zum Hauptinhalt

Kultur: Viele Facetten

„Asche und Phönix“: Film erinnert an Lepsius

„In der Kirche und im Kino kann nichts Besseres passieren als die Überfüllung“, sagte Hans-Ulrich Schulz, Vorsitzender des Vereins Lepsius-Haus Potsdam e.V. am Sonntagabend gutgelaunt. Denn das Filmmuseum bot nicht genügend Sitzplätze für alle Zuschauer der Filmpremiere von „Asche und Phönix“. So erlebten etwa zwei Dutzend Besucher die fast zweistündige Uraufführung des Dokumentarfilmes von Merlyn Solakhan und Manfred Blank im Stehen.

Der Film, der auf den Spuren von Johannes Lepsius, dem Gründer des Armenischen Hilfswerkes und scharfer Kritiker des armenischen Völkermordes, unterwegs ist, wurde in Deutschland, der Türkei, Armenien und Syrien gedreht. Im türkischen Urfa, dem antiken Edessa, gelang es, nicht nur Überreste der Gebäude des Waisenhauses und der Teppichmanufaktur sowie des früheren Lepsiuskrankenhauses zu finden, sondern auch Menschen, die die Erinnerung an das Wirken des Potsdamer Theologen und Philanthropen Johannes Lepsius noch heute in ihrem Gedächtnis bewahren. Dies öffentlich zu tun, ist auch fast 100 Jahre nach dem Völkermord an den Armeniern nur schwer möglich.

Der armenisch-türkische Journalist Hrant Dink, der dies wiederholt tat, wurde 2007 auf offener Straße erschossen. Auch das ein Grund, warum die türkischen Mitwirkenden, die vor Ort die Aufnahmen von „Asche und Phönix“ unterstützten, im Film selbst nicht zu sehen sind. Dafür jede Menge Originalfotos, die in der Mansfeldischen Gemeinde Friesdorf in Familienarchiven ehemaliger Mitarbeiter von Johannes Lepsius gefunden wurden und sein Wirken in Urfa eindrucksvoll belegen. Hermann Goltz, der seit Jahren das Leben und Wirken Lepsius untersucht und öffentlich macht, hat in der filmischen Dokumentation nicht nur die Biografie Lepsius in vielen Facetten dargestellt, sondern auch Zeitgenossen des kämpferischen Theologen und Publizisten zu Wort kommen lassen.

In dem Film sind historische Aufzeichnungen zu hören, die sowohl vom Autodafé in der Kathedrale zu Urfa als auch vom alltäglichen Leben in den Waisenhäusern des Armenischen Hilfswerkes berichten. Darüber hinaus gibt es kurze Sequenzen, in denen sich armenische Nachkommen der ehemaligen Waisenhauszöglinge, die über die Welt verstreut leben, erinnern. Zu Wort kommt auch deutsche Diplomat Wilhelm Litten, der, 1916 aus Bagdad kommend, nach Aleppo reiste, und in seinem Notizbuch grauenvolle Einzelheiten des Todesmarsches aus Anatolien vertriebener Armenier festhielt. Seinen Bericht, den er ans Auswärtige Amt in Berlin weiterleitete, wurde wiederum von Lepsius in Form von Flugblättern in ganz Deutschland bekannt gemacht.

„Asche und Phönix“ betont vor allem das Wirken von Lepsius und versucht die Erinnerung wachzuhalten. Das scheint ein gangbarer Weg für einen heutigen Brückenschlag zwischen der Türkei, Syrien, Armenien und Deutschland. Schlug doch der Direktor der Teppichmanufaktur in Urfa dem Filmteam vor, eine Städtepartnerschaft zwischen Potsdam und seiner Heimatstadt anzubahnen. Deutsche und armenische Zuschauer der Filmpremiere zeigten sich tief berührt von dem Gesehenen und regten an, es möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen. Der Film und eine Videoinstallation des Projektes, gefördert von der Kulturstiftung des Bundes, soll in der ständigen Ausstellung des Lepsius-Hauses in der Potsdamer Weinmeisterstraße zu sehen sein. Astrid Priebs-Tröger

Astrid Priebs-Tröger

Zur Startseite