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Kultur: Wie Mohnblüten

Lebendiger Austausch: Familienfest und chinesische abstrakte Malerei im Kongresshotel am Templiner See

Anette Mertens ist erschöpft und zufrieden zugleich. Das chinesisch-deutsche Familienfest, das im Rahmen der Asiatischen Kulturwochen im Kongresshotel am Templiner See am Wochenende stattfand, war ein Erfolg. Etwa 200 Besucher kamen in den Bambusgarten des Hotels, indem sowohl eine traditionelle Teezeremonie als auch ein fernöstlich inspiriertes Kinderfest geboten wurden. Außerdem liefen chinesische Filme, wurden Kalligrafie, Gongfu und Taiji vorgeführt. Doch die Höhepunkte waren sicherlich die Präsentationen der modernen chinesischen bildenden und darstellenden Künstler, die Anette Mertens als Chefin der Potsdamer „Teehausgalerie“, einer Gesellschaft für deutsch-chinesischen Künstler- und Kulturaustausch, organisiert hatte.

Im geräumigen Foyer des Hotels hängen noch bis Ende August fast 50 großformatige abstrakte Ölmalereien. 22 Künstler aus den verschiedenen Landesteilen Chinas, alle zwischen 1940 und 1977 geboren, haben sie in den vergangenen Jahren gemalt. Und der Einfluss der westlichen Moderne, speziell der abstrakten Malerei, ist bei fast allen unübersehbar. Denn die sei bei den chinesischen Künstlern auf fruchtbaren Boden gefallen, sagt Anette Mertens, die selbst studierte Sinologin und Keramikerin ist, und die aktuelle Kunstentwicklung vor Ort schon ein paar Jahre aufmerksam beobachtet. Jetzt hat sie Tan Genxiong mit seinen farbstarken Impressionen über die „Verbotene Stadt“ wie auch Yan Chao mit seinen „Schiffchen“, die an chinesische Beamtenmützen erinnern und auch in traditionellen Totenritualen eine Rolle spielen, nach Potsdam geholt.

Nicht nur diese beiden Künstler interpretieren traditionelle Themen mit modernen Mitteln neu. Zhang Haizhou beispielsweise experimentiert in seinen, von der herkömmlichen Tuschemalerei inspirierten, Landschaften jetzt mit mehrfach aufgetragener Ölfarbe, denn damit lassen sich ungewohnte reliefartige Oberflächen herstellen. Und Yehan Wang schuf eine fast drei quadratmetergroße, wie dichtgewebter Stoff erscheinende vielfarbige Oberfläche, die das Problem der immens verdichteten Megacities thematisiert. Aber auch der in China und inzwischen in Europa sehr bekannte Zen-Maler Qui Shihua hat eine Landschaft ausgestellt. Allerdings braucht der hiesige Betrachter viel Geduld und Offenheit vor der scheinbar völlig weißen Leinwand, um deren gemalte Essenz aufzuspüren.

Sehr viel mehr Farbigkeit und eine ganz unmittelbare Wirkung hatten hingegen die modernen Tänze, die Studenten der Shanghai International Culture Assoziation zum Abschluss des Festes im Kongresssaal des Hotels aufführten. Im Stück „Schöner Frühlingswind“ wippten die wunderbar anmutigen Tänzerinnen wie Mohnblüten in einem sommerlichen Feld. Ein Feuerwerk männlicher Leidenschaft entzündeten gleich danach drei sehr akrobatische junge Männer mit Glöckchen an den Fesseln und Blüten zwischen den Lippen. Aber auch bei dieser einstündigen bildschönen und -starken Vorführung war zu spüren, mit wie viel Experimentierlust die chinesischen Tänzer traditionelle und moderne Motive in Musik, Choreografie und Kostümen miteinander mischen und neu interpretieren.

Zum direkten und ungemein lebendigen Austausch kam es auch während des ganztägigen Künstlerworkshops, bei dem unter anderem die Potsdamer Malerinnen Beret Hamann und Annette Strathoff die Gelegenheit hatten, mit ihren chinesischen Kollegen zum Thema „Zeichen“ zu experimentieren. Die dabei entstandenen Ergebnisse werden im September in einer Extraausstellung in der Potsdamer Urania präsentiert.

Ausstellung „Chinesischer Wind“ - abstrakte chinesische Malerei noch bis 24. August im Foyer des Kongresshotels am Templiner See, in der Nähe des ehemaligen Bahnhofs Potsdam-Pirschheide.

Astrid Priebs-Tröger

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