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Kultur: Wolkentheater

Peter Wilde in der Galerie Samtleben: Meditative Landschaftsschilderungen

Diese Bilder sind nicht für rastlose Zeitgenossen gemalt. Auf den ersten Blick gibt es nicht viel, woran ein erlebnishungriges Auge sich festhalten könnte: eine karge Winterlandschaft mit Steg an einem See, eine winzige Kapelle unter südlichem Himmel oder aufwühlende Gewitterstimmungen am Bodden. Kaum Menschen, so gut wie keine Gebäude oder sonstige Spuren moderner Zivilisation. Und doch ziehen die zwei Dutzend Ölbilder, die der Potsdamer Maler und Szenograf Peter Wilde in seiner ersten Personalausstellung in der Galerie von Ute Samtleben ausstellt, denjenigen, der sich auf sie einlässt, beinahe unmerklich in ihren Bann.

„Wolkenbilder“ malt er, seit er vor vier Jahren aus der ehemaligen Villa Rumpf in der Berliner Vorstadt an den Stadtrand umgezogen ist. „Es ist Theater, was sich da abspielt“, sagt der schmale Mann fasziniert. Jede Minute verändert sich was, genau wie in der Landschaft, die zu jeder Jahreszeit anders ist. Das sind scheinbar Allgemeinplätze. Doch wer hat, gerade heutzutage, schon die Muße, sich darauf einzulassen. Wilde hat sie. Nicht erst, seit der 68-Jährige nicht mehr als Szenenbildner für Film und Fernsehen arbeitet, was neben der Malerei immer ein „privilegierter Broterwerb“ war, sondern sie scheint, gepaart mit inniger Naturverbundenheit, ein Grundzug seines Wesens zu sein.

Und so gibt es immer wieder Sonnen- auf- und Untergänge, ausdrucksstarkes Wetterleuchten und andere Himmelsschauspiele in expressiven Farbgebungen zu sehen: Magenta, lila oder schwefelgelb über blaugrünen Höhenzügen beispielsweise. Oder einen saftig grünen „Ostersonntag“ in Gestalt einer feuchten Auenlandschaft. Man kann diesen Frühlingstag förmlich erklingen lassen oder sogar riechen, wenn man eine Weile davor gestanden und eigene innere Landschaften „heraufgeholt“ hat. Etwas Ähnliches passiert, betrachtet man die einsame schemenhafte Gestalt am nebligen Ufer eines Flusses im Winter etwas länger. Sehnsucht nach etwas Warmem und auch ein wenig Wehmut stellt sich ein.

Melancholie beschleicht einen ebenfalls bei der Szenerie, die sich auf dem Bild gleich am Eingang der Galerie bietet. Eine riesige alte Buche, die aus mehreren ineinander eng verschlungenen Einzelstämmen zu bestehen scheint, füllt das großformatige Bild beinahe gänzlich aus. Ein die Zeiten überdauerndes Monument von großer Kraft. Ihr zu Füßen steht eine winzige zerbrechlich wirkende Bank, auf der ein Paar mit Blick auf einen See sitzt. Voneinander abgewendet, wie man erst beim genaueren Hinsehen bemerkt.

Und das scheint die besondere Qualität dieser durchgängig sehr impressiven Landschaftsschilderungen zu sein. Selbst auf das Wesentliche reduziert, oftmals geradezu ätherisch anmutend, ermöglichen sie eine nahezu meditative Versenkung in eigene Innenwelten. Und damit „zwischen Himmel und Erde“ ein Ankommen im Hier und Jetzt. Und das ist ja möglicherweise gerade auch das, was stressgeplagte Mitmenschen am dringendesten brauchen.

Astrid Priebs-Tröger

Bis 9. Juni, Mo bis Fr von 14 bis 18 Uhr, Sa von 11 bis 14 Uhr geöffnet

Astrid Priebs-Tröger

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