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Klaus Runze, Großneffe der Malerin Hannah Schreiber de Grahl (1864-1930), bei der Übergabe von Kunstwerken der Künstlerin im Potsdam-Museum.

© Ralf Hirschberger/dpa

Werke fürs Potsdam-Museum: Der colorierte Faden der Erinnerung

Klaus Runze, Großneffe der Künstlerin Hannah Schreiber de Grahls, übergab dem Potsdam-Museum drei Werke der Malerin.

Sie haben sich nur knapp verpasst. Als Hannah Schreiber de Grahl im April vor 88 Jahren starb, dauerte es noch ein Vierteljahr, bis der Enkelsohn ihrer Schwester Irma zur Welt kam: der kleine Klaus. Dieser nunmehr 88-jährige rüstige Großneffe kam gestern ins Potsdam Museum, um der Stadt drei Bilder aus dem Nachlass seiner Großtante zu übergeben. Das kleine dunkle Ölbild mit dem Titel „Mondlandschaft“, datiert auf 1888, malte Hannah Schreiber de Grahl mit gerade 24 Jahren. „Es hing im Treppenhaus bei meiner Großmutter in Lichterfelde und meine Mutter sagte immer: ,Das ist das erste Bild, das Tante Hannah gemalt hat.’ Und wenn meine Mutter etwas sagte, konnte man sich darauf verlassen“, so Klaus Runze, der selbst Künstler ist und sich der Musik verschrieben hat.

„Das Leben meiner Tante Hannah ist wie ein colorierter Faden durch die Erinnerung unserer Familie gewesen“, sagt er und erzählt auch von dem großformatigen Bild „Uferlandschaft am Schwielowsee“, das er ebenfalls dem Museum schenkte. Das hing viele Jahre bei Hannahs zweiter Schwester Anita im Wohnzimmer, bis sie 1946 kinderlos starb. Es sei nicht ganz fertiggestellt, zeige aber den typischen Malstil, das Skizzenhafte, den virtuosen Strich der Großtante (1864-1930). Die hat sich sehr von Karl Hagemeister, einem der bekanntesten Vertreter der Havelländischen Malerkolonie, inspirieren lassen und zog mit ihm hinaus in die Natur. Sie bauten ihre Staffeleien wohl des Öfteren nebeneinander auf, wie vergleichbare Seestücke, Wiesenlandschaften oder Wolkenzüge zeigen. Und immer wieder ihre Birken. Hannah Schreiber de Grahl hat sie meist ganz dicht herangezoomt, malt die angeschnittenen Stämme wie Porträts: schlank und stolz und doch verletzbar.

Die Malerin wohnte lange in der Luisenstraße

Im kommenden Jahr richtet das Potsdam Museum eine große Hagemeister-Ausstellung aus und Hannah Schreiber de Grahl wird als eine wichtige Facette auf seinem Weg mit aufleuchten. Derzeit sind zwei der nunmehr elf Arbeiten, die das Potsdam Museum besitzt, in der Ausstellung „Umkämpfte Wege der Moderne“ zu sehen: seltene Blicke auf die Stadt Potsdam. Lange Jahre wohnte die Malerin in der damaligen Luisenstraße, bevor sie in ihre Villa nach Geltow zog. Sie malte unverdrossen – trotz der fünf Kinder, eine Kinderfrau unterstützte sie. Ihr Mann war Kunsthistoriker und verdiente als Professor gutes Geld. Als es in der Inflation knapper wurde in der Familienkasse, verkaufte die Gattin Blumenstillleben und ernährte die Familie mit. Das jedenfalls schrieb einer der drei Brüder von Hannah, Gustav de Grahl, in seinen Memoiren. Und obwohl sie des Öfteren ausstellte, auch 1927 bei der großen Schau Potsdamer Künstler im Marstall, geriet sie in Vergessenheit. Anders als Karl Hagemeister.

Das Potsdam Museum ist fleißig dabei, ihr Bild wieder in all den schillernden Farben auszumalen, die der Impressionistin gerecht werden. Und dazu gehört auch ihre Stickerei. Einen Kissenbezug aus edlem Baumwollstoff, verziert mit Fantasieblüten, rettete Klaus Runze vom Familiensofa, sicherte es hinter Glas und übergab es ebenfalls dem Potsdam Museum. Es ist die erste Stickerei in dessen Besitz.

Der Kontakt mit Klaus Runze kam 2018 zustande, als die Mitarbeiterin des Potsdam Museums, Hendrikje Warmt, in Langerwisch die Ausstellung „So nah dem Unberührten am Schwielowsee. Hannah Schreiber de Grahl und Karl Hagemeister“ konzipierte und nach den noch lebenden Familienmitgliedern der Künstlerin suchte. Zur Vernissage erschienen sowohl der Urenkel als auch Großneffe Klaus Runze; es begann ein reger Austausch über das Lebenswerk der Malerin. Ein Prolog zur jetzigen Schenkung.

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