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Von Astrid Priebs-Tröger: Vorbilder und Prägungen

Volker Schlöndorff und Wolfgang Kohlhaase im Gespräch im Filmmuseum

Volker Schlöndorff wird 70. Dieses Ereignis wirft seine Schatten voraus. Und so zeigt das Filmmuseum jetzt Streifen von Elia Kazan und Akira Kurosawa, die den deutschen Regisseur von Weltgeltung sein Leben lang begleitet und nachhaltig geprägt haben.

Höhepunkt dieser Reihe war am Donnerstagabend die Lesung aus Schlöndorffs Autobiografie „Licht, Schatten und Bewegung“, die der Regisseur selbst bestritt und ein Gespräch mit Wolfgang Kohlhaase, der das Drehbuch für „Die Stille nach dem Schuss“ schrieb. Dieser Film, der ganz von Schlöndorffs Babelsberg-Erfahrungen geprägt ist, jedoch erst nach seiner Zeit als Geschäftsführer fertig wurde, hat die Freundschaft der beiden endgültig besiegelt.

Doch bevor sie dazu kamen, ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede auszuloten, stellte Schlöndorff seine im vergangenen Jahr erschienene Autobiografie vor. Die Kindheit im nach dem Krieg amerikanisch besetzten Hessen, die ersten Bildungserlebnisse sowie seine frühzeitig geweckte Leidenschaft für den Film. Von der der Vater nichts wissen wollte, und dessen Lenkung er sich durch „Flucht“ in ein französisches Jesuiteninternat entzog. Und während er auf dem Wiesbadener Gymnasium vorher nur mäßige Leistungen zeigte und gar die Schule verlassen wollte, gelang es dem schnell zweisprachigen Deutschen, ein Begabtenstipendium für die Sorbonne zu erringen.

Doch sein eigentliches Studium, das floß an diesem Abend in alle seine Ausführungen ein, fand über zwei Jahre lang, jeden Abend von 18.30 Uhr bis Mitternacht statt, als er an die tausend (internationale) Filme in der berühmten Pariser Cinémathèque sah und den dort geführten Kunstdebatten beiwohnte. Schnell avancierte er zum Simultanübersetzer – nicht nur für den Kurosawa-Film „Ikuru“, den es nur auf Japanisch mit deutschen Untertiteln gab – sondern aus dieser Zeit resultieren auch seine Beziehungen zu den Regisseuren der Nouvelle Vague. Und während er, wie Wolfgang Kohlhaase es ausdrückte, in Babelsberg „im falschen Augenblick am falschen Ort war“, war das Frankreich der 60er Jahre genau das Richtige für den jungen Regisseur, der mit seinem Erstling „Törless“ in Cannes Aufmerksamkeit erregte und mit der „Blechtrommel“ 1979 schließlich den ersten deutschen Oscar gewann.

Während diese Fakten bekannt und in seinem spannend und pointiert geschriebenen Buch mit Gewinn nachzulesen sind, wartete man als Zuhörer gespannt auf das angekündigte Gespräch. Doch die beiden großen alten Männer – Wolfgang Kohlhaase ist 1931 geboren – blieben leider ziemlich allgemein und oft im schon Bekannten stecken. Zwar spielte Kohlhaase noch mal auf Schlöndorffs heftig attackierte Aussage zur Qualität der DEFA-Filme an und Schlöndorff bekräftigte, es so nicht gemeint zu haben, aber die wirklich spannenden Aspekte und auch die Gefühlslagen, die ihn als Geschäftsführer umtrieben, kamen fast nicht zur Sprache. Da schwelgten beide schon auf ihre Weise ein wenig zu sehr in der Vergangenheit, beschworen die Anfänge des (deutschen) Films und betonten die Wichtigkeit des Geschichtenerzählens. Möglicherweise hätte ein nachfragender Moderator hier einiges mehr an Fakten und vor allem Emotionen aus beiden „rausholen“ können.

Nach einer Dreiviertelstunde brach Bärbel Dalichow abrupt charmant ab und lud zur Vorführung von „Die Stille nach dem Schuss“, einem „großartigen, aber gefährlichen Film“ (Kohlhaase), ein.

Volker Schlöndorff,icht, Schatten und Bewegung, Hanser 2008, 24.95 Euro

Astrid Priebs-Tröger

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