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Kultur: Wartende

Malerei von Jürgen Gefrörer und Plastik von Sven Schöning im Pavillon auf der Freundschaftsinsel

„Gut Ding will Weile haben“, ist eine alte Spruchweisheit, die auch in unserer schnelllebigen Zeit noch ihre Berechtigung hat. Dreizehn Jahre ist es her, dass sich der Berliner Maler Jürgen Gefrörer und der Lübecker Plastiker Sven Schöning zum ersten Mal begegnet sind. Schon damals entschied Gefrörer, dass er mit dem fast 20 Jahre jüngeren Kollegen eine gemeinsame Ausstellung gestalten will. Sie haben sich zwar nie ganz aus den Augen verloren, aber erst in diesem Jahr rief Gefrörer an und lud Sven Schöning ein, mit ihm gemeinsam im Pavillon auf der Freundschaftsinsel auszustellen.

Der Maler selbst, der auch als Architekt arbeitet, wurde wiederum von seinem ehemaligen Arbeitskollegen Peter Herrling dazu eingeladen. Denn dieser schätzt die Arbeiten Gefrörers und ist froh, dass auch die Potsdamer sie kennen lernen können. Einen Titel wird der Besucher unter den einzelnen Bildern vergeblich suchen. Geplant sind dagegen zwei Zyklen innerhalb der Exposition. Zunächst zeigt der Maler assoziative Bilder aus den letzten beiden Jahren, und ab 12. November werden Bilder, die sich in privaten Sammlungen befinden, erstmals zu sehen sein. Und auch Sven Schöning wird Plastiken sehr unterschiedlicher Art dazu beisteuern.

Jetzt sind fünf lebensgroße Figuren aus seinem Zyklus „Die Wartenden“ zu sehen. Damit sind nicht etwa Menschen gemeint, die auf etwas Konkretes, wie beispielsweise die Abfahrt eines Busses, warten. Sondern ihr Zustand des Wartens korrespondiert mit einer Atmosphäre, die der 1965 in Hamburg geborene Künstler in der heutigen Gesellschaft ausgemacht hat. Die Männer und Frauen verschiedenen Alters, die abgebildet sind, sind nicht passiv. Zwar allesamt in sich gekehrt, scheinen sie doch nur eines gewissen „Anstoßes“ zu bedürfen, um wieder „hellwach“ zu sein. Andererseits stehen alle sehr vereinzelt und sind nicht in der Lage, einander wirklich wahrzunehmen. Auch das ein Symptom, das den Zeitgenossen einen Spiegel vorzuhalten vermag. Auffällig und heutzutage eher ungewöhnlich, dass Schöning sehr realistisch arbeitet. Entstanden sind Figuren, denen der Betrachter im wahrsten Sinne des Wortes auf Augenhöhe begegnen kann, Menschen, die in jeder alltäglichen Straßenszene „untergehen“ würden. Das sei bei einer Ausstellung auf einem öffentlichen Platz auch schon passiert, erzählt der zurückhaltende Plastiker, der in Ostdeutschland mehrere öffentliche Räume gestaltete. Seine Figuren stehen in spannungsvollem Kontrast zu den abstrakten Bildern von Jürgen Gefrörer. Dessen, wie Collagen wirkende, intensiv farbige Bilder im Eingangsbereich mithilfe einer speziellen Grundierung sowie Marmorstaub und Lasurfarben entstanden sind. Ins Auge fallen auch die menschenleeren Landschaftsräume, die mit vielfarbigen riesigen Sonnen die Welt in ein mal bekanntes doch meistens ziemlich ungewöhnliches oder sogar gespenstisches Licht tauchen. Schiffe, die geborsten wirken, lassen dabei an ein Untergangsszenario denken. Eruptive Energien strahlen „Berglandschaften“ in intensiven Gelbtönen aus. Doch der Betrachter muss sich Zeit nehmen, ehe sich eigene „Erinnerungslandschaften“ bei ihm einstellen. Astrid Priebs-Tröger

Bis 23. November, Mi bis So 12 bis 18 Uhr Freundschaftsinsel

Astrid Priebs-Tröger

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