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Kultur: „Vaterland ohne Grenzen“

Die Musikfestspiele Potsdam Sanssouci verschreiben sich 2018 Europa

Andrea Palent ist ganz entspannt. In den Begrüßungsworten auf der Pressekonferenz zur 28. Ausgabe der Musikfestspiele Potsdam Sanssouci ließ sie keine Abschiedsstimmung mitschwingen. Nein, sie ist voller Freude auf das bevorstehende Musikfest. Es ist die 28. Programmvorstellung des Musikfestes, die sie verantwortet. Sie werde im Sommer dieses Jahres noch nicht in Rente gehen, verriet die künstlerische Geschäftsführerin, sondern widme sich anderen Aufgaben im reichen Kulturleben Potsdams. Aber für die von ihr entwickelten und zu Erfolg geführten Fahrradkonzerte werde sie weiterhin den Hut aufhaben. Als Nachfolgerin von Andrea Palent tritt im September die renommierte Kölner Musikerin und Hochschullehrerin Dorothee Oberlinger an.

Aber noch gehört Andrea Palent das Podium auf der Pressekonferenz. Sie habe das Potsdamer Festival zu einer internationalen Größe der Alten Musik geformt, so Brandenburgs Kulturministerin Martina Münch. Musikbegeisterte aus ganz Europa führt jedes Jahr im Juni der Weg nach Potsdam. 1992 begann die Neuausrichtung mit einem Mozart-Programm der bis 1990 in die Region ausstrahlenden Parkfestspiele. Die damals auftretenden Künstler unterstützten den Benefizcharakter des Festes. Das Interesse der nationalen und internationalen Medien war noch relativ mager. Das hat sich längst geändert.

„Europa“ heißt das Thema der diesjährigen Festspiele (8. bis 24. Juni). Für die aktuelle Programmvorstellung wählte Andrea Palent die Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland, die ihren Hauptsitz in unmittelbarer Nähe des Brandenburger Tores in Berlin hat. Der europäische Kontinent mit seinem facettenreichen Musiktransfer soll bei den diesjährigen Festspielen ganz besonders lebendig werden. Schon in den Konzerten, Opernaufführungen, Lesungen, Führungen und Vorträgen der vergangenen Jahre war die Vision Europa stets präsent – sei es mit Großbritannien, Venedig, dem Mittelmeer, mit Skandinavien oder Frankreich. Es scheint, als ob die Geschäftsführerin mit dem diesjährigen Programm die Kunstreisen in einzelne Länder und Regionen in den Schlössern, Villen, Parkanlagen Potsdams zusammenfassen und ein Zeichen für die Lebenskraft des Europagedankens setzen will. Das ist ein guter Anknüpfungspunkt an das diesjährige Europäische Kulturerbejahr „Sharing Heritage“. Dem Programm ist ein Wort des französischen Dichters Victor Hugo vorangestellt, das er 1849 auf der 1. Europakonferenz sprach und heute noch von großer Aktualität ist: „Wir errichten die Vereinigten Staaten von Europa wir werden den Eroberungsgeist in Entdeckergeist umwandeln wir werden ein Vaterland ohne Grenzen haben!“

Die Besucher des Musikfestivals erwarten 35 Veranstaltungen, die eine spannende musikalische Entdeckungsreise durch Europa bieten. Das Programm, das Andrea Palent und Dramaturg Thomas Höft präsentierten, will offenbar auch deutlich machen: Potsdam ist ein Brennspiegel europäischer Geschichte. Die Orte, an denen die Veranstaltungen stattfinden erzählen „vom schöpferischen Miteinander wie vom verhängnisvollen Spiel der Mächte“, so Andrea Palent. „Der Riss, der nach 1945 die politischen Lager teilte, ging mitten durch Potsdams einmalige Kulturlandschaft.“

Das Eröffnungskonzert am 8. Juni findet traditionell in der Friedenskirche Sanssouci statt. Das italienische Ensemble „Europa Galante“ unter der Leitung von Fabio Biondi wird die Migrationsbewegungen von Musikern hörbar machen. Sätze aus Werken von Komponisten verschiedener Länder, deren Wege sich in Europa kreuzten, werden zu neuen Suiten und Concerti kombiniert. Im Schloss Cecilienhof, das im August 1945 Schauplatz der Konferenz der Siegermächte des Zweiten Weltkrieges war, gibt es am 15. Juni eine Konzertnacht mit Klassik, Filmmusik und Jazz. Die Alte-Musik-Szene wird sich mit der Volksmusiktradition des Balkan kurzschließen. Dafür konnten die Starmusikerin Christina Pluhar und ihr Ensemble L’Arpeggiata für den 16. Juni gewonnen werden.

Auch zwei Opernproduktionen werden 2018 im Fokus stehen. Die Werke von Alessandro Melani und André Campra sind zwei musikalische Raritäten und beschäftigen sich mit dem antiken Mythos der Entführung der Europa durch Göttervater Jupiter in Stiergestalt. Die Premiere von Melanis Kurzoper findet am 14. Juni in den Neuen Kammern statt, Campras Opera-Ballet „L’Europa Galante“ wird erstmals am 22. Juni im Orangerieschloss des Parks Sanssouci aufgeführt.

Im Abschlusskonzert am 24. Juni am Neuen Palais erklingen das Te Deum von Charpentier und Beethovens „Neunte“, musiziert von der Kammerakademie Potsdam und dem Chor Cants Domus unter der Leitung von Antonello Manacorda. Somit werden die Eurovisionsfanfare und die Europahymne in Originalgestalt zu hören sein – akustisches Europa pur.

Tickets und Informationen unter www.musikfestspiele-potsdam.de

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