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Damit die Bühne nicht leer bleibt. Im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte diskutierten Kulturschaffende und Politiker über die Frage „Wie geht’s weiter mit der Kultur in Brandenburg?“.

©  dpa

Kultur: Zahlen nennt keiner

Ein Abend im Kutschstall zur Frage „Wie geht’s weiter mit der Kultur in Brandenburg?“

Das Thema Kultur und ihre öffentliche Förderung brennt vielen unter den Nägeln. Ansonsten wären wohl kaum so viele Abgesandte aus Kunstschulen, Theatern und soziokulturellen Projekten aus allen Teilen Brandenburgs am Mittwochabend auf Einladung der Friedrich-Ebert-Stiftung ins Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte geströmt, um zum Thema „Wie geht’s weiter mit der Kultur in Brandenburg?“ mit Vertretern vom Bund und vom Land Brandenburg ins Gespräch zu kommen.

Vorab hatten die Herrn aus den Regierungsebenen, Burkhard Blienert, Mitglied des Bundestages, und Martin Gorholt, Staatssekretär im Potsdamer Kulturministerium, Gelegenheit, die Problematik aus ihrer Sicht zu schildern. Sie taten dies mit Schlagworten wie Kulturpolitische Strategie 2012, Länderfinanzausgleich, Kreisgebietsreform, Digitalisierung und Globalisierung, Demografischer Wandel, Kulturelle Bildung und Teilhabe sowie Modellregionen und Leuchtturmprojekte, um die wesentlichsten zu nennen. Martin Gorholt sagte außerdem, dass die Kultur in der vergangenen Legislaturperiode in Brandenburg nicht unterfinanziert gewesen sei.

Damit steckten sie den Rahmen ab, in dem sich die Diskussion um die kulturelle Förderung in Brandenburg in der neuen Legislaturperiode an diesem Abend und in Zukunft bewegen würde. Beide nannten dabei so gut wie keine Zahlen und blieben auch sonst im Konzeptionellen. Detlef Franke von der LAG Soziokultur Brandenburg e.V. wurde dagegen sehr konkret. Er rechnete vor, wie die Soziokultur im Land – es gibt 30 Zentren – mit einer Ausstattung an vollfinanziertem Personal in der Größe des Potsdamer Hans Otto Theaters die gleiche Anzahl an Interessenten erreicht wie alle Theater im Land Brandenburg zusammen.

Wie die Soziokultur das auch noch flächendeckend macht, ist kein Geheimnis: zusätzliche Honorarkräfte, Ehrenamtliche, Praktikanten, FSJler und Auszubildende, alle mit viel Herzblut, leisten das, was in den von den Kommunen (noch) geförderten Kultureinrichtungen von hauptberuflich angestellten Kulturschaffenden geleistet wird. Doch es ging Franke nicht um eine Neiddebatte, sondern darum, davor zu warnen, die Soziokultur – die Sub- und Jugend- sowie migrantische Kulturen mit einschließt – bei strukturellen Überlegungen außen vor zu lassen und nur „klassische“ kulturelle „Leuchttürme“ im Land nachhaltig zu fördern.

Die ganz konkreten Sorgen aus dem Land kamen dann auch in der anschließenden einstündigen Diskussion zur Sprache: Wie werden kleine Einrichtungen, wie beispielsweise das Einsteinhaus in Caputh, mit dem ab 1. Januar zu zahlenden Mindestlohn von 8,50 Euro fertig? Wie kann strategisch sichergestellt werden, dass die 136 Bürger von Gottsdorf vor Ort weiter ihre vielfältigen kulturellen Aktivitäten verfolgen können? Und wie soll es beispielsweise das Theaterschiff Potsdam schaffen, ohne ausreichende Finanzierung die eigene Professionalisierung weiter voranzutreiben?

Olaf Zimmermann vom Deutschen Kulturrat warnte davor, nach Wegfall des Solidarpaktes II keine Kompensation dafür zu schaffen oder in der Abwägung von freiwilligen und Pflichtaufgaben von Kommunen Soziales gegen Kultur auszuspielen. Er sagte außerdem, dass es enorm schwierig sei, den Ist-Zustand des demografischen Wandels wirklich zu erfassen und rief dazu auf, das Bundesprogramm „Kultur macht stark“ trotz vieler Umsetzungsschwierigkeiten zu einem Erfolg werden zu lassen. Denn dieses Geld vom Bund, bis 2017 bundesweit insgesamt 230 Millionen Euro, würde besonders die Aktivitäten vor Ort, vor allem in der Fläche, stärken.

Eine kulturpolitische Vision für 2030 wollte eine Vertreterin der Kunstschulen von Staatssekretär Gorholt zum Abschluss hören. Doch was dieser aus dem Ärmel zog, hatte mehr mit gesundem Pragmatismus als mit einer strahlenden Zukunftsperspektive für alle zu tun. Und so darf man gespannt sein, was unter der gerade angetretenen Landesregierung und in der neuen EU-Förderperiode bis 2020 an kreativen Lösungen gefunden wird, um das Kulturland Brandenburg in allen seinen Teilen mit vielfältigem Leben zu erfüllen. Die Aussage der alten und neuen Kulturministerin Sabine Kunst von 2012 – „Kulturpolitik darf sich nicht in einem Automatismus der Dauerförderung erschöpfen“ – wird dabei wohl ihre Gültigkeit behalten.

Astrid Priebs-Tröger

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