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Landeshauptstadt: Borke – seltener als Blattgold

Borkenküche und Eremitage dank Sponsorings wieder aufgebaut

Neuer Garten – Zwei außergewöhnliche kleine Bauwerke sind im Neuen Garten wieder auferstanden: die Borkenküche am Schloss Cecilienhof und die ebenfalls mit Eichenrinde verkleidete Eremitage am Jungfernsee. Letztere war nach dem Mauerbau wegen der Grenzlage 1964 bis auf die Grundmauer geschleift worden – die Borkenküche verschwand bereits 1958 wegen Baufälligkeit.

Der Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG), Prof. Hartmut Dorgerloh, dankte den beiden Potsdamer Rotary-Clubs, durch deren Engagement der Wiederaufbau möglich war. „Es gibt ein großes Engagement von Menschen für Potsdam, die seit vielen Jahren im Stillen wirken und die mit dem Herzen dabei sind“, so der SPSG-Chef. Seit 2007 unterstütze der Rotary Club Potsdam den Wiederaufbau der Eremitage, seit 2010 engagiere sich außerdem der Rotary Club Potsdam am Alten Markt für die Wiedererrichtung der Borkenküche.

Zum Unterstützer-Kreis gehört Denkmalsanierer Roland Schulze, dessen Firma bereits maßgeblich beim Aufbau der Kirche am Neuendorfer Anger und bei der Wiederherstellung der Weinbergterrassen beteiligt war und ist. Hier im Neuen Garten setzte er die Borkenverkleidung praktisch um. Die Schwierigkeit: Zur Technologie der Gewinnung und Verarbeitung von Eichenborke im 18. Jahrhundert ist nichts überliefert. „Blattvergoldung ist in Deutschland leichter zu beschaffen als ordentliche Eichenrinde“, sagt Dorgerloh. Mit Unterstützung des Landesforstbetriebes Brandenburg gelang es, über 80 geeignete Eichen für das Vorhaben zu beschaffen. In dem betreffenden Waldstück stand die Fällung von Eichen zur Auslichtung ohnehin bevor.

Roland Schulze spricht von einer „sportlichen Aufgabe zum Pauschalpreis“. Mit Unterstützung der Forstprofis waren täglich fünf Eichen, die in einem Sumpfgebiet gefällt wurden, zu schälen und zu 60 mal 30 Zentimeter großen einwandfreien Stücken zu verarbeiten. Diese Arbeiten mussten zügig vonstatten gehen, denn nur Bäume im besten Saft kommen hierfür infrage. Bereits 2008 hatte der Landesbetrieb im Forst Eberswalde Versuche zur Gewinnung von Eichenborke angestellt. Dabei zeigte sich, dass die Bäume nur dann schälbar sind, „wenn sie im Frühjahr ausschlagen“. Schulze gelang es, geeignete Trocknungsverfahren zu finden, welche das Krümmen der frisch geschälten Stücke verhindern.

„Wir wussten nicht, wie es aussieht“, sagte Dorgerloh und zeigte sich gestern zufrieden und erfreut über das Ergebnis: Kunstvoll wirkt die Borken-Fassade mit dem im Wechsel waagerecht und senkrecht angeordneten Rindenmuster. Die zahlreichen Nägel blinken derzeit noch wie Silberschmuck auf der Borke. „Bald macht sie der Rost unsichtbar“, sagt Schulze.

Die „Borkenarchitektur“ ist eine Besonderheit des 18. Jahrhunderts. Dorgerloh erwähnt das Borkenhäuschen in Weimar und den Pavillon „Beelitzer Jagdschirm“ auf der Pfaueninsel. Der kleine Rundbau der Borkenküche im Neuen Garten wurde 1796 im Auftrag Friedrich Wilhelms II. als Küche für die nahe gelegene Muschelgrotte errichtet.

Die Eremitage, auch „Einsiedlerei“ genannt, entstand 1796 unter Leitung von Hofzimmerermeister Johann Gottlob David Brendel (1753-1803). Das fensterlose Gebäude auf einer kleinen Landzunge war mit Borke und vorgestellten Baumstämmen verkleidet, das Dach mit Rohr gedeckt. Äußerlich sollte der Bau eine schlichte Waldarbeiterhütte vortäuschen. Im Inneren aber war die als Ort der Meditation gedachte Hütte von namhaften Künstlern königlich ausgestattet worden: farbiger Marmor, furnierte Wandvertäfelungen, Schnitzereien, Intarsien und Marmorskulpturen. Günter Schenke

Günter Schenke

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