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Allerlei Sonderbares. Aus Comics und Zeitungsmeldungen holt sich Lisa Endriß ihre Anregungen. Die Ausstellung im Kunstraum Waschhaus ist dort noch bis zum 7. April zu sehen. Foto: O. Winter

© PNN / Ottmar Winter

Von Waschbären und Klimakatastrophen: Malerin Lisa Endriß im Kunstraum

Im Kunstraum Waschhaus in der Schiffbauergasse in Potsdam stellt derzeit Malerin Lisa Endriß aus.

Potsdam - Das Weltgeschehen aus Medien und Zeitungen inspiriert Lisa Endriß. In ihrem Leben habe es einen Punkt gegeben, an dem sie die Politik nicht mehr in Ruhe gelassen habe, erzählt sie. All die Bilder aus den Nachrichten, aus den Meldungen, vom Zustand der Welt seien ihr im Kopf herum gegangen. Daher habe sie angefangen, die Bilderflut zu verarbeiten und in ihre Malerei aufzunehmen. Davor malte sie überwiegend abstrakt.

Auch in der Ausstellung im Kunstraum Waschhaus sind nun abstrakte Bilder der Künstlerin zu sehen. Streifen, über die große Fläche einer Leinwand gelegt, mit durchscheinenden Farben, die einen leichten, vielleicht schwebenden Klang ergeben. Manchmal ist die Fläche aufgerissen, die Streifen erscheinen wie eine schrundige Wunde. Vorangegangen war eine zehn Jahre währende Serie von „Weibsbildern“. Mit heftigem Strich gemalt, spielen sich auf der Leinwand dabei wilde Szenarien ab, in der gelegentlich Figuren zu erkennen sind, die aber erkennbar aus der Freude an der Farbe und der Bewegung gemalt sind. Die 1947 in Landshut geborene Künstlerin verfolgt ganz unterschiedliche stilistische und inhaltliche Ansätze. „Mir ist die Zweideutigkeit wichtig, auch wenn meine jetzigen Bilder eine Auseinandersetzung mit der Welt sind“, sagt Endriß. So taucht auf den Bildern im Kunstraum allerlei ganz unterschiedliches Personal auf: Figuren aus der „Star Wars“-Saga treffen auf zwei Chinesinnen, die sich auf der Rückseite des Mondes vergnügen. Aus einem offenen Cabrio schauen eine weißhaarige Frau und ein treuherzig blickender Hund. Ein anderes Bild zeigt ein Haus, das infolge abstürzender Uferböschung ebenfalls den Hang hinunter zu gleiten droht. Es geht um die Klimakatastrophe. „Die Politik hat mich nicht mehr losgelassen“, sagt Endriß. Deshalb habe sie angefangen, gegenständlich zu malen.

In prominenten Sammlungen vertreten

Die aus Bayern stammende Malerin ist Mutter zweier Töchter, studierte bis 1995 an der Akademie für Bildende Künste in München und anschließend noch mit mehreren Fellowships und Stipendien in den USA, wo sie mit einem Master of Fine Arts abschloss. Sie erhielt zahlreiche Förderungen und Preise, ihre Werke sind in prominenten Sammlungen vertreten.

Nun also tummeln sich Comicfiguren und allerlei anderes sonderbares Personal auf ihren Bildern. Der pfiffige Waschbär „Rocket“ aus dem Film „Guardians of the Galaxy“ taucht mehrfach auf. Ein Mädchen schwebt in dem Bild „Geworfen“ über einem dunklen Abgrund, über den sich Ringelschlaufen legen. Die Figuren sind erkennbar gemalt, meist mit eher schnellem Strich auf die Leinwand geworfen, jedoch mit einem anderen Duktus als das Personal auf ihren frühen Bildern. Irgendwo zwischen Realismus, Comic und Karikatur verortet Endriß ihre Malerei. Eine Serie ohne weiteren Titel zeigt Catcher, im Ring, posierend. Die Welt sei ein ewiger Kampf, dafür gäben die abgebildeten Kämpfer eine gute Metapher ab, meint die Künstlerin. Das Bild „B.B. is watching you“ zeigt eine sonderbare Skulptur aus Gerätschaften, die an Tonbandspulen und Tabletts erinnern, aber nicht eindeutig festgelegt sind. Ein Verweis auf George Orwells Roman 1984, wieder ein aktuelles Thema, denn in Zeiten von Facebook, Google und Big Data weiß niemand so recht, wer gerade mitliest, wenn der Computer hochgefahren ist. Das ganze Ensemble der versammelten Bilder und Motive zeugt von einer engagierten Haltung zur Welt und dem Willen, dies auch in Bildern auszudrücken, was ja erst einmal löblich ist, denn schließlich ist Endriß Malerin.

Leben in eine gemalte Form gebracht

Die Malerei ist ihr Medium, um Stellung zur Welt zu beziehen. Aus den vielfältigen Motiven und Malphasen im Leben der Künstlerin wird erst eine impulsive, dann eine beherrschte Handschrift erkennbar und der Wille, das Leben in eine gemalte Form zu bringen. Nun ist Endriß aber nicht die erste Künstlerin, die Motive aus Comics, Zeitungen und anderen Medien weiter verarbeitet. Nicht selten scheint es bei ihren Werken, als habe der Wille zum Inhalt über die Form gesiegt. Der gemalte Gedanke mag irgendwo an tiefgreifende philosophische Überlegungen geknüpft sein, aber letztlich entsteht doch eine recht bunte und eher schnell und nicht so richtig genial auf die Leinwand geworfene Bilderwelt.

Richard Rabensaat

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