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Valentin Bartzsch in "All das Schöne".

© promo

Vorstellungen auf dem Theaterschiff: Wie ein Kind mit Suizid umgeht

Dave Wilcox inszeniert Duncan Macmillans „All das Schöne“ auf dem Potsdamer Theaterschiff. Und das Publikum spielt mit.

„Deine Mutter ist traurig, weil sie nichts findet, wofür es sich zu leben lohnt.“ Was so eine Aussage mit einem siebenjährigen Kind macht, konnte man in der Premiere von „All das Schöne“ von dem britischen Autor Duncan Macmillan auf dem Theaterschiff erleben. Der Schauspieler Valentin Bartzsch schlüpft hier sowohl in die Rolle des kleinen Jungen als auch in die des pubertierenden Jugendlichen und erwachsenen Sohnes. Aus diesen unterschiedlichen Perspektiven macht er das Leben mit einer depressiven, suizidalen Mutter ungemein berührend, aber immer wieder auch situationskomisch und humorvoll erfahrbar.

Eine Liste mit Glückszuständen

„All das Schöne“ unter der Regie von Dave Wilcox ist ein in mehrerer Hinsicht bemerkenswertes und ungewöhnliches Stück. Nicht nur, weil das zumeist verschwiegene Thema Suizid aus der Sicht eines Kindes behandelt wird, sondern weil es sich durch eine ungemein kollaborative Spielweise auszeichnet. Die Zuschauer werden von Anfang an direkt beteiligt, indem sie immer wieder aufgefordert werden, einzelne Punkte von einer Liste mit einer Million Glückszuständen vorzulesen, die der Sohn als Siebenjähriger zu schreiben begann. Und darüber hinaus werden fünf Personen eingeladen, spontan die Rollen von Gegenspielern des Kindes zu übernehmen. Großartig, wie sich diese dann auf zumeist psychisch brisante Situationen – ohne jegliche Vorbereitung – einlassen und ungemein einfühlsam reagieren. Beispielweise als Tierärztin, die den totkranken Hund des kleinen Jungen einschläfern muss oder als Vater beziehungsweise als Schulpsychologin, die sich mithilfe des kecken Sockenhundes Stinky nach dem Wohlergehen des Kindes erkundigt.

Kein anhaltendes Happy End

Wunderbar, wie präsent, authentisch und wandlungsfähig der Schauspieler Valentin Bartzsch zwischen den unterschiedlichen Sohnesrollen wechselt. Ganz besonders ergreifend sind die Vater-Sohn-Szenen und auch die Szene, in der er sich als junger Mann in die gleichfalls schüchterne Uli aus der Bibliothek verliebt. Doch dieser Liebe ist kein anhaltendes Happy End vergönnt.

Kinder geben sich meistens die Schuld dafür, wenn ihre Eltern traurig sind und igeln sich mit ihrer Erfahrung ein. Diese und andere Erkenntnisse zu Ursachen, Wirkungen und Folgen suizidalen Verhaltens fanden Eingang in den eindringlichen Monolog, der einen auf eine emotionale Achterbahnfahrt mitnahm und sehr nachdenklich entließ. „All das Schöne“, das im Rahmen des Theaterschiff- Spielzeitthemas „Leben und Sterben“ zur Premiere kam, macht neugierig auf weitere intensive Abende.

„All das Schöne“, Theaterschiff, Schiffbauergasse, am 6. und 20. Dezember, je um 19.30 Uhr

Astrid Priebs-Tröger

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