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Wird dem Filmklassiker nicht gerecht: "Harold und Maude"-Premiere am Hans-Otto-Theater

"Harold und Maude" feierte am Wochenende Premiere am Hans Otto Theater. Rita Feldmeier spielt in dem Stück ihre letzte Hauptrolle.

Potsdam - Im Falle der Potsdamer Bühnen-Inszenierung von Hal Ashbys „Harold and Maude“-Verfilmung muss leider schon eingangs gesagt werden: Unter der Regie der Intendantin des Hans Otto Theaters, Bettina Jahnke, wurde weder dem Filmklassiker von 1971 noch der Schauspielerin Rita Feldmeier Ehre erwiesen. Feldmeier ist seit 1976 festes Ensemblemitglied am Hause und verabschiedet sich mit dem Ende dieser Spielzeit – dann ist die Schauspielerin 66 Jahre alt – von ihrer Heimatbühne, auf der sie im Jahr 2002 den Potsdamer Theaterpreis verliehen bekam. Die Rolle der knapp achtzigjährigen Maud, mit der sie hier besetzt ist, ist zugleich Rita Feldmeiers letzte Hauptrolle am Hans Otto Theater, mit der sie am Wochenende Premiere hatte.

Nachdem Maude ihren Auftritt in Erwartung einer Beerdigungsfeier unterhalb der Kirchenbank auf der Suche nach ihren verschütteten Knabbernüssen begonnen hat, sehen wie sie in ganzer Größe: Sie trägt ein buntkariertes Kleid, lila Strumpfhosen, gelbe Schnürschuhe und einen ebenso lackgelben Rucksack auf dem Rücken. Dem ihr noch unbekannten jugendlichen Harold, der im Gegensatz zu ihr eher farblos in der Kirchenbank klemmt, bietet Maude neben den erwähnten Nüssen auch Orangen zum Verspeisen an. Harold wiederum war schon zu sehen, als sich der Vorhang hob. Er hing mit dem Hals in der Schlinge von der Decke des heimischen Wohnzimmers herab. Diesen jungen Lebensmüden, der ebenso gern wie Maud Beerdigungen besucht, die ihn persönlich eigentlich gar nicht betreffen, wird von David Hörning gespielt, der in diesem Stück seine erste Hauptrolle auf der Potsdamer Bühne gibt.

Diese Mischung aus traditionell erscheinendem Kleiderkaro und bunter Peppigkeit (Bühne und Kostüme: Matthias Müller), mit der die weißhaarige Maud äußerlich auftritt, illustriert etwas von den Versuchen, mit denen sich dem fast fünfzig Jahre alten Stoff hier angenähert wird: etwas altes Bekanntes, Erfolgreiches nochmals aufzupeppen. Und dabei geht es laut zu und turbulent. Mal steht ein Sarg in Flammen, dann werden Dynamitpäckchen krachend gezündet oder es knallt ein Schuss. Und am Ende schenkt Harold Maud zu ihrem achtzigsten Geburtstag, der zugleich ihr frei gewählter Todestag ist, ein aufstellbares Herz, aus dem wiederum die Flammen lodern.

Was in der reichlich zwei Stunden dauernden Spielzeit mit einer Pause zwischen den beiden ungleichen Liebenden geschieht, hat leider gar nichts von der anrührenden Liebesgeschichte im Film, die sich dort allmählich entlang der Songs von Cat Stevens entspinnt.

Peinlich berührt

An diesem Premierenabend passiert alles Knall auf Fall und wirkt daher nicht nachvollziehbar. Maudes mit Koffern, Kisten, Matratze und ein bisschen Trashkunst ausgestattetes Zimmer grenzt auf einer Drehbühne mit der Rückwand an den mit einigem Geld ausgestatten Salon der Mutter von Harold. Diese überspannte Frau mit schwarzem Pagenschnitt im Leopardenlook (Bettina Riebesel) kann und will, nicht nur beim Ausfüllen seiner Datingunterlagen, ihren Sohn nicht von ihrer eigenen Person und ihren Bedürfnissen unterscheiden und erfüllt damit in ihrer lieblosen Art alle Merkmale einer narzisstischen Mutter. Die hier mit dem Rücken zu Mrs. Chasen lebende Maude sollte ja eigentlich die Sympathieträgerin sein, auch im Gegensatz zu den von der Mutter für Harold vermittelten jungen Frauen (allesamt von Ulrike Beerbaum gespielt). Aber leider ist sie das nicht. Sie wirkt mit ihrem Leguan im Koffer und ihrem Bäumchen, das sie in den Wald bringen will, sowie mit all ihrem anderen, von unablässigen Lehrsätzen über die richtige Art zu leben grundiertem Tun, nicht minder anstrengend. In dieser Bühneninszenierung erinnert nichts an die wissende, ja zuweilen weise, kraftvoll und auch zart-zerbrechlich wirkende Maude, die Ruth Gordon einst verkörperte. Rita Feldmeiers auf eine Stehleiter kletternde, pfeifende, die Empfindsamkeit der Blumen preisende Maud, die selbst am liebsten eine Sonnenblume sein will, bleibt eindimensional und gleitet nicht selten ins Kindische ab. Auch ihr unvermittelter Tränenausbruch, während dem sie Mitgefühl für Harold und manches andere bekundet, berührt eher peinlich.

Musik von Lou Reed rettet den Abend nicht

David Hörning als Harold wirkt überwiegend ungelenk, die Liebe zu dieser viel älteren Frau kann man ihm an keiner Stelle dieses Abends abnehmen. „Ich mag dich so“, platzt es unvermittelt aus ihm heraus. Maud kontert mit einem „Ich mag dich auch“. Und schon geht es eilig holpernd weiter zu einer neuen Station ihres unermüdlichen Aktionismus. Gesungen muss jetzt werden oder getanzt oder Harold muss Banjo spielen lernen und dabei die Musik nur so aus sich „herausströmen“ lassen. Oder einen anderen Ratschlag aus Maudes bunter Sprüchekiste befolgen.

Ein bisschen Atmosphäre bringen die kurzen musikalischen Einspielungen, die wiederholten Anklänge an Lou Reeds „Perfect Day“. Aber dieses Trostpflästerchen rettet den Abend natürlich nicht.

Carolin Lorenz

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