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Kultur: Wanderer zwischen den Welten Filmporträt über den Maler Ernst Fuchs

Den einen erscheint er als überragendes künstlerisches Universalgenie, anderen als skurriler paradiesvogelhafter Außenseiter. Der 1930 in Wien geborene Maler Ernst Fuchs hat sich wie kaum ein anderer seiner Generation in beinahe allen Kunstsparten ausprobiert und sich dabei auch international als führender Vertreter der Wiener Schule des Phantastischen Realismus einen Namen gemacht.

Den einen erscheint er als überragendes künstlerisches Universalgenie, anderen als skurriler paradiesvogelhafter Außenseiter. Der 1930 in Wien geborene Maler Ernst Fuchs hat sich wie kaum ein anderer seiner Generation in beinahe allen Kunstsparten ausprobiert und sich dabei auch international als führender Vertreter der Wiener Schule des Phantastischen Realismus einen Namen gemacht. Sein über 70-jähriges „Phantastisches Leben“ hat er in der gleichnamigen lesenswerten Autobiographie aufgeschrieben, die den Autor, Regisseur und Produzenten Jürgen Haase so faszinierte, dass er diesen in vielen Facetten schillernden Menschen persönlich kennen lernen wollte.

Der Schlüssel zu seiner Begegnung mit Ernst Fuchs, die in dessen Domizil im Fürstentum Monaco beginnt, und des daraus 2006 entstandenen Filmporträts, das am Mittwochabend im Potsdamer Filmmuseum in der Reihe „Aktuelles Potsdamer Filmgespräch“ zu sehen war, ist vor allem die Frage nach der Religiosität in den Werken des Malers. Denn gerade diese führe - so Christoph Stölzl, ehemaliger Berliner Kultursenator mit dem Regissuer im anschließenden Gespräch – verbunden mit leuchtender Farbigkeit und barocker Opulenz, „manchmal auch am Rande des Kitsch“, zu einiger Berührungsscheu im hiesigen Kunstbetrieb, so dass in Berlin bisher noch keine Fuchs-Ausstellung zu sehen war.

Ernst Fuchs, auch bekannt für seine Freundschaft mit Salvador Dali und seine vielfarbigen käppiartigen Kopfbedeckungen, malt seit über fünfzig Jahren an einem riesigen „Abendmahl“-Gemälde im Benediktinerkloster Dormitio auf dem Berge Zion in Jerusalem. Genau diese Verknüpfung der Orte, Kulturen und Religionen macht auch die kulturelle und geistige Essenz seines Künstlerlebens aus. Als Halbjude in Österreich geboren, wird er nach dessen Annexion, als Zwölfjähriger römisch-katholisch getauft. „Zum eigenen Schutz und mit durchschlagender Wirkung“, so sein Resümee im Film. Sein Vater muss Wien in Richtung Shanghai verlassen, der über alles geliebte Großvater, „ein Jude im kultischen Sinne“, stirbt bald darauf im New Yorker Exil. Fuchs bleibt allein mit seiner Mutter in Europa zurück.

Regisseur Haase gibt seinem lebensklugen Gesprächspartner ungewöhnlich breiten Raum im Film, seine immer wieder verblüffenden und zumeist originellen Gedanken zu den „Welträtseln“ vor dem Zuschauer mit Witz und Esprit auszubreiten. Das ermöglicht ein tiefes Eintauchen in die geistige und religiöse Welt dieses überaus gebildeten Menschen, eines „Dinosauriers“ unter den modernen Zeitgenossen. Die angenehme Lockerheit des Gesprächs, das Vertrauen in die Kraft des Erzählens und nicht zuletzt die markante Ausstrahlung von Ernst Fuchs machen das Porträt zu einem in vieler Hinsicht anregendem Erlebnis, das jedoch, wie der Regisseur feststellen musste, „in keine Kinolandschaft hineinpasst“.

Doch wer, wie der Mensch und Künstler Ernst Fuchs, neben Offenheit und auch Neugierde mitbringt, kann in 90 Minuten eine spannende Bildungs- und Sinnenreise erleben und sich von der Kreativität und Spiellust dieses Wanderers zwischen den Welten durchaus anstecken und inspirieren lassen. Die erstmalige Fernsehausstrahlung von „Straßensänger und Kaiser wollt“ ich werden“ ist für den November geplant. Astrid Priebs-Tröger

Astrid Priebs-Tröger

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