zum Hauptinhalt
Berliner Ausflüge. Eine historische Ansichtskarte vom Wirtshaus zum Dr. Faust in Sacrow, das im Zuge des Mauerbaus abgerissen wurde.

©  Verlag Berlin-Brandenburg

Von Heidi Jäger: Potsdam in Stichworten

Der Verlag für Berlin-Brandenburg macht sich auf ins Grüne / Erste Zusammenarbeit mit dem HBPG

Von A wie Achtecken bis Z wie Zollstätte buchstabiert sich dieses Lexikon durch die Stadt. Es wird Potsdam erstmals stichwortartig erkunden. Das im Oktober im Verlag für Berlin-Brandenburg erscheinende Nachschlagewerk richtet seinen Focus auf die historisch-topografische Entwicklung. Es ist das erste Mal, dass der Verlag mit dem Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte (HBPG) und dem Potsdam-Museum als Herausgeber zusammenarbeitet.

„Eine Vielzahl anderer Städte verfügt bereits über ein historisches Stadtlexikon, auch im Land Brandenburg“, sagt Kurt Winkler, Geschäftsführender Direktor des HBPG, auf PNN-Nachfrage. Dieses Almanach solle nicht nur die Geschichte erhellen, sondern Einrichtungen, Straßen, Plätze oder Denkmäler in ihren Veränderungen bis in die Gegenwart beleuchten. Rund zwei Dutzend Autoren, darunter ausgewiesene Potsdam-Kenner wie Hans-Joachim Giersberg, Hartmut Knitter oder Klaus Arlt, werden dafür sorgen, dass dieses Werk Bestand und Gültigkeit habe. „Es wird auf wissenschaftlichem Fundament stehen und dennoch für jedermann verständlich sein“, so Winkler über diesen reichbebilderten Spiegel der Stadt.

Erst seit diesem Jahr hat der Verlag für Berlin-Brandenburg seine Fühler in die Region ausgestreckt. Anfang der 90er Jahre als Wissenschaftsverlag gegründet und zum Unternehmensbereich der SPD gehörend, setzte er zuvor seinen Schwerpunkt auf Mediengeschichte und die deutsch-jüdische Geschichte. „Inzwischen sind wir komplett unabhängig und aus der Nähe des Willy Brandt-Hauses in Kreuzberg nach Pankow ins Souterrain gezogen“, sagt Julia Hamann, die Frau für Öffentlichkeitsarbeit, die neben Chef André Förster das zweiköpfige Unternehmen ausmacht. Das setzt vor allem auf freie Mitarbeiter. „Entsprechend der neuen Ausrichtung auf die Berlin-Brandenburgische Region sowie auf Kultur- und Zeitgeschichte bekommen wir immer mehr spannende Projekte angeboten, so auch das Potsdam-Lexikon“, sagt Julia Hamann.

Die „Berliner Ausflüge“ ihres Verlages, die zu den schönsten Zielen der Umgebung führen, machen bereits Furore. Allein innerhalb eines Jahres ist es in vierter Auflage erschienen. „Dieses Buch hat es noch nicht gegeben. Jetzt ist es endlich da. Wie schön. Da kannste nich meckan“, schrieb ein Kritiker über die gerade erneut überarbeitete, reichbebilderte historische Rundreise, die sich natürlich auch zu den Potsdamer Seen aufmacht. Die waren schon immer Sehnsuchtsort der Berliner, um ihrer Stadt am Wochenende zu entfliehen. „So eine Sonntagsfahrt war undenkbar ohne eine Einkehr in eines der unzähligen Gasthäuser, in den Familien Kaffee kochen konnten, Väter sich mit Weißbier und Kegelbahn amüsierten und Kinder Spielmöglichkeiten fanden“, schreibt Holger Lehmann im Vorwort zu seinem Buch. Das glänzt vor allem durch kunstvolle Lithografien: kolorierte Ansichten, die die Leute früher gern von ihren Ausflügen als Postkarten verschickten.

Einige dieser „Oasen“ gibt es inzwischen nicht mehr, wie das Wirtshaus zum Faust in Sacrow. Es wurde 1945 von einer Bombe getroffen und im Zuge des Mauerbaus abgerissen. „Anstelle gut gelaunter Ausflügler standen dort nun Grenzposten, deren Klagen über Stumpfsinn und Zwecklosigkeit man noch eingeritzt im Turm der Heilandskirche lesen kann“, schreibt Holger Lehmann.

Auch für den einst mit 1000 Plätzen quietschlebendigen Bürgershof in Klein Glienicke, in dem 90 Kellner für Speis und Trank sorgten, und die besten Kapellen der Stadt regelmäßig zum Tanz aufspielten, kam mit dem Mauerbau das Aus. Der herrliche Baumbestand wurde gefällt, das Haupthaus im Neo-Renaissance-Stil gesprengt. Zum Schluss bestand das Grundstück fast nur noch aus Grenzanlagen. Inzwischen ist der „Bürgershof“ erneut eine angesagte Adresse mit schönstem Blick auf die nun wieder stacheldrahtfreie Natur.

12 bis 15 Titel hat sich der Verlag für Berlin-Brandenburg auf seine Jahres-Fahne geschrieben. Ab September kann man mit ihm „Auf Fontanes Spuren durch die Hauptstadt“ wandern und schauen, wo Effi Briest einst wohnte. Ebenfalls ab September erzählt Max Liebermann aus seinem Leben: zu hören in Originalaufnahmen von den wenigen erhaltenen Tondokumenten des Malers, der seine letzten Lebensjahre in Wannsee verbrachte: Nur einen Steinwurf von Potsdam entfernt, das zwischen „Acht Ecken“ und „Zollstätte“ bald auch stichwortartig erkundet werden kann.Heidi Jäger

Das Potsdam-Lexikon erscheint im Oktober im Verlag für Berlin-Brandenburg mit 400 Seiten und über 300 Abbildungen und kostet 24, 90 Euro. Herausgeber sind das HBPG und Potsdam-Museum

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false