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Von Heidi Jäger: Bühne frei

Am Samstag wird im Holländischen Viertel die Horwath Galerie eröffnet

Sie gibt die Manege frei: Im schwarzen Frack eines Zirkusdirektors eröffnet Luise Horwath am Samstag ihre Galerie. Ihr Leben und ihre Malerei sind bunt wie die Zirkuswelt, in der sie sich mit Clowns, Tänzern und Artisten schwungvoll dreht. „Es soll eine lebendige Galerie werden“, sagt die gebürtige Thüringerin, die gemeinsam mit ihrer Tochter Sara die zwei Räume im Holländischen Viertel betreiben wird.

Die beiden Frauen fühlen sich wie Freundinnen, schließlich gingen sie ihr ganzes Leben immer gemeinsam durch dick und dünn und waren dabei wie Vagabunden. „17 Mal bin ich umgezogen“, erzählt Luise Horwath. Nach dem Studium der Malerei an der Hochschule für Bildende Kunst in Dresden war sie vor allem mit dem Restaurieren beschäftigt und zog ihren Aufträgen nach. Auch in Potsdam wohnte sie ein Jahr, um die Nikolaikirche zu restaurieren und mit Rekonstruktionsmalerei zu versehen. Danach zog es sie nach Berlin. Sie half im Schauspielhaus bei der Ausmalung des Konzertsaales, durfte einen Schinkel kopieren und neue Schinkels erfinden: große runde Bilder zur Mythologie des Apolls. Aufträge kamen vom Kirchenbauamt, von der Denkmalpflege und auch vom Bauministerium. Die Tochter saß als Kind oft mit auf dem Baugerüst, den eigenen Skizzenblock auf den Knien. Keine Frage, dass auch sie Malerin werden würde, so wie die Eltern.

Schwierig wurde es für Luise Horwath, als sie 1986 einen Ausreiseantrag stellte: Um ihrer Tochter die Schere aus dem Kopf zu nehmen, die sie in der Schule spürte. Dazu kam die Liebe. Luise Horwath bekam ein Kind von einem Mann, der hinter dem Eisernen Vorhang lebte, und zu dem sie wollte. Ein Jahr wurde sie hingehalten. Aufträge kamen keine mehr. „In der Zeit wurde in unserer Wohnung eine Abhöranlage eingebaut, die nachts einen permanenten Piepston aussandte. Es war wie Psychoterror.“ Ihr kleiner Sohn Marius bekam später epileptische Anfälle, „ich bin mir sicher, dass es daher kam. Ich habe alles verdrängt, werde aber wütend, wenn ich daran zurückdenke.“ Am Heiligabend ging es schließlich Hals über Kopf in den Westen. Dort gab es wieder Aufträge, wie im Schloss Charlottenburg. Seit fünf Jahren vertieft sich die 56-Jährige in ihr malerisches und lyrisches Schaffen, zog sich nach Falkensee zurück. Ihre Gedichte sind ihr dabei wie Skizzen. „Ich male alles, was mich bewegt, auch den Tod“, der bei ihr keineswegs in düsteren Farben auftritt. Vor allem sind es Porträts, denen sie sich zuwendet. „Daraus spricht meine große Leidenschaft für Biografien. Ich kann mich gut in Menschen versenken.“ Und so hängt Nina Hagen neben dem Papst, Marilyn Monroe neben Jesus. Eine tiefere Bedeutung habe diese Zusammenstellung nicht. Wenn Luise Horwath van Gogh porträtiert, dann tut sie das in dessen Malstil, ebenso wie bei Beckmann oder Chagall. Die Restauratorin lässt sich nicht verleugnen.

Während die Auftakt-Ausstellung allein Luise Horwath vorbehalten ist, wird sich Tochter Sara mit ihrem Illustrationsdesign später präsentieren. Auch anderen Künstlern werden sie eine Plattform geben. Monatlich sollen die Schauen wechseln. Außerdem gibt es jeden dritten Samstag Lesungen, Musik, Tanz und Mode, mittwochs öffnet Sara ihr Zeichenstudio, donnerstags gibt es Kurse.

Zwei Frauen, unterwegs auf der Bühne des Lebens: dabei ihr „Herz lassen, Liebe fassen, fallen, aufstehn, weitergehn“, wie Luise Horwath in einem Gedicht schrieb.

Galerieeröffnung: 1. Nov., 19 Uhr, Benkertstraße 2, Musik: Tina Tandler.

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