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Kultur: Wortakrobaten

„Potslam“ im KuZe heißt jetzt „Potshow“

Der Theatersaal des KuZe platzte am Mittwoch wieder aus allen Nähten. Insofern hatte sich nichts verändert. Denn die Poetry-Slam-Nächte, die dort regelmäßig veranstaltet werden, ziehen vor allem Schüler, Azubis und Studenten in solchen Scharen an, dass der etwa 60 Quadratmeter große Saal fast immer überfüllt ist, wenn die Berliner Slammer Marc-Uwe Kling und Sebastian Lehmann den Potsdam-Ableger ihrer zahlreichen Aktivitäten veranstalten. Bisher lief das so, dass sie eigene Texte zum Besten gaben und einen Wettbewerb meist zwischen einem halben Dutzend Slammern veranstalteten, dessen Sieger natürlich vom Publikum gekürt wurden.

Das „Applausometer“ war dabei ein zuverlässiger Gradmesser der Publikumsgunst. Und dieses Relikt aus den früheren Wettbewerben wurde auch jetzt nicht über Bord geworfen, sondern gleich an den Anfang gestellt. Ansonsten galt: Kein Wettbewerb und keine Regeln mehr! Dafür offene Mikrofone für die, die Lust haben, eigene Texte zum Besten zu geben. Toll, dass sich an diesem Abend drei weitere Wortakrobaten trauten, neben Kling und Lehmann in den Ring zu gehen. Die sind zwar überragend und zuverlässig gut, aber die besondere Atmosphäre eines Slams lebt schließlich davon, dass Überraschungen und unbekannte Talente inklusive sind.

Neu war, dass sich die Veranstalter zwei Gäste eingeladen hatten, die beide keine Unbekannten in der Slam- und Kleinkunstszene sind. Der Berliner Liedermacher Jan Koch sang dabei zur Gitarre melancholische „Liebeslieder“ der besonderen Art und der hörbar schwäbelnde Kaberettist Michael Krebs ergriff in seinem zweiten Song am Klavier und einem „Chor der Sarrazinen“ integrative Maßnahmen fürs anhaltend vergnügte Publikum. Das hatte von den ersten Minuten an, als Marc Uwe Kling eine seiner berühmten Känguru-Dialoge zum Besten gab, bei deutlich politischem Hintergrund trotzdem etwas zu lachen. Denn wie das couragierte Viech mit jungen Nazis umspringt, ließ neben gehöriger Zivilcourage jede Menge Schlitzohrigkeit aufleuchten. Klasse, wie die Nazis und sogenannte anständige Bürger vorgeführt wurden, nur, weil das Känguru sie wirklich beim Wort nahm.

Nach periodischem Wechsel zwischen Darbietungen der „Hausherren“ und ihrer Gäste standen Kevin, Patrick und Daniel am Mikrofon. Während erstere ganz persönliche (Liebes-)Erfahrungen und -empfindungen mutig zum Besten gaben, hat Daniel Wagner aus Lörrach seine „Autobiografie“ bereits auf die zukünftige Zeit im Seniorenheim ausgedehnt und zwerchfellerschütternd die späten Folgen der heutigen Jugendkultur prognostiziert.

Um selbige ging es immer wieder und Sebastian Lehmann erntete viele verständige Lacher, als er verstrubbelt und im karierten Hemd die unzähligen Hinderungsgründe für eine optimale Magisterprüfungsvorbereitung in Worte fasste.

Nach zwei Stunden und dem berühmten Krebs-Song vom „Mädchen von der Jungen Union“ war dann (leider) ganz schnell Schluss. Aber am Titel der Show hatten ihre Macher doch noch einiges zu kritteln. Und „Potshow“ ist nun wirklich nicht sonderlich originell. Aber den scharfzüngigen Wortakrobaten wird schon noch was Besseres einfallen oder vielleicht lassen sie einfach mal das Publikum ran, das bestimmt Lust hat, auf diese Weise selbst kreativ zu werden.

Astrid Priebs-Tröger

Nächste „Potshow“ am 2. März um 20.30 Uhr im KuZe.

Astrid Priebs-Tröger

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