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Werder: Ausstellung zeigt Vereinsgeschichten aus Werder

Das Kunst-Geschoss zeigt bis zum 7. Januar die Ausstellung „Die Geschichte unserer Sportvereine“

Werder (Havel) - Die riesige Fahne des Ruderclubs Werder hat Frank Weber mit mehreren Angelschnüren an der Decke befestigt. Für die Ausstellung „Die Geschichte unserer Sportvereine“ hat der Kurator einiges auf sich genommen: „14 Tage haben wir inklusive Wochenenden komplett durchgeschuftet“. Normalerweise stellt Weber im Kunst-Geschoss Gemälde, Grafiken oder auch mal Plastiken aus. Nun sind es Volleybälle, Cheerleader-Uniformen, Medaillen, Pokale und Wettkampfplakate. Bis zum 7. Januar ist die Ausstellung immer donnerstags, samstags und sonntags jeweils von 13 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.

Brigitte Ahrenholz bringt gestern, am Tag der Eröffnung, noch ihre Olympia-Medaillen ins Kunst-Geschoss. Die 65-Jährige holte als Ruderin im Achter drei Mal olympisches Gold und zeigt, wie erfolgreich eine Vereinskarriere verlaufen kann. Angefangen habe alles mit einem Aufruf in der Zeitung, als Ahrenholz 14 war: „Dort wurde nach großen Mädchen für den Ruderverein gesucht.“ Ahrenholz bewarb sich mit ihren 1,70 Metern und wurde in den Folgejahren zu einer der besten Rudersportlerinnen der DDR. Das Vereinsleben habe sie Zusammenhalt gelehrt, aber auch Durchsetzungsfähigkeit, sagt Ahrenholz. „Gerade im Alter zwischen zwölf und 17 sind Sportvereine eine gute Möglichkeit, sich in der Gruppe behaupten zu lernen“, sagt sie. Als Erwachsene wurde Ahrenholz Ärztin und betrieb noch bis zu Anfang dieses Jahres eine chirurgische Praxis in Werder.

Wegen all der persönlichen Geschichten, die dahinter steckten, habe ihm das Kuratieren dieser Ausstellung besonderen Spaß gemacht, sagt Frank Weber. Viele der Exponate zeigen, mit wie viel Einsatz die Mitglieder in den vergangenen Jahrzehnten ihre Vereine unterstützten: das selbstgedrechselte Spielbrett des Schachvereins etwa oder der selbst hergestellte Tauchanzug, den Sportler des Tauchclubs Filmstadt Babelsberg zu DDR-Zeiten aus einzelnen Neopren-Resten schneiderten. Die Vereinsmitglieder hätten für die Exponate, unter denen auch viele Fotos sowie alte Wettkampftabellen sind, monatelang Archive durchforstet und Vereinskeller durchstöbert, so Weber. „Nicht alle hatten allerdings die Möglichkeit zu so aufwendiger Recherche“, räumt er ein. So habe sich etwa die Frauensportgruppe Glindow nie die Mühe gemacht, ein Archiv oder eine Chronik anzulegen. „Man trifft sich einfach nur seit vielen Jahren einmal die Woche und treibt zusammen Sport.“

Der Kurator ist selbst zwar in keinem Verein Mitglied, sagt er. Er spüre aber immer wieder, wie identitätsstiftend das gemeinsame Sporttreiben für die Bewohner der Stadt sei. Als Klaus-Dieter Bartsch, der Vorsitzende des Stadtsportbundes, vor einem Jahr die Idee hatte, die Historie der 43 Werderaner Sportvereine im Kunst-Geschoss vorzustellen, sei Weber darum sofort dabei gewesen.

Von den 43 Werderaner Sportvereinen präsentieren sich in der Ausstellung 17, „aber mehr hätten hier auch nicht reingepasst“, sagt der Kurator. Und hauptsächlich sei es ihm ohnehin darum gegangen, einen Treffpunkt für Gespräche zu schaffen. „Erst gestern kam noch jemand mit einem dicken Stapel alter Fotos vom Radsportverein Borussia zu uns“, sagt Weber. „Ich habe ihm gesagt, wir haben keinen Platz mehr, aber er soll sie zur Eröffnung mitbringen – da kann er sich mit anderen Besuchern darüber austauschen.“

Der Radsportverein ist mit seinem Gründungsjahr 1895 einer der ältesten Vereine der Stadt. Wie auch der Ruderverein bestand er während des Nationalsozialismus weiter. Diese Epoche wolle er in der Ausstellung nicht aussparen, sagt Weber. Sie bekommt jedoch auch keinen prominenten Platz. In einer Ecke hängt etwa eine Metallplakette, eine Siegerehrung für den Radsportverein aus der NS-Zeit. Wie die verschiedenen Sportvereine jeweils mit der Epoche umgegangen sind, wird allerdings nicht im Einzelnen thematisiert.

Vielmehr sollen die Ausstellungsbesucher in den kommenden zwei Monaten in Erinnerungen an gemeinsame Erfolge und Niederlagen schwelgen und die Kontakte zueinander weiter intensivieren. Denn das war laut Weber schon immer Zweck der Vereine: die zwischenmenschlichen Bande in Werder enger zu knüpfen. „Man kennt einander durch die gemeinsamen Aktivitäten und hilft sich dann gern auch außerhalb“, so Weber. Wer auf dem Spielfeld zusammenhalte, tue dies schließlich auch, wenn es privat mal nicht so gut läuft.

Ein Hauptproblem vieler Vereine in Deutschland scheint in Werder weniger dringlich zu sein: der Mitgliederschwund. Jeder siebte Bewohner der Stadt engagiert sich in einem Verein, was der Stadt vor einigen Jahren die Auszeichnung „Sportlichste Stadt Brandenburgs“ einbrachte. Viele Vereine kümmerten sich außerdem aktiv um die Rekrutierung junger Mitglieder, sagt Weber.

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