkt der Porträtplastik zu. Es entstanden beispielsweise Büsten von Otto Nagel, Bruno H. Bürgel oder Karl Foerster. Trotzdem blieb er weiterhin freischaffend und trat auch nicht der SED bei.

In den Räumen des Potsdam Museums gibt es neben Arbeiten Bullerts als Zeitungsillustrator oder als vielseitiger Plakatdesigner für Ausstellungen und Veranstaltungen auch Werke zu sehen, die seine wahre künstlerische Kraft abbilden. Da sind zum Beispiel die Aquarelle von Landschaften auf Rügen, mit weichen, entrückten Farben verträumt reduziert festgehalten. Aber auch Porträts nur mit Kohle oder braunen Pinselstrichen gemalt, so detailreich, so kunstvoll, dass man sich kaum daran sattsehen kann. Genauso zärtlich sind seine Büsten, die unter anderem seine Schester oder seine Frau abbilden. Liebevoll in Holz gearbeitete Gesichter, rund geschliffen mit weichen Konturen. Daneben auch immer wieder harte Striche, strenge Gesichtszüge expressiv auf das Papier gedruckt. Seine Porträts verdeutlichen auch den großen Personenkreis, in dem sich Bullert bewegt hat. Namen wie die des Architekten Johannes Baader, des Kunstwissenschaftlers Paul Heiland oder des Fotografen Max Baur tauchen dabei immer wieder auf. Seinem großen Bekanntenkreis verdankte es Bullert wohl auch, dass er trotz Nichteintritt in die Partei während der NS-Zeit so viele Aufträge bekam.

Bilder zeigen Stadtbild Potsdam

Einen großen Teil von Bullerts Arbeiten nehmen die Bilder zum Potsdamer Stadtbild ein. Jahrelang fing er immer wieder die Silhouette und einzelne Gebäude in Skizzen ein, im Frühjahr 1945 wurde er offiziell mit der künstlerischen Dokumentation der zerstörten Innenstadt beauftragt. Dabei entstanden Arbeiten voller morbider Schönheit, der sich der Betrachter kaum entziehen kann.

Die Ausstellung ist vom 9. August bis 4. Oktober im Potsdam Museum, Am Alten Markt 9, zu sehen

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