zum Hauptinhalt

Kultur: Weiblicher Widerstand im KZ

Filmvorführung zu „Die Frauen von Ravensbrück“

Man hätte noch sehr lange weitergucken wollen. Nicht, um die Grausamkeiten, die die Überlebenden des größten Frauen-Konzentrationslagers der NS-Geschichte berichteten, noch länger anzuhören. Sondern um diesen 48 Frauen weiter in ihre würdevoll gealterten Gesichter zu schauen. Denn aus ihnen sprach – neben viel Schmerz – eine starke Willenskraft und faszinierende Lebendigkeit. Die Frauen, die Loretta Walz in ihrem 2006 mit dem Grimme-Preis ausgezeichneten Dokumentarfilm zu Wort kommen ließ, waren zumeist um die 20 Jahre alt, als sie zwischen 1939 und 1945 in das KZ Ravensbrück eingeliefert wurden. Am Mittwochabend wurde leider nur ein Drittel der neunzigminütigen Dokumentation im Rahmen der diesjährigen 24. Brandenburgischen Frauenwoche im Potsdam Museum gezeigt. Und dabei passte dieser Film wie kein zweiter zum Motto der diesjährigen Frauenwoche „Gemeinsam – Lebendig – Widerständig: Frauengeschichte(n) von 1914 bis 2014“.

Überlebende aus vielen europäischen Ländern erzählten kaleidoskopartig, wie sie neben den Entwürdigungen der Haft sehr pragmatisch und unter Lebensgefahr dafür sorgten, dass Schwächere geschützt und vor dem Tod bewahrt wurden. Auch die Solidarität mit Kindern und Jugendlichen war unter den Frauen vorbildhaft. Sehr berührend, wie eine von ihnen anhand einer kleinen Szene erzählte, dass sie gleich zu Beginn der Internierung beschloss, gerade dort ihre Menschlichkeit niemals aufzugeben.

Es ist noch immer unfassbar, dass die überlebenden Frauen nach Kriegsende in ihren Heimatländern spät oder gar nicht zu Wort kamen, oder wie beispielsweise die sowjetischen Frauen sogar dem Verdacht des Verrats und neuen Schikanen ausgesetzt waren. Insa Eschebach, Leiterin der Gedenkstätte Ravensbrück, berichtete im anschließenden einstündigen Gespräch mit der Regisseurin Loretta Walz, dass in den 1980er-Jahren in Westberlin Verfolgte des Naziregimes nicht an Schulen sprechen durften. Leider berührte das Podium aber kaum die eindimensional-antifaschistische Gedenkpolitik der DDR, die bis Anfang der 80er-Jahre auch viele Opfergruppen ausgrenzte.

Ein großer Verdienst des Dokumentarfilmes, aus dem viele Porträtierte auch in der neuen Dauerausstellung in der Gedenkstätte Ravensbrück zu sehen sind, ist es, nicht nur den antifaschistischen oder religiösen Widerstand der Frauen aufzuzeigen, sondern ihr ganzes Leben zu beleuchten und dabei auch ein besonderes Augenmerk auf den Alltag – auch im KZ Ravensbrück – zu richten. So werden diese Frauen nicht zu verklärten Aktivistinnen, sondern zu Menschen, die aus ganz unterschiedlichen Motivationen heraus sich der Unterdrückung und dem Unrecht widersetzten. Wie die Deutsche, die sich 1944 weigerte, in einer Rüstungsfabrik zu arbeiten und dafür ins KZ kam.

Loretta Walz begann mit ihrer Interview-Sammlung von inzwischen 200 Frauenbiografien aus ganz Europa 1980. Ihre Reihe ist mit „Widerstand leben“ überschrieben und zeigt mit den dort versammelten Frauenbiografien einen überaus wichtigen Teil der wissenschaftlichen Geschichtsschreibung. Diese Erzählungen weiblichen Widerstands müssen auch weiterhin gehört werden, um weibliche Identität zu stärken und das (Erzähl-)Band zwischen den Generationen nicht abreißen zu lassen. Astrid Priebs-Tröger

Astrid Priebs-Tröger

Zur Startseite