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Kultur: Unter sich

Premiere von „Lilo“s Lido“ auf dem Theaterschiff

Fast könnte man meinen, ihr Name sei Programm. Doch als wirklicher Alptraum gestaltete sich der Abend dann doch nicht für den einzigen Mann, der bei der Tanzkompanie „Nightmare before Valentine“ zur Mittwochpremiere auf dem Theaterschiff mitwirkte. Aber eine Party war“s auch nicht. Jedenfalls nicht für ihn. Doch der Reihe nach.

Als die Zuschauer den Theatersaal im Rumpf des Schiffes betreten, sieht es so aus, als hätte hier vor gar nicht so langer Zeit eine Party stattgefunden. Auf einem niedrigen Tisch, der in der Mitte auf einem Podest steht, liegt bäuchlings eine der Tänzerinnen der jungen Berliner Tanzkompanie. Zwischen benutztem Geschirr und umgeben von umgefallenen Stühlchen. Eine weitere hat sich schlafend in einem Sessel niedergelassen und eine dritte sitzt sehr aufrecht, aber ein wenig verloren da. Und kurz bevor die nächste Fete steigt, kommt ein Typ im schlabbrigen Anzug (Norman Jahnke) ins Spiel. Der räumt erst mal auf. Das wird er im Laufe der 75-minütigen Vorstellung öfter tun: bei diesem Abend, der sich überraschenderweise im gesamten Raum abspielt und für den die Zuschauer an beiden Seiten längsseits des gesamten Schiffes Platz genommen haben. Das fühlt sich ein bisschen so an, als wohnte man einer Vorführung auf dem Laufsteg bei, bei der die Models immer wieder an einem vorbeidefilieren. Hier tanzen sie hauptsächlich barfuß in leichten Sommerkleidern und sportlichen Alltagsklamotten. Und da der „Steg“ eigentlich aus drei Spielorten besteht, muss man manchmal den Hals ganz schön recken, um mitzukriegen, was am anderen Ende passiert oder aber ist so nah dran, dass man sich eigentlich zurücklehnen möchte.

Um Nähe und Distanz geht es auch in „Lilo“s Lido“, so der Name ihrer neuesten Produktion, zu der sich die sechs Tänzerinnen Andriana Seecker, Birgitt Bodinghauer, Christin Maaß, Uta Rössler, Karoline Rödel und Alina Grelldie zusammengefunden haben. Sie testen beides immer wieder aus. Es ist ein ständiges kraftvolles Vergleichen, Spiegeln, Kräfte messen, selten zartes Berühren oder gar Zusammenfließen, oft gleichzeitiges Angezogen- und Abgestoßensein, das sie auf „ihrem“ Fest miteinander verbindet oder rigoros trennt. Denn dass es sich um ein solches handeln könnte, lassen Blumen, Bonbons und eine malträtierte „Geburtstagstorte“ erahnen. Auch ein Klavier, das hier ironisch zum Objekt weiblicher Begierde wird, steht herum und manchmal werden ihm auch ein paar Töne entlockt. Doch für die mitgebrachten Geburtstagsblumen – auch die sind von dem netten Typen – findet sich keine Vase, sondern die Gummistiefel zweier Tänzerinnen. Was diese, als sie auch noch unter Wasser gesetzt werden, im gemeinsamen „Leiden“ verbindet. „Hat das Ganze eigentlich ein Thema“, fragte eine Zuschauerin ihre Nachbarin, gerade als die Pause begann. Gemeinsam steckten sie daraufhin ihre Nasen ins Programmheft, um sich dort zu informieren.

Ob sie dadurch schlauer wurden, blieb im Verborgenen. Gewiss wurde indes, dass der ordnungsliebende Kerl die ganze Zeit „draußen“ blieb, selbst beim stürmischen Schlussapplaus bekam er als einziger keine Blumen. Denn die „Mädels“ blieben unter sich, zeigten kraftvolle Weiblichkeit, einiges an „typisch Weiblichem“ und vor allem viel Lust am Tanzen. Das wurde vom überwiegend jugendlichen Premierenpublikum ausgiebig honoriert, hatte aber auch einige Längen und leider wenig Dramatik aufzuweisen. Astrid Priebs-Tröger

Nächste Vorstellung: 13. März, 20 Uhr

Astrid Priebs-Tröger

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