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Lebensfragen auf der Spur. Tänzer Oxymoron Dance Company im T-Werk.

©  Andreas Klaer

Von Astrid Priebs-Tröger: Freiheit und Notwendigkeit

Die Oxymoron Dance Company präsentierte „Die Heimsucher und der Kosmopolit“

Ein sonderbares Bühnenbild erwartete die Besucher am Wochenende im T-Werk. Ein riesiges, kreuzförmiges Gerüst am Boden, daneben lagen jede Menge Rollen roten, grünen und blauen Klebebandes und in einer Ecke stand ein Gartenzwerg. Man war gespannt, was diese Requisiten mit dem neuen multimedialen Tanzprojekt der Oxymoron Dance Company „Die Heimsucher und der Kosmopolit“, das hier nach kurzer Probenzeit voraufgeführt wurde, zu tun haben würden.

Hatten sich die Tänzer, Schauspieler und Performancekünstler um Choreografin Anja Kozik mit gewichtigen Fragen nach der Essenz unseres Lebens befasst: unter anderen denen nach Heimat, Freiheit und Wurzeln. Die merkwürdigen Requisiten kamen, als die fünf Tänzer die Bühne betraten, unmittelbar zum Einsatz. Das Gerüst wurde aufgerichtet und ergab, nachdem es an vier Ecken verschraubt wurde, ein Haus, dessen Grundriss sofort mit hellgrünem, fluoreszierendem Klebeband abgeklebt wurde. Das tat die international agierende Performancekünstlerin Birgit Ramsauer, die von nun an viele der Spuren, die die Tänzer und Schauspieler im Rahmen der 80-minütigen Aufführung am Boden und an den Wänden hinterließen, mit ihren Farbschnipseln markierte, was ein eigenartiges Gemälde im sonst schwarzen Bühnenraum hinterließ.

Im und um das Haus ergaben sich im Folgenden fünf längere Sequenzen, die sowohl im Duett als auch als Solo getanzt wurden. Anfangs saßen Timo Draheim und Lissy Kindler drinnen, um kurz darauf auf der signalroten Linie, die aus dem Haus heraus in die Ferne führt, wie auf einem Seil zu tanzen. Aus ihrer anfänglichen Vorsicht entwickelte sich ein expressives Pas de deux, bei dem sie ausgetretene Pfade verließen und den Raum in mehreren Dimensionen erfuhren. Große innere Freiheit entwickelte hingegen U-Gin Boateng, der, zuerst unter einer Art Netz gefangen, sich mit schlangengleichen Bewegungen daraus entfernte, um dann im metallenen Gehäuse alle (Bewegungs-)Möglichkeiten zu erforschen. Durch die äußere Beschränkung wurde seine Kreativität aufs Äußerste herausgefordert und auch befriedigt. Als ihm dann doch der Sprung ins Offene gelingt, hatte man einen kurzen Moment den Eindruck, dass ihm die bisher gewohnte Struktur fehlte.

Aus dieser versuchte sich hingegen Agnes Wrazidlo im Duett mit Birgit Ramsauer, die sie an langen elastischen Bändern festhielt, zu befreien. Bei diesem dynamischen Kräftemessen, das wie eine Mutter-Tochter-Beziehung anmutete, gab es kein Entrinnen. Allerdings wurde die Jüngere in ihrem ausufernden Bewegungsdrang von der Älteren auch gehalten und vor Abstürzen bewahrt. Das ergab eindrucksvolle und einprägsame Bilder, wie auch Boatengs Versuch, mit dem Haus am Bein in die Welt zu kriechen. Dramaturgisch nicht schlüssig und etwas aufgesetzt wirkten hingegen die beiden Abschlusssequenzen. Zu Videosequenzen (Oscar Loeser), die undeutlich einen Baumarkt zeigten, in dem der Gartenzwerg erworben wird, kamen Texte von Kathrin Passig, die der Schauspieler Florian Lenz sprach und zu denen er sich vor allem im Schattenspiel an der Rückwand eindrucksvoll bewegte. Aber diese Auswahl der Heimat- und Mama-Texte könnte überdacht, respektive verknappt werden.

Während Lenz allerdings in der Lage war, die Texte wirklich in den Raum zu tragen, gelang das den anderen Tänzern am Samstagabend kaum. Vielleicht ist hier weniger mehr oder es braucht Sprechunterricht. Auch manche Übergänge zwischen den tänzerisch überzeugenden Sequenzen funktionieren noch nicht, aber dafür kann ja noch bis November geprobt werden, wenn diese Produktion, die eindringlich Fragen nach Freiheit und Notwendigkeit aufwirft, zur Premiere kommt.

Astrid Priebs-Tröger

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