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Zentrum für Popularmusik in Potsdam: Jetzt kommt Hilfe für Musiker in Brandenburg

Seit Anfang Dezember 2018 gibt es eine neue Anlaufstelle für Musiker in Brandenburg. Das Zentrum für Popularmusik soll die brandenburgische Rock- und Pop-Szene nachhaltig stärken.

Potsdam - Wenn es um die Musiklandschaft Brandenburgs geht, stellt Reiko Käske gerne folgende Frage: „Welchen berühmten Popmusiker aus Brandenburg kennen Sie eigentlich?“ Eine Frage, die oft unbeantwortet bleibt. Zu Unrecht, findet der Koordinator des Potsdamer Lindenparks: „Es gibt genügend kreative und talentierte Musiker hier“, so Käske. Aber im Gegensatz zu klassischer Musik, Oper, Theater und anderer Hochkultur wird Rock- und Popmusik immer noch stiefmütterlich behandelt, erhält kaum öffentliche Förderung. Von Anerkennung und Wertschätzung ganz zu schweigen.

Das Zentrum soll unter dem Dach der Stiftung SPI laufen

Das kürzlich gegründete Zentrum für Popularmusik (ZPOP) soll das ändern: Am 8. Dezember wurde in den Räumen des Lindenparks Brandenburgs erste und einzige Institution ins Leben gerufen, die Musikschaffenden und -lehrenden praktisch und theoretisch unter die Arme greifen soll. „Wir wollen die Lust am Musikmachen wecken“, sagt Thomas Oestereich, der Leiter des ZPOP.

Das ZPOP soll unter dem Dach der Stiftung SPI künftig vor allem praktisches Know-How an Musiker, Musiklehrer und Sozialarbeiter, die gerne mit Musik arbeiten möchten, weitervermitteln: Wie produziere ich Songs am Computer? Wie veröffentliche ich mein Album? Was für Möglichkeiten stecken in digitalen Synthesizern? Wie bewege ich mich im Musikbusiness? Welche Popsongs kann ich statt der immergleichen Volkslieder im Musikunterricht behandeln? Dieses Wissen und vieles mehr soll ein hochkarätiges Dozententeam 2019 in über 60 Workshops, Kursen, Weiterbildungen und Veranstaltungen an alle Interessierten weitergeben.

Oestereich sieht enorme Potenziale in der Popmusik

Das ZPOP legt Wert auf Professionalität. Dieser ernsthaften Haltung ist auch der etwas hüftsteife Name „Zentrum für Popularmusik“ geschuldet. „Es ist einfach eine öffentliche Aufgabe, die wir hier übernehmen“, sagt Oestereich. „In Sachen Förderung von Popularmusik ist bis vor kurzem in Brandenburg so gut wie nichts passiert.“ Dabei habe Popmusik enorme Potentiale für die kulturelle Landschaft: in der Bildung, in der Freizeit, in der Wirtschaft.

Oestereich weiß, wovon er spricht: Der Potsdamer Musiker hat selber vor zehn Jahren die bis heute bestehende Initiative „Mach Musik!“ mitgegründet, die sich mit Workshops, Feriencamps, Musikkursen und Bandcoachings vor allem an jugendliche Musiker zwischen sechs und 27 Jahren richtet. „Wir haben festgestellt, was für einen positiven Einfluss das auf Jugendliche und Musiklehrer hatte und wollten diese Erfahrungen gerne teilen.“ Aus dieser Idee ist schließlich das ZPOP entstanden, allerdings nicht ohne Startschwierigkeiten: Rund drei Jahre haben die Beteiligten um das Projekt gerungen, bemühten sich um Landesfördermittel, waren auf der Suche nach geeigneten Räumen, arbeiteten an einem Konzept, holten Partner wie die Filmuniversität Babelsberg, die LAG Soziokultur, die Landesmusikakademie Berlin oder Brandenburgs Pop-Beauftragte Franziska Pollin als Partner mit ins Boot. „Wir mussten ziemlich viele Leute von dem überzeugen, was wir tun wollten“, sagt Oestereich.

Die Deutsche Rockmusik Stiftung ist bereit, die Stadt Potsdam mit einer Summe von 500 000 Euro bei der Entwicklung eines Musikzentrums mit Proberäumen, Tonstudio, Büros und Café zu unterstützen.
Die Deutsche Rockmusik Stiftung ist bereit, die Stadt Potsdam mit einer Summe von 500 000 Euro bei der Entwicklung eines Musikzentrums mit Proberäumen, Tonstudio, Büros und Café zu unterstützen.

© Axel Heimken/dpa

Digitale Musikproduktion als Schulfach?

Immerhin sei Brandenburg ein sehr „klassisch“ orientiertes Bundesland: „Das hat auch alles seine Berechtigung, aber wir wollen gerne mit der Popularmusik auf Augenhöhe mit der klassischen Musik sein“, sagt Oestereich. Und Brandenburgs Musikszene sei groß: Über 50 Festivals fänden im Land statt, allein in Potsdam gebe es mehr als 50 Bands, in ganz Brandenburg seien es schätzungsweise mehr als 200, so Oestereich.

Das ZPOP verfügt über einen Seminarraum, eine Musikbibliothek, drei Computer-Produktionsplätze für digitale Musik sowie einen Bandraum mit Instrumenten, im nächsten Jahr sollen zwei weitere hinzukommen. Es seien aber explizit keine Proberäume, sondern Räume in erster Linie für Workshops und Kurse, betont Oestereich. Ohnehin liege der Fokus des ZPOP vor allem auf digitaler Musikproduktion, die heutzutage in Popmusik eine zentrale Rolle spiele, so Oestereich: „Trotzdem spielt digitale Musikproduktion im heutigen Musikunterricht fast noch gar keine Rolle, aber eines Tages müssen die Schulen auch in diese Richtung gehen.“

Donnerstags gibt es eine „Notaufnahme“

Neben den Workshops und Weiterbildungen, die im Februar starten werden, wird es immer donnerstags die „Notaufnahme“ geben, eine Art offene Musiksprechstunde, bei der jeder, der Probleme oder Fragen zum Thema Musikproduktion hat, Rat und Hilfe bekommt. Zudem werden mehrere Camps stattfinden, etwa das Bandcamp im Mai, bei dem drei Bands lernen können, wie man ins Musikgeschäft einsteigt, oder das Homerecording Camp im Oktober, das sich an Nachwuchsproduzenten richtet.

Oestereich und Käske glauben an das ZPOP, das eines Tages ähnlich wie die Deutsche Popakademie oder das Musikzentrum Hannover Ausstrahlung über die Landesgrenzen hinaus bekommen soll. „Mit der ZPOP wird in Potsdam ein Ort etabliert, der die Brandenburger Musikszene nachhaltig stärken wird“, ist sich Käske sicher.

» Mehr Informationen unter www.zpop-brandenburg.de.

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