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Unkonventionell, offen. So versteht sich das Fluxus-Museum in der Schiffbauergasse seit zehn Jahren. In der aktuellen Ausstellung lässt sich das einmal mehr erleben.

© J. Bergmann

Zehn Jahre Fluxus-Museum in Potsdam: Das Museum im Fluss

Das Fluxus-Museum präsentiert anlässlich seines zehnjährigen Bestehens eine neue Schau über die Geschichte der Bewegung.

Panta Rhei, alles fließt, mutmaßte schon der griechische Philosoph Heraklit. Diese Nachricht kam auch bei den Fluxus-Künstlern an, die das Potsdamer Museum FluxusPlus nun in einer neuen Präsentation zeigt. Fluxus, eigentlich aus dem Gedanken geboren, gerade keine museale Inszenierung zu sein, ist schon seit Langem in den Kunstmuseen dieser Welt und auch in Potsdam gelandet. Jetzt, anlässlich seines zehnjährigen Bestehens, installiert das Museum in den unteren Räumen eine Dauerausstellung, mit der es die Geschichte und die Entwicklung der Kunstrichtung illustriert. „Wir haben gemerkt, dass es ein Bedürfnis der Besucher gibt, schon am Eingang einen Einblick in die Geschichte von Fluxus zu erhalten“, erklärt Heinrich Liman, der Betreiber des Museums FluxusPlus.

In Wiesbaden, Köln, Düsseldorf und Darmstadt, aber auch international in New York und Tokio entstand Fluxus. Mit einem „Expanded Arts Diagram“ illustriert das Museum die verschlungenen Wege von Fluxus bis in die Gegenwart. Das „Kinesthetic Theatre“ mit Merce Cunnigham und Ann Halprin erhält ebenso seinen Platz wie das „Events Neo Haiku Theatre“ mit Ben Bautier und Walter de Maria. Neben zahlreichen Diagrammen, Fotos und Plakaten zur Geschichte gibt es auch eine Wanne mit Heu und eine danebenstehende Forke zu sehen. Damit hatten Fluxus-Künstler im Jahre 2007 in einer Performance in Potsdam bei einer Hommage an den Künstler Wolf Vostell ein Klavier gefüttert.

Die Fluxus-Geschichte beginnt in den 60er-Jahren an verschiedenen Orten und mit verschiedenen Protagonisten. Der Gedanke an Medienkunst lag Mitte der 1960er-Jahre nahe. Es musste etwas Neues her. Und das sollte ganz anders aussehen als bisherige Kunst. Viele der Akteure waren gelernte Musiker: Benjamin Patterson, John Cage, Karlheinz Stockhausen. Ihre Biografien listet das Museum in der Ausstellung. Die Musiker veranstalteten gemeinsame Fluxus-Aufführungen, bei denen Musik, oder jedenfalls der Klang, eine tragende Rolle spielte. Das schwarz-weiße Plakat einer Ausstellung im Museum Wiesbaden und im Nassauischen Kunstverein, das nun im FluxusPlus-Museum zu sehen ist, zeigt elegant gekleidete Männer, die mit ihren gelackten Schuhen und Maurerhämmern die Innereien eines Konzertflügels malträtieren. Das Bild dokumentiert eine Aktion aus dem Jahr 1962. Auf diese nahm eine Ausstellung in Wiesbaden im Jahr 1982 erneut Bezug.

Joseph Beuys und Wolf Vostell – dessen Arbeiten Schwerpunkt der Potsdamer Sammlung ist –, Yoko Ono und viele andere Künstler zählen sich zum Urgestein der Fluxus-Bewegung. Fotos dokumentieren ihre Aktionen. Ein toter Hase hängt an einer Tafel, während der Hut des Künstlers Joseph Beuys hinter dem Piano zu sehen ist. Auch Benjamin Patterson gehörte dazu. Eigentlich wollte das FluxusPlus-Museum den vielseitigen Künstler, wie bereits einige Male, nach Potsdam einladen. Aber Patterson verstarb im vergangenen Juni. Nun widmet das Museum ihm am 22. September eine Hommage. Der Kontrabassist Heiko Maschmann spielt Experimentelles.

Fluxus war offener, experimenteller als andere Kunstrichtungen und in seinem spielerischen Grundgedanken undogmatisch. Daher war Fluxus weniger an einen historischen Zeitpunkt gebunden und fließt noch immer. „Fluxus! Antikunst ist auch Kunst / 50 Jahre Fluxus“, verkündet ein Plakat der Staatsgalerie Stuttgart aus dem Jahr 2013 und bebildert die Ausstellung mit einem offensichtlich dysfunktionalen Kaugummiautomaten.

Es gab Konzerte mit Düsenjägertriebwerken, Honigpumpen und kritische Fotomontagen zum Vietnam-Krieg. Die Musik, oder genauer der Ton und was sich damit alles anstellen lässt, war genauso ein Ausgangspunkt wie das gemalte Bild, das sich in alle möglichen Richtungen dekonstruieren ließ. Die Partitur der „Drip Music“ von George Brecht, zu sehen in der Ausstellung, liest sich recht kurz: „Eine Quelle mit tropfendem Wasser und ein Gefäß werden so arrangiert, dass das Wasser in das Gefäß tropft.“

Auch künftig wird die nun als Dauerausstellung im Erdgeschoss konzipierte Schau sich wandeln. „Wir werden verschiedene Schwerpunkte setzen und die Ausstellung immer wieder um Neues ergänzen“, sagt Betreiber Heinrich Liman.

Die Ausstellung „permanentFluxus“ ist mittwochs bis sonntags von 13 bis 18 Uhr zu sehen. Eintritt frei. Hommage an Ben Patterson am 22. September um 19 Uhr im Atrium des Museums

Richard Rabensaat

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