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Im Dialog: Ob die Metallskulptur von Thomas Otto, die Cupferphantasie von Burckhard Freihoff (links oben) oder die Bilder von Irina Moiseeva  alle fanden aufmerksame Betrachter.

© Manfred Thomas

Von Astrid Priebs-Tröger: Viele Tropfen, wenig Glück

Über 40 Aussteller bei der 3. Kunstallee während der Potsdamer Erlebnisnacht

Kunstschmied Michael Soika heizt mächtig ein. Mittels Staubsauger wird das Schmiedefeuer kräftig angeblasen, damit kurz darauf er und seine junge rotbezopfte Gehilfin Laura zu den Schmiedehämmern greifen können. Kraftvoll und im Takt bearbeiten sie das rotglühende Stück Metall. Leider auf einem viel zu kleinen Amboss. Der größere sei ihnen in der vergangenen Nacht, hier direkt vor Ort, gestohlen worden, erzählt der Meister. Doch Jung und Alt bleiben stehen, um das ungleiche Paar bei seinem uralten Handwerk zu beobachten.

Zu schauen und zu probieren gab es so einiges auf der in diesem Jahr zum dritten Mal stattfindenden Kunstmeile zwischen Nauener Tor und Dortustraße. Mehr als vierzig Maler, Fotografen, Bildhauer, Glasgestalter, Illustratoren und Schmuckdesigner waren gekommen, um Ergebnisse ihrer Arbeit zu präsentieren, mit den Besuchern ins Gespräch zu kommen und auch das eine oder andere Stück an den Mann zu bringen. Doch Petrus verdarb ihnen erst einmal gründlich das Geschäft. Zudem weichte er mit seinen ausdauernden Regengüssen den gelbbraunen Weg zwischen den beiden Standreihen so richtig auf.

Auch die acht Künstlerinnen vom Kulturkreis Petzow e.V., die mit ihren inspirierenden puzzleartigen Papierarbeiten zum Thema Kommunikation vertreten waren, hatten alle Hände voll zu tun, um selbige vorm Regen zu schützen. Und die Besucher, die dennoch bei den Künstlern zahlreich vorbeischauten, hasteten zwischen den Güssen schnell weiter. Wie die Familie, die von den blautonigen Ölmalereien der georgischen Malerin Liana Nakashidze sofort angetan war. Doch ehe die aus Batumi stammende und jetzt in Berlin lebende Künstlerin dazu kam, mit ihnen über den Preis eines kessen Mädchenporträts zu verhandeln, waren sie schon wieder weg.

Viel Zeit zum Gespräch nahm sich dagegen die in Potsdam und Berlin lebende Malerin und Performerin Julia Antonia, die an ihrem Stand blind gezeichnete und später mit einem Holzbeitel in farbige Holzplatten geritzte Porträts anbot. Sie erzählte, wie viel gegenseitiges Vertrauen dieser von ihr erfundene Schaffensprozess voraussetzt und wie sehr sich Künstler und Modell dabei aufeinander einlassen. Gern hätte die junge Malerin, die sich eine riesige exotische Blüte in ihr Haar gesteckt hatte, auch die Besucher der Kunstallee dazu eingeladen, aber sowohl das Wetter, als auch ihr Standort, an der um diese Zeit vielbefahrenen Hegelallee, verhinderten eine solche entspannte Atmosphäre.

Die lebensklugen Haikus ihres Partners Chetan Akhil, gedruckt auf handgeschöpftem Papier aus Tibet, konnte man hingegen für wenige Euro erwerben und getrost nach Hause tragen. Das gelingt nicht bei den raumgreifenden Holzplastiken des Holzbildhauers Steffen Brünner, der nicht nur die Kunstallee organisierte, sondern auch neue eigene Arbeiten wie „Daphne“ präsentiert. Beeindruckend, wie er den Bäumen eine Geschichte und ihr Geheimnis entlockt. Im kleinen Zelt gegenüber lässt Jeanne Thiele hingegen Kinder ihre Geschichten auf einer riesigen Leinwand, die in unzählige kleine Quadrate aufgeteilt ist, erzählen. Ein eigenes labyrinthisches (T)raumbild der Potsdamer Malerin steht daneben.

Auch am Abend strömen Besucher der Erlebnisnacht durch die Kunstallee. Allerdings zieht es sie jetzt vor allem zu den an allen Ecken stattfindenden Konzerten in der Innenstadt. Die Fotografin Kathrin Ollroge hat in ihrem Atelier dagegen ein eher stilles Highlight organisiert. Steffen Findeisen, angetan mit einem illuminierten weißen Barockkleid, das Heather McCrimmon erschaffen hat, tanzt im dunklen Hausflur der Lindenstraße 15 zu E-Gitarrenklängen traumverloren und sehr erdenfern.

Astrid Priebs-Tröger

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