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Von Astrid Priebs-Tröger: Demokratie hier und jetzt Die Kunstschule stellt

im Kunstraum aus

Es ist ein Fest, durch diese Ausstellung zu gehen. Sie ist amüsant und zum Nachdenken anregend, ihre Exponate sind bunt und vielfältig. Sie vereinigt Arbeiten von Jung und Alt und präsentiert viele verschiedene Handschriften. Man erfährt Neues und Altbekanntes wird originell diskutiert. Man wird konfrontiert mit Witz und Ironie und es ist nie langweilig oder oberflächlich, was man dort sieht. Kurzum, es ist ein Glück, dass es diese Exposition der Kunstschule Babelsberg unter dem Titel „Demokratie hier – eins-entzweit-wiedervereint“ jetzt für kurze Zeit im Kunstraum Schiffbauergasse zu sehen gibt.

Am beeindruckendsten ist, dass sich schon Vorschulkinder mit einem so sperrigen Thema wie Demokratie schöpferisch auseinandersetzen. Die ganz Kleinen gestalteten zum Beispiel als Gemeinschaftsarbeit eine Collage über die 1. Stadtverordnetenversammlung Potsdams im Jahre 1809 und sie haben dabei nicht nur erfahren, dass es für arme Bürger und Frauen zu dieser Zeit noch kein Wahlrecht gab. Etwas älter waren die Teilnehmer eines Kurses von Heike Isenmann, die ihre Ansichten vom Wesen der Demokratie schriftlich niederlegten. „Demokratie ist mittelmesik und gemein, weil sie den Einzellen ausschliest“, „eine Kekssorte, von der jeder etwas abbekomt“oder „so lange reden und abstimmen bis klar ist, was gemacht wird“, steht da unter anderem zu lesen.

Es ist großartig, wie verschieden diese Ansichten sind und wie unbekümmert von Zensur(en) sie geäußert werden. Vor zwei Jahrzehnten war daran nicht zu denken. Eine Bilderwand von drei Teilnehmerinnen des Fotografiekurses von Ansgar Koch gestaltet, lässt Straßenpassanten zum gleichen Thema zu Wort kommen; wache und beteiligte Menschen aller Altersgruppen. Überaus raumgreifend und anspielungsreich sind ein halbes Dutzend Plakate im Erdgeschoss. Unter dem Titel „Im Osten gibt’s keine Bananen – Im Westen sind alle reich“ haben sich zwei Schulklassen der Sekundarstufe II aus dem rheinland-pfälzischen Oppenheim und aus Potsdam mit weitverbreiteten Klischees auseinander gesetzt. Es tut gut, den Sandmann und die Maus einträchtig auf einem Mauerrest sitzen zu sehen. Oder die Oppenheimer Plakate, die dazu aufrufen, die Mauer in unseren Köpfen endlich abzubrechen. „Scheiß auf Ost und West“, steht da ziemlich unverblümt und „9.11.89 war nicht umsonst“.

In der Serie „Die letzten Tage der DDR“ im Obergeschoss haben dagegen Erwachsene noch einmal ihre Emotionen zum Thema „Zweiklassengesellschaft“ und „Schizophrenie“, letzteres etwas plakativ durch eine Westjeans mit FDJ-Hemd und dem damals allgegenwärtigen Aufbaulied dargestellt, ins Bild gesetzt. Anspruchsvoll die großformatige Bilderfolge, die sich mit der Malerei der DDR und der BRD und den heute noch zugeschriebenen Klischees Realismus und Abstraktion auseinandersetzt.

Von Toleranz und Meinungsfreiheit handeln schließlich alle ausgestellten Arbeiten, ganz gleich, ob es darum ging, sich in einem Kurs demokratisch auf ein Thema zu einigen oder den deutschen demokratischen Wahlkampf 2009 kritisch zu reflektieren. Hier nehmen Schüler die Oberflächlichkeit und Kraftmeierei von Politikern pointiert aufs Korn und die täten gut daran, nicht nur in dieser Ausstellung genau hinzugucken und anderswo hinzuhören, was in den Köpfen „ihrer“ jüngsten Bürger vorgeht.

Astrid Priebs-Tröger

Ausstellung bis 5. Juli, von Mittwoch bis Freitag von 14 bis 20 Uhr und am Wochenende von 12 bis 20 Uhr geöffnet.

Astrid Priebs-Tröger

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