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Film ab. Produzent M. Reinecke und Darsteller C. Letkowski im Thalia.

©  M. Thomas

Kultur: Zweisame Einsamkeit

Produzent und Darsteller stellen Psychothriller „Die Vierhändige“ im Thalia vor

Von Sarah Kugler

Ein Trauma so groß, dass es die gesamte Persönlichkeit aufspaltet – davon erzählt Oliver Kienles Psychothriller „Die Vierhändige“, den der Produzent des Films, Markus Reinecke und Darsteller Christoph Letkowski am Samstagabend im Babelsberger Thalia-Kino vorstellten.

Genauer gesagt verschmelzen hier sogar zwei Persönlichkeiten zu einer: Die Schwestern Sophie (Frida-Lovisa Hamann) und Jessica (Friederike Becht) verlieren als Kinder durch ein grausames Verbrechen ihre Eltern. Zwanzig Jahre später leben sie noch immer zusammen. Doch während Sophie ihr Leben genießen möchte und eine Karriere als Pianistin ansteuert, ist Jessica davon besessen, ihre jüngere Schwester zu beschützen. Als die Mörder ihrer Eltern wieder auf freiem Fuß sind, rastet sie aus und es kommt zu einem Unfall. Nur eine Schwester überlebt – und übernimmt ab sofort beide Leben.

Die Persönlichkeitsspaltung konsequent zu erzählen habe Produzent Reinecke sofort an dem Projekt interessiert, wie er am Samstag erzählte. Tatsächlich ist es hochspannend den beiden Hauptdarstellerinnen dabei zuzusehen, wie sie immer wieder verschmelzen. Besonders Frida-Lovisa Hamann spielt die Zerrissenheit, in der sie sich befindet, bewegend gut. Vor allem in den Momenten, in denen sich ihr Charakter nicht mehr an die Momente erinnern kann, in der sie ihre Schwester gewesen ist.

„Frida hat von uns wahrscheinlich das größte Trauma zu bewältigen“, sagte Letkowski im Thalia. Er selbst – der einen Arzt spielt, der Sophie nach dem Unfall betreut – sei dahingehend verschont geblieben. Das Drehbuch habe ihn von Anfang an begeistert. Ambitioniert habe er es gefunden. Schließlich sei es eher unüblich, in Deutschland Psychothriller zu drehen. „Alles, was hier nicht unter Krimi oder Komödie verbucht werden kann, wird als Genrefilm bezeichnet“, sagte er. Im Filmgeschäft ein nicht gern gesehener Begriff. Zu groß sind die Befürchtungen, dass sich solch ein Film nicht verkauft.

Markus Reinecke hat den Film trotzdem produziert: „Solche Filme mache ich natürlich nicht für jeden, aber das ist letztendlich immer so“, sagte er am Samstag. Alle, die gerne spannend inszenierte Psychothriller sehen, sollten für „Die Vierhändige“ allerdings unbedingt ins Kino gehen. Sicher: Flackernde Lampen, ein altes Haus oder düstere Spiegelbilder sind keine neuen Psychoeffekte. Doch Regisseur Oliver Kienles beschwört eine ganz eigene Stimmung herauf. Allein wie er die unterschiedlichen Schwesterncharaktere bildlich herausarbeitet, ist faszinierend. Warme Farben und runde Formen für die eine, kalte, kantige Atmosphäre für die andere. Außerdem gibt es phänomenale Kamerafahrten: Besonders jene, die eine der Schwestern beim Auskundschaften eines Hauses begleitet. Wie eine Person duckt sich das Bild im Schatten, schleicht eine Treppe hinauf und bleibt irgendwann erschrocken stehen. Cineastisch gesehen braucht sich der Film überhaupt nicht zu verstecken und zeigt dazu noch zwei starke Frauencharaktere, die auch mal zuhauen dürfen.

Es bleibt zu hoffen, dass sich das deutsche Kino bald mehr solchen Projekten zuwendet und Genrefilme kein Produzentenalbtraum mehr sind. Sarah Kugler

„Die Vierhändige“, täglich im Thalia-Kino Babelsberg

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