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Auch die brandenburgische Kinogeschichte harrt der Bearbeitung. Trotz der Konkurrenz gegenüber großer Ketten haben einige der alten Kinos bis heute überlebt. Andere dümpeln ungenutzt vor sich hin, wie das Lichtspieltheater der Jugend in Frankfurt (Oder).

© J. Hohmuth

Von Heidi Jäger: Unsortiert

Das Kulturland Brandenburg beleuchtet 2011 die Moderne in Film, Kunst und Baukultur

Die neue Kulturministerin Sabine Kunst wünscht sich künftig eine stärkere Profilierung des „Kulturlandes Brandenburg“. „Ich bin nicht kritisch gegenüber dem jetzigen Leitthema ,Aufbruch in die Moderne’, hätte es mir aber ein bisschen sortierter und mit klarer durchdefinierten Verbindungen vorstellen können. Das sehe ich als Zukunftsauftrag“, sagte sie am gestrigen Dienstag zur Auftaktpressekonferenz im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte (HBPG) Potsdam.

Dort wird ab 15. April eines der größten Vorhaben innerhalb der breitgefächerten Kulturland-Offerte „Licht. Spiel. Haus. Moderne in Film, Kunst und Baukultur“ realisiert: Die Ausstellung „Architektur in Brandenburg von 1919 bis 1933“. Sie zeigt erstmals eine repräsentative Auswahl der Architektur der Moderne. Die während der Weimarer Republik entstandenen Bauten stehen für das Experimentieren und Gestalten mit modernen Formen und Materialien wie Glas, Beton und Stahl sowie den bewussten Einsatz von Farbe. Entstanden sind innovative Lösungen von Weltrang, wie das erste deutsche Tonfilmstudio in Babelsberg oder das seinerzeit größte Schiffshebewerk in Niederfinow. Walter Gropius, Erich Mendelssohn, Mies van der Rohe, Bruno und Max Taut sind einige der namhaften Architekten, die im neuen Geist bauten. Und der setzte auf kostengünstige Wohnungen ebenso wie auf Gartenstädte, Reformschulen, Lichtspielhäuser, Wohlfahrtseinrichtungen.

Bei der Spurensuche kommt man natürlich nicht an einer Auseinandersetzung mit der Nutzung dieser Bauwerke in Zeiten von Diktaturen vorbei. Eine der Projektteilnehmerinnen, Krystyna Kauffmann, beschäftigt sich innerhalb des „Kulturlandes“ mit den verwaisten Flugplätzen. 30 Objekte betrachtet sie für die Ausstellung „Überflug“, darunter die einstige Wiege des deutschen Motorfluges auf dem Exerzierplatz im Bornstedter Feld sowie die Märkischen Flugzeugwerke Golm. Die ab 14. Juli in der Stadtgalerie Werder und im Kulturbahnhof Caputh-Geltow gezeigte Schau will Verlorenem nachspüren, aber auch die Potenziale der nach der Wende brachliegenden Plätze aufzeigen – bei aller ideologischen Aufladung der baulichen und technischen Meisterleistung der Moderne. „Gebäude, die unter Denkmalschutz stehen, Hallen noch im Bauhaus-Stil mit riesiger Spannweite – soll man diese Bauten verfallen lassen oder nutzen? Kann ich Flugzeuge zeigen, die ein Hakenkreuz tragen? Was können wir akzeptieren?“, fragte die pensionierte Physiologie-Professorin aus Caputh und benannte einen zentralen Punkt, der auch in anderen Fällen der Baukultur der Moderne eine Rolle spielt.

Einer sorgte schon bei der Pressekonferenz für Zündstoff: die Filmstadt Babelsberg, die in 100 Jahren Traumfabrik auch für nationalsozialistische wie sozialistische Propagada missbraucht wurde, was allerdings in dem Begleitbuch zum Kulturland kaum Widerhall findet. Darin geht es vor allem um den „Glanz im Glashaus“, den Mythos der Stars und die technischen Erfolge.

Der Wunsch der Ministerin nach einer stärkeren Profilierung beschleicht einen auch, wenn man das Begleitbuch zum Kulturland das erste Mal durchblättert. Wie die Verlagschefin von Koehler & Amelang, Caroline Keller, sagte, sei sie im Vorfeld sehr unsicher gewesen, ob man aus der Vielzahl an Themen überhaupt ein Buch machen könne, in dem es noch einen roten Faden gebe. Für den stand die Redakteurin Anne-Katrin Ziesak ein, die die 20 Autoren-Beiträge wie eine „Spinne im Netz“ zusammenstrickte. In dem reichbebilderten Buch geht es quer durchs Filmland Brandenburg mit seinen Drehorten von Rüdersdorf bis zum Spreewald, werden 100 Jahre Lichtspielhäuser beleuchtet, die Bauten der Ostmoderne, Gartenstädte, Filmkünstler ... Und dann auch noch Kleist. Da wird der Atem lang. Kulturland betrachtet ihn natürlich „in den Medien der Moderne“.

30 Projekte, die in 100 Veranstaltungen münden, stellte die Vereins–KulturlandChefin, Brigitte Faber-Schmidt, der Presse vor. Projekte, die weit ins Land hinaus locken, wie die Ausstellung „Verliebt in die Liebe“ im Lübbener Stadtmuseum, die daran erinnert, wie Asta Nielsen vor 100 Jahren ihren Film „Der fremde Vogel“ zwischen den Fließen drehte. Oder auch wie Heinz Rühmann und Renate Holm vor der romantischen Kulisse agierten – so wie heute Uwe Kockisch oder Nadja Uhl für den Spreewald-Krimi. Dahme erinnert sich seiner Lichtspielhäuser, immerhin waren es zwischen 1911 und 1928 fünf an der Zahl. Und das Cottbuser Stadtmuseum widmet sich der Sozialistischen Moderne: „Mit uns zieht die Neue Zeit“.

Eine interessante Verknüpfung von Architektur und Film könnte im HBPG gelingen. Zeitgleich zu der Architekturausstellung wird ab 20. April „Das bewegte Leben in Tanz, Film und Kabarett“ von Valeska Gert nachgezeichnet, kuratiert vom Moses Mendelssohn Zentrum. Valeska Gert galt neben Mary Wigman als eine der wichtigen Vertreterinnen des avantgardistischen Tanzes in den 20er Jahren. Die Jüdin war zudem gefragter Stummfilmstar und arbeitete nach ihrer Rückkehr aus der Emigration mit Filmgrößen wie Fellini, Schlöndorff und Fassbinder zusammen.

Es gibt also eine Vielzahl an Entdeckungen, die trotz schwieriger Haushaltslage erneut mit 820 000 Euro vom Land gefördert werden. „Eine Wertschätzung des Netzwerk-Charakters, der in 14 Jahren erfolgreicher Arbeit entstanden ist“, sagte die Kulturministerin.

Mit der Klassischen Moderne geht es zurück in ein neues Zeitalter. Aber die Moderne geht ja weiter. „Die Modernität ist das Vorübergehende, das Entschwindende, das Zufällige, ist die Hälfte der Kunst, deren andere Hälfte das Ewige und Unabänderliche ist“, sagte Charles Baudelaire. Im „Kulturland Brandenburg“ 2011 wird dieses Verhältnis zu durchleuchten sein, auch wenn das Sortieren der Verbindungen zwischen Film, Kunst, Baukultur und Kleist schwierig sein dürfte.

Das Video wurde uns freundlicherweise von PotsdamTV zur Verfügung gestellt.

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