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Unterwegs im Land der Trolle. Silvia Ladewig (l.) und Cosima Hoffmann erzählen und besingen nordische Mythen.

© Manfred Thomas

Kultur: Wo es dunkel ist und knistert

„Eibenklang“ erzählt, musiziert und besingt „Die abenteuerliche Reise des Skalden Rotzopf“

Sie ist hochgiftig und hilft doch gegen das Sterben. Für Silvia Ladewig ist die Eibe der Baum des Lebens. Die tief in der Sagenwelt schürfende Erzählerin hat sich ausgiebig auch mit Botanik beschäftigt. Kenntnisreich erzählt sie, dass sich die immergrüne Eibe aus sich selbst heraus verjüngen kann und dass der einzige essbare Teil, der fleischig rote Samenmantel, aufgrund seines Wirkstoffs Taxol in der Chemotherapie gegen Krebs eingesetzt wird. Als sich die Potsdamerin vor knapp einem halben Jahr mit den beiden Musikern Cosima Hoffmann und Florian Hellbach zusammenschloss, dachte sie sofort an den Namen „Eibenklang“. „Die Eibe verbindet sich für mich mit einem tiefen Ton. Sie steht da, wo es dunkel ist und hat etwas Urgründiges“, so Silvia Ladewig.

Ihr Namensvorschlag fand sofort die Zustimmung der Musiker. „Unsere Instrumente, die Drehleier und der Dudelsack, weisen auch einen warmen erdigen Unterton auf, den Bordun“, sagt Cosima Hoffmann. Und in ihren Geschichten, die sie fortan gemeinsam auf die Bühne bringen werden, geht es ebenfalls sehr urgründig zu. Nach ihrem Debüt im Dezember bringt „Eibenklang“ am morgigen Freitag ihr erstes großes Programm auf die Bühne. In der mit Schafsfellen ausgelegten Jurte im Nomadenland am Volkspark erzählen und besingen sie „Die abenteuerliche Reise des Skalden Rotzopf“. Diese Geschichte nach nordischen Motiven hat sich Silvia Ladewig selbst ausgedacht. Doch es gibt viele Motive aus der Mythologie, auf die sie dabei zurückgreifen konnte. Wie auf den Rätselwettstreit, den es auch in der gerade in den Kinos laufenden „Hobbit“-Verfilmung gibt. Denn Fantasyautor J.R.R. Tolkien beruft sich im Wettstreit zwischen Gollum und Bilbo ebenfalls auf die nordische Mythologie.

Silvia Ladewig, die Frohnatur mit den langen blonden Zöpfen, gibt schon mal eines ihrer Rätsel preis, das sie morgen im flackernden Kerzenschein stellen wird, wenn Odins Adler gegen Rotzopf antritt. „Wer ist der Mächtige, der über die Marken zieht? Wer frisst Wasser und Wald? Wind scheut er. Bewaffnete nicht. Doch versehrt er den Sonnenschein.“ Das Publikum darf natürlich miträtseln. Doch der Gewinner wird wohl Rotzopf werden, dem als Preis eine Feder mit der magischen Kraft des allsehenden Adlers winkt. Auf seiner Reise der Erkenntnis wird der junge Mann beweisen, dass er nicht nur erzählen, sondern auch handeln kann. Wie ein echter Skalde sitzt er anfangs nur in Königshäusern herum und berichtet in Musik und Dichtung von Heldentaten anderer Leute. Rotzopf hat die schönste Stimme weit und breit, schaut gern Weiberröcken hinterher und säuft, was der Becher hergibt. Aber der tatendurstige Jüngling wird schließlich selbst zum Helden, denn er zieht hinaus, erlebt Abenteuer mit Trollen und Riesen, wird gar in einem Schwertkampf verwickelt. Am Ende kann er Geschichten erzählen, die er selbst erlitt. Aus Fleisch und Blut.

Auch Silvia Ladewig erzählt viel von sich selbst, wenn sie sich in ihre Gewänder hüllt und vor das Publikum tritt. Sie zeigt nur auf einen abgebrochenen Schneidezahn in ihrem Mund. „Das war ein Berggeist“, sagt sie geheimnisvoll. Wenn sie morgen zu dritt durch den Schnee stampfen und sich auf ihrer Winteralm hinter der Biosphäre am knisternden Feuer des Kaminofens niederlassen, wird das Erzählen von einem breiten musikalischen Teppich mitgetragen. Laute, Schellen, Glockenspiel verzaubern die Reise in die Fantasie zum warmen tiefen Eibenklang.

Dieses Zusammengehen begann, nachdem Cosima Hoffmann vom Berliner Duo „Kleine Sekunde“ die Babelsberger Märchenerzählerin Silvia Ladewig auf der Bühne erlebt hatte. Die Minnesängerin, die auf Drehleier und Drehorgel gern Musik aus dem Mittelalter spielt, hatte vor, sich verstärkt mit nordischer Musik zu beschäftigen. Sie fragte die versierte Geschichtenkennerin Silvia Ladewig, die sonst solo als „Silberner Zweig“ unterwegs ist, ob sich nicht schwedische Folkmusik und nordische Märchen miteinander verschränken lassen. Silvia Ladewig zeigte sich begeistert und suchte nach einer passenden Geschichte, die sich instrumental weitertragen lässt.

Nach dem Auftakt mit „Die Zaubermühle“ geht es nun um den Skalden. Florian Hellbach, der dritte im „Eibenklang“-Bunde, hatte den Wunsch, dass Rotzopf statt Harfe, wie ursprünglich geplant, nun wie er Laute spielt. Denn der Musiker ist dem Skalden schon äußerlich nah, auch er trägt einen Rotzopf. „Diesem Wunsch bin ich natürlich nachgekommen und auch dass es am Ende zu einer glücklichen Liebe zwischen Rotzopf und Völva, der Priesterin, kommt, wie es Cosima gern wollte. Man muss ja seine Musiker bei Laune halten“, sagt Silvia Ladewig und lacht herzlich und ungezwungen. Musik und Text sind einander zugewachsen. Silvia Ladewig wird nicht nur in ihrer dynamisch-dramatischen Art erzählen, sondern nun auch singen, zweistimmig mit Cosima Hoffmann. „Ich bin immer ganz fasziniert, wenn verschiedene Künste zusammenfinden“, so Cosima Hoffmann, die gern auch mal zum Walzer oder zur Polska und Polka aufspielt. Die studierte Informatikerin ist über die Liebe zu einem Minnesänger selbst zur Minnesängerin geworden. Und wenn „Rotzopf“ seine Völva erfolgreich verführt hat, gibt es als Nächstes erotische Märchen mit lüsternem Minnegesang, verspricht die Musikchefin.

Und wie war nun des Rotzopfs Rätsels Lösung? Natürlich: Der Nebel ist’s, der Wasser und Wald frisst. So viel sei schon mal verraten aus der dunklen Welt des Eibenklangs.

Freitag, 25. Januar, 20 Uhr, Zelt im Volkspark hinter der Buga-Halle, Eintritt 11/erm. 8 Euro. Karten unter Tel.: (0176)30005151

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