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Große Bühnenpräsenz. Ute Lemper war im Nikolaisaal zu hören.

© Steffen Thalemann

Ute Lempers Auftritt in Potsdam: Stumm, und doch nicht leise

Sängerin Ute Lemper trat im Potsdamer Nikolaisaal auf und überzeugte zwar mit Stimmgewaltigkeit, war allerdings etwas steif. 

Potsdam - Immer wieder haben sich Sängerinnen, Diseusen oder Chansonetten an dem ursprünglich für Lotte Lenya kreierten Stück „Die sieben Todsünden“ versucht. Das 1933 von Bertolt Brechts und Kurt Weill geschriebene Ballett mit Gesang ist zu einem musikalischen Klassiker der Moderne geworden. Am Samstag war Ute Lemper im Nikolaisaal in dem Stück zu hören, innerhalb des dreitägigen Projekts „Zwischen Utopie und Exil“. Begleitet wurde sie von dem Vokal-Quartett Hudson Shad und der Kammerakademie Potsdam unter dem Dirigat von Antonello Manacorda.

Mit großer Bühnenpräsenz zwar, doch nicht immer stimmlicher Lockerheit, wusste Lemper die Partie der Anna I, in der viel amerikanische Kapitalismuskritik steckt, zu singen. Leider war auch die Textverständlichkeit nicht immer die Beste, so dass man sich die Frage stellte: Findet die Sängerin in ihrer Interpretation das Doppelbödige des Textes und der Musik?

Damit konnten die Herren des Vokal-Quartetts, die die Familie der Anna verkörperte, eher aufwarten, auch mit stimmlicher Vehemenz. Im ersten Teil des Konzerts präsentierte Lemper ein Panoptikum von Gefühlsregungen in Songs und Chansons von Hanns Eisler, Kurt Weill, Friedrich Hollaender und Gilbert Becaud. Besonders, wenn sie mit der Natürlichkeit des Ausdrucks, ohne Verfärbung von Vokalen wie im Song „Der Graben“ von Hanns Eisler, eine emotionale Durchdringung erreichte, ging ihre Interpretation unter die Haut. Vor allem bei den intimen Chansons von Gilbert Becaud.

Schonungslos laut

Die Kammerakademie begleitete Ute Lemper schonungslos laut, hin und wieder mit feiner Differenzierung, immer dann, wenn die Arrangements kammermusikalisches Gepräge haben. Die Kleine Sinfonie von Eisler sowie die Kammersinfonie von Paul Hindemith erwiesen sich als besonders gern gehörte Werke, da sie von der Kammerakademie und Manacorda mit Transparenz, Charme und spielerischer Leichtigkeit musiziert wurden.

Auch den aus Ungarn stammenden Laszlo Moholy-Nagy konnten Besucher der Tage zum 100. Bauhaus-Jubiläum kennenlernen, ihm widmete der Nikolaisaal in dem dreitägigen Projekt einen Abend. Moholy-Nagy fühlte sich zunächst als Maler berufen. Die Begabung entwickelte er nicht allein in seiner Kunst weiter, sondern vermittelte sie auch als Lehrer am Bauhaus in Weimar, in Dessau sowie im Exil in Chicago. Die neuen technischen Medien Fotografie und Film waren für Moholy-Nagy wichtige Ausdrucksmittel der Zukunft.

Gäste der Veranstaltung über den Künstler besichtigten in Potsdam Bauten der Moderne, die während der Weimarer Republik entstanden, lernten im Potsdam-Museum den expressionistischen Maler Fritz Ascher kennen und konnten im Studio des Filmorchesters Babelsberg mehr über die Ufa-Filmzeit erfahren.

Filmmusik im Nikolaisaal

Dem jungen Medium Film galt Moholy-Nagys besonderes Interesse. Im Archiv des George Eastman Museum Rochester in den USA werden die Stummfilme des Künstlers aufbewahrt. Mehrere Streifen schickte das Archiv nach Potsdam. Darunter „Berliner Stilleben“ (1931), der das schwierige soziale und wirtschaftliche Klima in Arbeitervierteln der Metropole unter die Lupe nimmt. Oder „Großstadtzigeuner“ (1932), ein heiter-melancholischer Film über den Alltag der Roma in Berlin. In diesen Jahren drehte man noch ohne Ton. Die Musik wurde bei Vorführungen live gespielt.

Im Nikolaisaal übernahmen das Bundesjazzorchester und sein Vokalensemble die musikalische Begleitung. So wie die Filme auf unterschiedliche Bildsprache setzen, versuchen die Neukompositionen ein großes Stilspektrum abzudecken – von swingendem Big-Band-Jazz bis zu abstrakten Klangschichtungen. Doch wären bei den meisten Werken Moholy-Nagys und den köstlichen Werbefilmen von Walter Ruttmann und Lotte Reiniger Kammermusikalisches und ein paar mehr Klangfarben angemessener gewesen. Die sehr motiviert spielenden jungen Musiker sorgten fast durchweg für eruptive Klangmassen, so dass der Filmabend akustisch anstrengend wurde. 

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