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Rudern in Werder: Bundesliga in der Blütenstadt

Werder ist 2018 erstmalig ein Austragungsort der Ruder-Bundesliga. Die Stadt investiert in ihre Regattastrecke, der gastgebende Verein macht sich selbst ein Geschenk und die „Königinnen der Havel“ freuen sich auf ihren Heimrennen.

Von Tobias Gutsche

Eigentlich, erzählt Brigitte Ahrenholz, sei der Plan ein anderer gewesen. Die Vorsitzende des Ruder-Klubs Werder (Havel) wollte schon 2017 die Ruder-Bundesliga in ihren Blütenort vor Potsdams Toren holen. „Als Geschenk zum 700-jährigen Bestehen unserer Stadt“, sagt sie. Mit dem Zuschlag klappte es nicht, doch der Wunsch nach der Ausrichtung einer solchen Veranstaltung blieb. Also wurde für 2018 eine neue Bewerbung abgegeben. Diesmal erfolgreich. „Damit beschenken wir uns dann jetzt selbst“, findet Brigitte Ahrenholz. Ihr 1918 gegründeter Verein wird 100 Jahre alt.

Am 9. Juni legt der nationale Wettkampfzirkus der Achter-Boote in Werder an. Es ist die zweite von fünf Saisonstationen. Zuvor geht es nach Frankfurt am Main, danach folgen Minden, Leipzig und Bad Waldsee. „Wir starten ins zehnte Jahr der Ruder-Bundesliga. Als Ergebnis aus Diskussionen möchten wir künftig gerne mehr Abwechslung bei den Veranstaltungsorten haben“, erklärt Liga-Manager Boris Orlowski. Werder sei ein frischer Impuls. „Es lohnt sich, dort zum ersten Mal mit der Liga hinzukommen“, meint er. „Die Regattastrecke ist eine wirklich wunderbare Location.“

"Eine der schönsten Regattastrecken in ganz Deutschland"

Sie befindet sich auf der Föhse, einem ruhigen Nebenarm der Havel, der die Inselstadt Werders vom Festland trennt. Die Strecke sei „eine der der schönsten in ganz Deutschland“, urteilt Werders erster Beigeordneter Christian Große. Mehrfach im Jahr wird die Anlage für Wettkämpfe genutzt. Kanuten und Drachenbootfahrer bestreiten dort Rennen. Sowie natürlich die Ruderer: Das Masters-Championat des Deutschen Ruder-Verbandes, das dieses Jahr am Wochenende vor der Bundesliga steigt, ist ebenso Tradition wie die Havel-Ruder-Regatta im September.

Letztere hatte 2017 ein bitteres Novum erlebt. Die 63. Auflage musste abgesagt werden, weil ein dichter Schlingpflanzenteppich auf dem Wasser keine Durchführung zuließ. Die Stadt sei damals vom erheblichen Umfang des Problems überrascht worden, teilt Christian Große mit. „Kleinere Schwierigkeiten gab es schon öfter, aber nie in diesem Ausmaß. Wir sind mit Behörden und Fachleuten in abschließenden Abstimmungen, wie die Regattastrecke wieder durchgehend für den Rudersport nutzbar gehalten werden kann. Die Maßnahmen werden zur Saison 2018 umgesetzt.“ Überhaupt sei die Stadt darauf bedacht, dass die Strecke in einem Top-Zustand bleibt, betont er. Es werde entsprechend darin investiert. Die Erneuerung der Stege im vorigen Jahr kostete 60.000 Euro – und derzeit wird ein neues Zielrichterhaus auf der Insel für 230.000 Euro gebaut.

Werbung für die Stadt, den Verein und den Rudersport

Von dort aus – der Uferwiese, die das Zentrum des Baumblütenfestes ist – sollen dann am 9. Juni die Bundesliga-Rennen genau erfasst werden. Mit rund 400 teilnehmenden Athleten rechnet die Werderanerin Brigitte Ahrenholz, die 1976 Olympiagold mit dem DDR-Ruderachter holte. Aus Besuchen bei bisherigen Liga-Wettkämpfen weiß sie zu berichten: „Was man da zu sehen bekommt, ist der Wahnsinn. Das ist ja keine klassische Regatta, sondern ein kurzweiliges Event mit Rahmenprogramm“, sagt die Ruder-Klub-Präsidentin. Statt auf der üblichen 2000-Meter-Distanz, die laut Ahrenholz „nicht so öffentlichkeitswirksam“ sei, werden in der Bundesliga über mehrere Runden hinweg Duelle im Sprint über 350 Meter gefahren. Das bietet Dynamik und Action der Großboote, was für die Zuschauer gut von Anfang bis Ende zu beobachten ist.

Wahrlich gemeinsam in einem Boot sitzen bei der Organisation der gastgebende Verein und die Verantwortlichen aus dem Rathaus, unterstreicht Brigitte Ahrenholz. „Das ist ein starkes Miteinander.“ An die Ausrichtung, die allein 5000 Euro Lizenzgebühr abverlangt, werden diverse Hoffnungen geknüpft. Während Werder laut Christian Große damit liebäugelt, „als Stadt des Sports und des Ruderns auch bundesweit wahrgenommen zu werden“ und so Sportler oder andere Besucher des Ligaevents zu einem späteren Urlaub zu locken, möchte der Ruder-Klub „Werbung für uns und unseren Sport betreiben“. Auch der Landesruderverband Brandenburg freue sich darüber, dass im eigenen Bundesland die Ruderei wieder in diesem besonderen Format präsentiert wird, sagt dessen Vizepräsidentin Ulrike Hartmann: „Das ist ein guter Weg, Interesse zu wecken.“

Havelqueen-Achter tritt als amtierender Vizemeister an

Dreimal gastierte bereits die Ruder-Bundesliga in Brandenburg, von 2012 bis 2014 in Rüdersdorf. Zuletzt war die hiesige Region durch Berlin vertreten, wo nahe der East Side Gallery jeweils das Saisonfinale bestritten wurde.

An das vergangene erinnern sich die Damen des Havelqueen-Achters liebend gerne zurück. Die Startgemeinschaft des RC Potsdam und des RC Tegel 1886 aus Berlin hatte auf der Spree den zweiten Platz der Tageswertung eingefahren und sich dadurch gleichsam die Vizemeisterschaft gesichert. Der bislang größte Erfolg in der vierjährigen Mannschaftsgeschichte. „Danach sind wir jetzt natürlich richtig motiviert und wollen 2018 wieder vorne angreifen“, bekräftigt Team-Mitglied Mandy Reppner einen erneuten Bundesligastart mit Ambitionen. Dass dieses Jahr Werder im Wettkampfkalender steht, lasse die Vorfreude nur noch weiter steigen, sagt sie: „Gerade für uns Potsdamer ist das wirklich ein absolutes Highlight. Auf dieser Regattastrecke sind wir schon als Kinder angetreten.“ Aus jenen Kindern sind inzwischen „Königinnen der Havel“ geworden. Und deren Herrschaftsgebiet wird nun zum Bundesligagewässer.

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